In vollen Zügen nach… Wien

In den Herbstferien wollte ich noch einmal reisen…
Dank Sprachschule und den Sommerferien, in denen mein Großer ja mit den Cousins in Griechenland war, hatte ich dieses Jahr noch gar keinen Urlaub mit beiden Kindern gemacht und dank Überstundenabbau hatte ich ohnehin in der Ferienwoche frei.
Doch die Planung gestaltete sich als schwierig. Urlaub in einem Familienhotel? – So kurzfristig unbezahlbar! Und alles andere, was ein paar halbwegs entspannte Tage versprochen hätte, lag zu weit weg…
Als ein paar Freunde erzählten, daß sie zu dieser Zeit nach Wien fahren würden, beschloss ich also kurzerhand die Jungs einzupacken und mitzufahren.

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Unsere erste Station lag dann schon auf dem Weg, nämlich der Fantasiana Erlebnispark Straßwalchen in der Nähe von Salzburg.
Ich mag diesen kleinen, inhabergeführten Freizeitpark wirklich gerne und versuche, immer wieder vorbeizukommen, wenn es sich ergibt.
Er war ursprünglich ein Märchenpark, doch im Laufe der Zeit entstanden immer mehr Attraktionen um die Märchen- und Wichtelwelt herum, sodass man inzwischen wirklich viel für jede Altersgruppe geboten bekommt.
Ein Highlight für mich ist immer Sindbads Abenteuerreise, ein Dark Ride, der uns in die Welt von tausendundeiner Nacht entführt, aber für kleine Kinder noch recht gruselig daherkommt.
Der Große liebt die Achterbahn, die (kein Witz!) von den Herstellern der MIR-Raumstation gebaut wurde. Offenbar ist der Markt für Weltraumstationen recht überschaubar, da macht ein zweites Standbein wohl Sinn.
Und mein Kleiner konnte vom Flyrosaurus gar nicht genug bekommen, einem Kettenkarussell, mit dem es 35 Meter nach oben geht. Bei Sonnenuntergang war die Aussicht wirklich spektakulär!
Abends war es überhaupt sehr schön im Park; viele Besucher hatten sich zu Halloween verkleidet und alles war sehr gruselig-stimmungsvoll geschmückt. Die Kinder rösteten Marshmallows über einer Feuerschale und waren rundum glücklich und entspannt. Das hat man tatsächlich in den wenigsten Freizeitparks, wobei ich wirklich betonen muss, wie unheimlich freundlich und engagiert die Mitarbeiter von Fantasiana sind, weshalb auch die ganze Atmosphäre sehr gelassen ist.
Schaut auf jeden Fall mal vorbei, wenn ihr in der Gegend seid!

Danach ging es weiter nach Wien. Die Kinder und ich schlummerten auf der Fahrt schon ein wenig und im Hotel fielen wir nur noch ins Bett und schliefen sofort ein.

Der nächste Tag begann dann erstmal mit einem sehr ausgiebigen, sehr reichhaltigem Frühstücksbuffet mit Livemusik. – Man gönnt sich ja sonst nichts!

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Danach ging es eigentlich weiter wie am Tag davor, nämlich mit Achterbahnen und Karussells am Wiener Prater.
Obwohl ich schön öfter in Wien war, hatte ich es noch nie hierher geschafft. Schade eigentlich, denn die Atmosphäre hat mir wirklich gut gefallen. Eigentlich ist es wie die Wiesn nur mit wesentlich weniger Alkohol. Da macht es auch mal Spaß über so ein großes Volksfest zu laufen.
Die Fahrgeschäfte hatten zum Teil sehr unterschiedliche Qualität; was mich allerdings schwer begeisterte war, daß die Attraktionen für die Kleinsten immer auch irgendwelche aberwitzigen Elemente hatten, die die Kinder gar nicht wirklich wahrgenommen, dafür aber bei den Erwachsenen für ungläubiges Staunen oder hochrote Köpfe gesorgt haben.
Hach, ich liebe diesen österreichischen Humor!

Der Favorit am Prater war aber wohl „Fluch der Piraten“, denn auch wenn diese Geisterbahn von außen vielleicht ein wenig unscheinbar daherkommt, lohnt es sich auf jeden Fall hineinzugehen!
Die Effekte, die dort benutzt werden, haben selbst die erfahrensten Freizeitparkgänger unter uns so noch nicht gesehen und für große Begeisterung gesorgt.

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Danach trafen wir uns noch mit einer Wiener Freundin, die uns mit auf eine kleine Stadtführung nahm.
Ich mag Sightseeing zwar sehr, aber mit Kindern im Schlepptau sind Städtereisen natürlich immer ganz schön anstrengend. Also kürzten wir hier ab, denn auch für den nächsten Tag hatten wir schon große Pläne.

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47 Meter große Pläne, um genau zu sein…
So hoch ist nämlich der alte Flakturm am Esterházypark, der das Haus des Meeres beherbergt.
Die Wiener Flaktürme abzureißen gestaltet sich als ziemlich schwierig, so dick sind die Mauern und mitten im Stadtgebiet zu sprengen ist wohl auch keine gute Idee, also hat man einfach ein riesiges Aquarium und Tropenhaus daraus gemacht, für das man sich gut und gerne den ganzen Tag freihalten kann.

Auf zehn Stockwerken kann man hier Meeresbewohner aus aller Welt bestaunen, aber auch allerhand Reptilien, Amphibien, Spinnen und sogar eine Kolonie Blattschneiderameisen, die sich in einem Röhrensystem über mehrere Stockwerke bewegen.

Im Tropenhaus, eine Art riesigem Wintergarten, kann man zwischen echten Bäumen auf Hängebrücken laufen und dabei Vögel und kleine Affen beobachten und auf der gegenüberliegenden Seite liegt ein weiterer verglaster Außenbereich: der Krokipark, in dem man Krokodile und Schildkröten von oben, oder (im Eingangsbereich) sogar von unten beobachten kann. Der Kleine war ganz hin und weg…

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Damit der Große am letzten Tag aber auch noch auf seine Kosten kam, schauten wir beim Heeresgeschichtlichen Museum vorbei, wo er unbedingt die Panzer im Garten sehen wollte. Ich erspare Euch das mal, aber das Gebäude ist wirklich unheimlich hübsch.

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Zum Schluß ging es dann endlich zu einer Station, die ich schon lange auf meiner Liste hatte, und die ich – nachdem die Wünsche der Kinder alle erfüllt waren – endlich ansteuern konnte.
Von Hartliebs Buchhandlung in der Währinger Straße hatte ich ja schon in Petra Hartliebs Büchern gelesen, nun wollte ich sie auch einmal im richtigen Leben sehen.
Zugegeben, ich hatte irgendwie angenommen, daß Petra Hartlieb ein bißchen übertreibt, wenn sie beschreibt wie voll und eng es im Weihnachtsgeschäft im Laden wird. Man kann auch in der größten Buchhandlung von München arbeiten und trotzdem hat man im Weihnachtsgeschäft oft das Gefühl in deiner Sardinendose zu leben, doch „Hartliebs Bücher“ ist wirklich so klein, wie in den Büchern beschrieben.

Trotzdem hat man hier auf engem Raum ein unheimlich großes Sortiment, was möglich ist, weil die Regale bis ganz unter die hohen Decken gehen. Selbst über Tür und Fenstern gibt es noch Bücherregale!
Und wie schaffen die Buchhändler*innen es, an all die Bücher heranzukommen? Indem sie auf deckenhohe Leitern klettern und das so schnell und behände, daß ich einerseites absolut begeistert und andererseits ziemlich nervös war.
Diese Leitern sind übrigens in Schienen an der Decke verankert, die dann zur passenden Stelle am Regal gezogen werden können. Das verlangt dann ein Tänzchen von Buchhändler, Kunde und Leiter, das ein wenig an eine Partie Tetris erinnert, bei dem alle aber gerne mitmachen, um an das gewünschte Buch zu kommen.
Überhaupt waren die Buchhändlerinnen, die an diesem Tag im Laden waren alle unheimlich nett und besonders gelungen finde ich auch das hartliebsche Werbemagazin. Dort empfehlen nämlich auf der Rückseite alle Kollegen Bücher zu verschiedenen Themen. So sieht man gleich, wer welchen Geschmack hat und kann dann gezielt mit den Buchhändlern ins Gespräch kommen, um sich noch weitere Tipps in diese Richtung geben zu lassen.
Was für eine schöne Art der Kundenbindung!

„Hartliebs Bücher“ hat mich sehr begeistert. Es muss wirklich schön sein, hier zu arbeiten, auch wenn es mir meine Angst zu fallen vermutlich schwer machen würde, für die Kunden in solche Höhen zu klettern.

Anschließend ging es auch schon wieder zurück nach Hause. Schade eigentlich, denn es gäbe noch so viel mehr zu erleben in Wien…
Vielleicht das nächste Mal dann wieder ohne Kinder und mit mehr Zeit, auch ein paar von Euch zu treffen.

Bis ganz bald,
Eure Andrea

Review: Weihnachten in der wundervollen Buchhandlung

Morgen ist schon wieder der letzte Adventssamstag und wenn ihr bis jetzt noch keine Geschenke habt, ist dies nun der perfekte Augenblick, um in Panik zu verfallen. 😉
Für uns Buchhändler ist dies die anstrengendste, aber auch wichtigste Zeit des Jahres. Ein betriebswirtschaftlicher Himmel und eine logistische Hölle…
Man muss es erlebt haben, um es zu verstehen, oder vielleicht einfach das schöne Büchlein „Weihnachten in der wundervollen Buchhandlung“ von Petra Hartlieb zur Hand nehmen.

Vor fünfzehn Jahren kauften sie und ihr Mann ganz überraschend eine kleine Traditionsbuchhandlung in Wien. Seitdem ist Petra Hartlieb Buchhändlerin mit Leib und Seele und macht ihren Laden immer wieder zum Mittelpunkt ihrer Bücher, sei es nun in den beiden Bänden zur „wundervollen Buchhandlung“, oder in ihren historischen Romanen.

In ihrem neuen Buch beschreibt sie das Leben eines Buchhändlers im Dezember. Das Kind kann nicht mehr richtig versorgt werden, die Wohnung über dem Laden verwandelt sich in einen Lagerraum und wenn Freunde, die ganz offensichtlich keine Ahnung haben, was es bedeutet im Weihnachtsgeschäft Buchhändler zu sein, darauf bestehen, daß man sie besucht, schläft man auch gerne mal über dem Essen ein…

Dabei passiert aber auch immer viel lustiges, unerwartetes und skurriles.
Besonders schön fand ich Petra Hartliebs Geschichten von Kunden, die im Lauf der Zeit zu Freunden wurden, und ihre Buchhändler tatkräftig unterstützen. Sei es nun durch das Mitbringen von Grillhendl, Einladungen an die vernachlässigte Tochter oder in dem der Arzt einen Hausbesuch macht, um seinen kranken Buchhändlern Infusionen zu legen, damit sie am nächsten Tag wieder fit im Laden stehen können…

Ich war fast ein bißchen neidisch, daß ich in einer großen Buchhandlung arbeite, in der die Logistik dann doch etwas runder läuft und niemand die ganze Nacht über Bücher auspacken muss, wenn man liest, wie rührend sich Petra Hartliebs Stammkunden um sie und ihr Team kümmern.

Als Buchhändlerin erkenne ich vieles wieder und kann Kapitelüberschriften wie „Lass mich einfach hier sitzen und sterben“ nur emphatisch nickend zustimmen.
Wer sich denkt, daß wir da vielleicht ein bißchen übertreiben, der lese dieses wunderbare Buch, das kein Blatt vor den Mund nimmt und trotzdem humorvoll wie herzerwärmend ist. Am Ende wird man eine größere Wertschätzung für den Einzelhandel im allgemeinen und den Buchhandel im besonderen haben.

Also ihr Lieben, wenn ihr heute und morgen panisch in die Läden einfallt: seid lieb zu euren Verkäufern und Buchhändlern. Das brauchen sie dieser Tage ganz besonders… ❤

Alles auf Neuanfang: „Meine“ Buchhandlung der Zukunft

Anfang des Monats hatte ich ja schon erwähnt, daß ich mich beruflich ein klein wenig verändern werde und seit heute kann ich endlich von dem Projekt schwärmen, an dem ich nun teilnehmen darf.
Denn heute wird die Hugendubel Filiale am Münchner Stachus neu eröffnet und das mit einem Konzept, das man so noch nicht gesehen hat.

Doch zuerst wollte ich erzählen, wie ich eigentlich im Buchhandel gelandet bin, bevor ich verrate, wohin die Reise nun gehen wird…

Ich bin ja in einer Zeit aufgewachsen, als es das Internet noch nicht gab. Das heißt gegeben hat es das wohl schon, aber niemand hatte es.
Wenn meine Eltern also etwas kaufen wollten, was das überschaubare Ladenangebot unserer Kleinstadt nicht hergab, dann setzten sie es auf eine Liste und fuhren etwa einmal im Monat nach München, um dort ihre Besorgungen zu erledigen.

Mich konnten diese Ausflüge als Kind nie so recht begeistern. Deshalb wurde es zur Gewohnheit, mich in der Hugendubelfiliale am Marienplatz in eine Leseinsel zu setzen, mir ein Buch in die Hand zu drücken und mich nach ein paar Stunden wieder abzuholen.
Ich mochte den Trubel, der in dieser großen Filiale herrschte und irgendwann holten mich meine Eltern gar nicht mehr ab und ich begann meine Ausbildung zur Buchhändlerin in eben dieser Filiale, die mir eine zweite Heimat geworden war.

Mein halbes Leben, von 17 bis 34 blieb ich bei Hugendubel am Marienplatz und ich wäre auch bis zur Rente dort geblieben, wäre nicht der Mietvertrag ausgelaufen und hätte nicht ein großes Telekomunikationsunternehmen eine fantastilliaren Euro in die Hand genommen, um den zweihundertsten Handyladen in der Innenstadt zu eröffnen.
(Mittlerweile gibt es aber wieder eine kleine Filiale über dem Handyladen, schaut mal rein, sie ist wirklich sehr gemütlich!)

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Ein ganzes halbes Leben: mein letzter Tag in der alten Filiale am Marienplatz, bevor sie umgebaut wurde

Ich wurde in die Filiale in den Fünf Höfen versetzt, die – das kann man nicht anders sagen – die wohl schönste Decke hat, die eine Buchhandlung in München zu bieten hat und nachdem ich mich von dem Trubel einer sechsgeschossigen Buchhandlung an die Vielfalt einer kleinen Filiale gewöhnt hatte, wäre ich auch hier nicht mehr weg gegangen…

Doch dann begann man im Sommer von einem Projekt zu flüstern, das endlich die Innovationen bringen sollte, nach der die Branche nun schon seit Jahren schreit.
Arbeitstitel: „Buchshop der Zukunft“.
Und sofort sprachen mich meine Chefs an: „Das wäre doch was für Sie!“

Also bewarb ich mich und je mehr ich von diesem Projekt hörte, desto begeisterter wurde ich.
Richtig begriffen, wie anders diese Buchhandlung werden würde habe ich allerdings erst, als Nina Hugendubel auf einer Veranstaltung Bilder der alten Filiale neben die Konzeptblätter der neuen legte. Der einzige Gedanke, den ich in diesem Moment hatte war: „Okay, das ist radikal anders.“

Als Nina Hugendubels Vater Heinrich 1979 meine geliebte Filiale am Marienplatz eröffnete, war es damals auch ein radikal neues Konzept gewesen.
Bis dahin kannte man in Deutschland keine Buchkaufhäuser. Mehrere Stockwerke, verbunden durch Rolltreppen und mit Leseinseln, in denen man den ganzen Tag lang sitzen konnte, um jedes Buch aus den Regalen zu ziehen und darin zu lesen?
Sowas hatte man vorher noch nie gesehen und viele Kritiker schüttelten nur den Kopf.
Nach ein paar Tagen war die Filiale praktisch leer… Die Kunden hatten einfach alle Bücher gekauft.

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Radikal anders: die erste Großbuchhandlung Deutschlands (und mein zweites Kinderzimmer)

Doch der Handel hat sich in den letzten Jahren massiv verändert.
Millionen von Lesern sind weggebrochen, die Läden in den Innenstädten werden immer seltener besucht (mag es etwa daran liegen, daß jedes zweite Geschäft mittlerweile ein Handyladen ist?), niemand fährt mehr eine dreiviertel Stunde mit der S-Bahn, wie es meine Eltern getan haben, wenn alles, was man braucht, nur einen Mausklick entfernt ist.

Seit Jahren heißt es, die Branche soll umdenken.
Und hier ist, was dabei herausgekommen ist…

Zunächst einmal haben wir uns weitestgehend von klassischen Regalen und Büchertischen verabschiedet. Stattdessen arbeiten wir jetzt mit frei kombinierbaren Elementen, die wir je nach Lust, Laune und Bedarf mühelos umbauen und im Belagerungsfall eine Festung daraus errichten können.
Das hat den ungeheuren Vorteil, daß man Thementische oder neue Trends sofort aufgreifen und in den Laden integrieren kann ohne alles umräumen zu müssen.

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Frei kombinierbare Elemente: Ich bau mir die Welt wie sie mir gefällt

Das nächste, das verschwunden ist, ist die Regalbeschriftung.
Anstelle dessen arbeiten wir im neuen Laden mit Visualisierungen, die den Kunden sofort in den Bereich ziehen sollen, der ihn interessiert.
Ihr mögt Fantasy? – Dann haltet einfach Ausschau nach unserem Drachen!
Ihr sucht einen Reiseführer? – Dank riesiger Weltkarte und Wegweisern werdet ihr sicher nicht daran vorbei laufen!
Und so findet man leicht seinen Weg durch die verschiedenen Themenwelten…
Anne Frank lächelt auf Biografienleser herab, die Kinderbücher findet man in einer bunten Spielewelt und ein riesiges Manga-Graffito weißt den Weg zu… ach, da kommt Ihr selber drauf!

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Auch ohne Regalbeschriftungen machen wir kein Geheimnis daraus, wo was zu finden ist.

Als nächstes haben wir die klassische Einteilung nach Warengruppen über Bord geworfen. Dieses System existiert seit Jahrzehnten, ohne daß es groß modernisiert wurde und so kann heutzutage kein Kunde verstehen, warum man Colleen Hoover bei den Jugendbüchern und Mona Kasten bei den Romanen für Erwachsene findet.
Also wurden die alten Strukturen aufgebrochen, was uns Buchhändler zwar anfangs vielleicht etwas mehr Zeit kostet, das Buch zu finden; für den Kunden ist die neue Einteilung aber wesentlich logischer.
Und bei dieser Gelegenheit haben wir uns auch entschieden, die Medien nicht mehr zu trennen. So stehen die passenden Hörbücher, DVDs und englischsprachigen Titel direkt neben dem entsprechenden Buch.
Besonders in unserer großen Comic-Abteilung fiel mir auf, wie sinnvoll diese neue Einteilung doch ist.

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Marvel oder DC? Buch oder DVD? – Alles auf einen Griff!

Einen digitalen Service, den wir zunächst nur in der Filiale am Stachus anbieten werden und von dem ich mir wirklich viel verspreche, nennt sich efree.
Hierbei hat man die Möglichkeit alle verfügbaren ebooks als Vollversion in der Filiale auf dem Tablet oder dem eigenen Smartphone zu lesen. (Dafür braucht man nur einen QR-Code-Scanner.)
Da es müßig ist, Bücher aus obskuren Themenbereichen vorrätig zu haben, die sich nur alle heiligen Zeiten verkaufen, kann der Kunde diese speziellen Titel im Laden nicht nur anlesen, wie es im Internet bei der „Klick ins Buch“-Funktion möglich ist, sondern jedes Kapitel genau unter die Lupe nehmen, bevor er sich entscheidet, ob wir das Buch bestellen sollen.
Beim Verlassen der Filiale verschwindet der Titel dann wieder vom Handy.

So… ganz schön viel Neues, oder?
Naja… wir hätten dann noch eine Bühne mit Beamer und Leinwand, auf der regelmäßig neue Bücher präsentiert werden, einen Co-Working-Space, bei dem man seinen Laptop einstecken und fröhlich drauf los arbeiten kann (Münchner Studenten mit Euren handtuchgroßen Zimmern: eure Lerngruppen sind uns willkommen!), wer eine Auszeit von dem Trubel in der Innenstadt braucht, kann sich in unseren Raum der Stille zurückziehen, Kochbuchpräsentationen finden in Zukunft in unserer Showküche statt, die lieben Kleinen dürfen in unserer Spielewelt basteln und die riesigen Tafeln bemalen, wer coole und witzige Fotomotive sucht, kann sich bei unserer Instagram-Bühne austoben und natürlich gibt es ein Café.

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Unsere Showküche… Hoffentlich stellt hier bald jemand ein Plätzchen-Backbuch vor!

Ihr merkt schon: die neue Filiale am Stachus soll ein Ort sein, an dem man nicht nur ein Buch aus dem Regal zieht und wieder verschwindet; sie soll Euer zweites Wohnzimmer werden. Ein Ort, an dem sich Menschen, die Bücher lieben, treffen und gemeinsam immer wieder Neues erleben können.

So… und bald schlüpfe ich in meine schicke neue Arbeitskleidung, um die Kollegen in der Spätschicht zu unterstützen. Denn ab heute bin ich:

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Was haltet Ihr von dem neuen Konzept?
Ich bin schon sehr gespannt auf Eure Meinungen und freue mich, wenn Ihr vorbei schaut!

Liebe Grüße,
Andrea

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Kleiner Disclaimer Nr.1: Ich werde dafür bezahlt, Bücher zu verkaufen und für gute Stimmung im Laden zu sorgen. Von diesem Blog weiß in der Geschäftsleitung niemand.
(Sollte also Frau Hugendubel googeln, wer was über ihre neue Filiale geschrieben hat und zufällig hier landen: Huhu! Überraschung!)
Was ich damit sagen will: niemand hat mich darum gebeten oder dafür bezahlt diesen Beitrag zu schreiben.
Ich wollte Euch einfach von „meiner“ neuen Filiale erzählen, weil ich wahnsinnig aufgeregt bin und ich mich unheimlich freue, an diesem Projekt teilzunehmen.

Kleiner Disclaimer Nr.2: Die Fotos der alten Filiale am Marienplatz habe ich frech von meiner Kollegin Ursel Roth geklaut, natürlich nachdem ich sie vorher lieb gefragt habe.
Danke nochmal, Ursel!

 

Rechts und Links im Buchhandel – Vom Platzen der Filterblase

Zum Tag der Deutschen Einheit gibt es heute von mir einmal einen fast schon politischen Beitrag.
Ich habe dieses Thema lange mit mir herumgetragen und mich gefragt, ob ich wirklich darüber schreiben soll, denn mir ist klar, daß es stark polarisieren kann.
Sollte es also Diskussionsbedarf geben bitte ich Euch nur um eins: bleibt höflich und aufgeschlossen.

2010 erschien Thilo Sarrazins vieldiskutiertes Buch „Deutschland schafft sich ab“, das monatelang die Spiegel-Bestsellerliste anführte.
Die Wochen nachdem das Buch auf den Markt gekommen war, waren eine Zeit, in der ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht wirklich gerne in die Arbeit gegangen bin.
Denn plötzlich hatte ich das Gefühl, auf einem Schlachtfeld der Ideologien zu stehen… Fast täglich wurde ich wütend angeknurrt, was ich für ein Mensch sei, daß ich so einen Dreck verkaufen würde, andere fragten mich mit glänzenden Augen, ob ich es denn auch schon gelesen hätte und wenn ich den Kopf schüttelte wurde schon mal ein „Leute wie ihr werdet schon noch sehen…“ in meine Richtung gezischt.

An dieser Stelle fragt Ihr Euch nun vielleicht nach meiner politischen Einstellung.
Tatsächlich ist die für diesen Beitrag relativ irrelevant, denn man kann dieses Thema von beiden Seiten gleich betrachten.
Um aber ein bißchen Farbe zu bekennen: ich bin kein politisch engagierter Mensch, ich gehe aber brav zum Wählen und habe ein ausgeprägtes humanitäres und ökologisches Bewusstsein. Meine Einstellungen würde ich als recht liberal bezeichnen…
Eigentlich sind alle Buchhändler, die ich kenne ein sehr offenes und liberales Grüppchen. Das gilt wohl auch für die meisten Vielleser.
Wenn man in ständig neue Protagonisten mit unterschiedlichen Hautfarben, Geschlechtern und Religionen hineinschlüpft, fällt es schwer, verallgemeinernder Polemik Glauben zu schenken…

Und trotzdem… und da kommen wir zur Crux an der Sache… trotzdem arbeite ich in einer Buchhandlung, in der Bücher verkauft werden, die meinen inneren Überzeugungen zuwiderlaufen. Und ich finde sogar, daß es wichtig ist, diese Bücher in der Buchhandlung zu haben.

Lasst mich erklären…

An dieser Stelle wird nämlich gerne der Vorwurf gemacht, daß der Buchhändler seine Seele für ein paar Euro verkauft und ja, es kann sich nicht jeder leisten, ein Buch, das ein halbes Jahr lang auf Platz eins der Bestsellerliste steht komplett zu ignorieren.
Aber das ist nicht der Punkt.
Die Sache ist die: würde ein Kunde, der dieses spezielle Buch sucht von seinem Kaufvorhaben abgebracht werden, nur weil ich es nicht anbiete?
Ich denke nein. Der Kunde würde sein Handy aus der Tasche ziehen und auf die Website seiner favorisierten Onlinebuchhandlung gehen und es sich dort bestellen. Ganz nebenbei würde der Algorithmus zuschlagen und schon wäre sie da: die Filterblase.

Ich denke, mittlerweile bekommen wir langsam ein Bewusstsein dafür, was diese Filterblase mit uns anstellt. Gleich und gleich wird zusammengeführt, man bewegt sich in einer Echokammer, in der alle einer Meinung sind und sobald man die unterschiedlichen Ansichten aufeinander loslässt, zum Beispiel in der Kommentarfunktion auf Facebook, herrscht Krieg.

Dabei kann sich fast niemand der Filterblase entziehen: Netflix empfiehlt dir deine neue Lieblingsserie, Spotify stellt eine Playlist mit den großartigsten Titeln zusammen, von denen du noch gar nicht wusstest, daß es sie gibt, und dein Onlinebuchhändler macht dich darauf aufmerksam, daß „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben“, auch jenes kauften.
Wenn wir uns dann anschauen, was da angepriesen wird, dann ist recht schnell klar, daß der Algorithmus nicht darauf programmiert wurde, ein möglichst breites Meinungsspektrum abzudecken, sondern in die immer gleiche Kerbe zu schlagen.

Und das ist die Stelle, an der ich es in der Buchhandlung anders machen kann.
Ich habe die Möglichkeit, Rechts neben Links zu legen, Gauland neben einen AfD-Aussteigerbericht, Ulfkotte neben Albright…

Ich denke, wir unterschätzen, wie sehr Filterblasen unser Denken beeinflussen und der einzige Ort, sie zu durchbrechen ist die Realität.
Gehe ich davon aus, daß jeder AfD-Wähler, der sich ein Buch darüber holt, wie schlimm der Islam ist, auch gleich noch einen Titel mitnimmt, der seine Thesen widerlegt?
Eher nicht.
Aber ein bißchen Hoffnung habe ich. In beide Richtungen.
Vielleicht blättert der AfD-Wähler ja doch in einem kritischen Buch und der ein oder andere Satz setzt sich bei ihm fest.
Vielleicht nimmt aber auch jemand, der AfD-Wähler für kapitale Idioten hält, eins dieser populistischen Werke in die Hand und versteht plötzlich, welche Ängste da geschürt werden…

Ich sehe mich als Buchhändlerin, nicht als Meinungsmacherin.
Ich kann meine Kunden nicht von meiner Weltanschauung überzeugen, dafür ist zu wenig Zeit und die wenigsten kommen zu mir, um sich missionieren zu lassen.
Was ich aber tun kann ist ein möglichst breites Meinungsspektum anzubieten um jedem die Möglichkeit zu geben, auch in Bücher hineinzublättern, die seinen Überzeugungen vielleicht zuwiderlaufen.

In den letzten Jahren geht dieses Spektrum immer weiter auseinander und ja, das macht mir manchmal Angst.
Aber es totschweigen, boykottieren und so die Filterblasen nur noch stärker zu machen… das ist auch keine Lösung.

In vollen Zügen nach… Amsterdam: Buchhandlungen im Regen

Endlich führte mich mein Weg auch mal nach Amsterdam!
Schon lange wollte ich hierher, doch leider präsentierte sich die Stadt in der kurzen Zeit, in der ich zu Besuch war, nicht gerade von ihrer besten Seite.
Es regnete ununterbrochen und alle Fotos, die ich gemacht habe sind nichts als grau, grauer, am grausten…

Aber auch das Sightseeing gestaltete sich als schwierig, da vieles geschlossen hatte oder überfüllt war.
Also konnte ich das tun, was ich ohnehin vorhatte und musste nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben: ich verbrachte die ganze verregnete Zeit in den schönsten Buchhandlungen Amsterdams!

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Zunächst einmal führte mich mein Weg zu Scheltema, der größten Buchhandlung Amsterdams.
Auf fünf Stockwerken findet mal alles, was das Herz begehrt und die Einrichtung des Ladens ist sagenhaft gut!
Denn man hat hier nicht das Gefühl, in einem Warenhaus zu sein, sondern in einem sehr behaglichen Heim, in dem zufällig verdammt viele Bücher herumstehen.
Am liebsten wäre ich gleich eingezogen!

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Die Themenbereiche sind dekoriert, als könnte man hier tatsächlich wohnen…
Die Kochbücher sind beispielsweise um eine Küchenzeile platziert, stilecht mit Knoblauchknollen, Obstkörben, Töpfen und Pfannen!
In der Jugendbuchabteilung können sich die Leser dafür in knallbunte Kissen kuscheln und lesend auf der Fensterbank lümmeln, während von draußen der Regen an die Scheibe prasselt.
Kinderbücher findet man in einer bunten Spielewelt, mit deckenhohem Leuchtturm, Segelboot und Körben voller Spielzeug. Da sind die lieben Kleinen beschäftigt während Mama und Papa stöbern!
Im Sachbuchbereich gibt es dann gemütliche Ledersessel und Spieletische, an denen man eine Partie Schach oder Go mit Freunden oder Fremden spielen kann und in der Fachbuchabteilung findet man Konferenztische, an denen sich Studenten nach der Uni zum gemeinsamen Lernen treffen können.

Die Auswahl hier ist auch für Leser, die des Holländischen nicht mächtig sind groß.
Es gibt eine umfangreiche Abteilung mit fremdsprachigen Titeln, in der man viele englische, aber auch eine überraschend breite Auswahl an deutschen Titeln findet.

Natürlich findet man hier auch ein Café und sogar eine Second Hand Abteilung im obersten Stockwerk.

Scheltema wirkt wirklich eher wie ein Ort, an dem sich Menschen treffen um gemeinsam Zeit zu verbringen, statt wie ein klassischer Buchladen.
Mich hat dieses Konzept sehr angesprochen!

Weiter ging es dann durch den Regen in einen viel kleineren Laden, nämlich den Athenaeum Boekhandel.
Hier findet man ein hauptsächlich holländischsprachiges Sortiment, bei dem sich die fremdsprachigen Titel einfach dazwischenmogeln.
So habe ich das vorher auch noch nicht gesehen.

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Athenaeum hat vielleicht keine so große Auswahl wie Scheltema, ist aber definitiv einen Besuch wert, einfach schon, weil der Laden sehr hübsch und unfassbar verwinkelt ist.
Manchmal steigt man eine Treppe wie in einen Schacht hinunter, nur um dort um die Ecke zu biegen, ein paar Stufen nach oben zu finden und ganz plötzlich wieder im Hauptraum zu stehen.
Von außen fallen die hellen Jugenstilfenster auf und aus dem angeschlossenen Zeitschriftenladen nebenan dringen Jazzklänge in einige Teile der Buchhandlung.
Sehr schön!

Gleich neben Athenaeum liegt das American Book Center (kurz ABC).
Von Außen kam es schon mal sehr sympathisch daher, weil die aktuelle Schaufenstergestaltung die Lieblingsbücher von Barack Obama präsentiert:

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Eyecatcher im ABC ist der große Baumstamm, der in der Mitte des Ladens in die Höhe ragt und die geschwungene, hohe Bücherwand, die über drei Stockwerke hinweg das Herzstück des Ladens bildet.

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Der Schwerpunkt sind ganz klar Romane, wobei man hier eher die typischen amerikanischen Paperback-Ausgaben findet, aber auch im Bereich Kinderbuch und Non-Fiction kann man sich austoben und es gibt eine wirklich große Auswahl an Comics und Graphic Novels.
Ich habe die Vermutung, daß es hier den ein oder anderen Fantasy-Fan im Team gibt, denn die Auswahl in diesem Bereich ist wirklich beachtlich und es gibt sogar eine Ecke mit Magic Karten, D&D und anderen Rollenspielbüchern und Würfeln!

Ein Bereich, dessen beachtlicher Umfang mich ein wenig verwundert hat, vermutlich auch, weil er sich architektonisch vom Rest des Ladens absetzt ist „Spiritualität“.
Während die Buchhandlung von Backsteinmauern und alten Holzpfeilern dominiert wird, strahlt dieser Bereich durch seine hohen Glasfenster und weißen Wände.

Im ersten Stock findet man außerdem eine kleines Café mit ein paar Klappstühlen, ansonsten halten sich die Sitzgelegenheiten im ABC in Grenzen.

Die letzte Buchhandlung, die ebenfalls gleich in der Nähe liegt ist Waterstones.

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Mit edlen, dunklen Holzregalen und rotem, gemustertem Teppichboden, hat man sofort das Gefühl, daß man hier keine einzige Niete aus dem Regal ziehen wird.
Überall stecken Empfehlungskärtchen der Buchhändler und während bei ABC ja die amerikanischen Paperback-Ausgaben überwiegten, findet ihr hier all die wunderschönen gebundenen Klassikerausgaben, die man auf den englischen Bookstagram-Seiten immer seufzend betrachtet.
Dabei ist es hier nicht einmal teurer als im ABC!

Neben großartigen Literaturempfehlungen und einer Lyrikabteilung, die ihresgleichen sucht, gibt es hier auch eine schöne Kinder- und Jugenbuchabteilung, bei der mir das große Regal für LGBTQ+ sofort sehr positiv ins Auge gesprungen ist.
Jeder Teenager, der sich für diesen Bereich interessiert, dürfte hier in einem schweren Kaufrausch verfallen.

Im dritten Stock findet man außerdem eine große Auswahl an Sachbüchern und kann seinen Blick über die Dächer Amsterdams schweifen lassen, während man es sich auf einem Fensterplatz in der Erkernische bequem macht.

Und auch alle, die vielleicht weniger auf Englisch lesen, sollten einfach mal vorbeischauen, denn es gibt hier auch viele Spiele, Taschen und Kleinkram, sowie Fanartikel, wie zum Beispiel zu Doctor Who.

Nach meinem Besuch in all diesen wunderbaren Buchhandlungen war dann aber doch noch ein bißchen Sightseeing angesagt. Ein Glück, daß die Tram 2 einmal quer durch die Stadt fährt und dabei viele Sehenswürdigkeiten abklappert, sonst wären mir an diesem Tag noch Schwimmhäute gewachsen!

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Einen ganz kurzen Abstecher machte ich dann noch zu der Bank, die im The Fault in our Stars-Film eine Nebenrolle spielt.
Ich hatte das Buch noch in letzter Sekunde in den Rucksack geworfen, weil es schon seit Jahren auf meinem SUB liegt und auch, wenn ich im Zug wirklich viel gelesen habe, sind Hazel und Gus bei mir noch gar nicht in Amsterdam gelandet.

Trotzdem war es schön zu sehen, wieviele Fans sich hier mit „Okay? Okay.“ verewigt haben.

Alles in allem war es dann doch ein toller Ausflug und Amsterdam wirkte (zumindest von der Tram aus) wie eine wunderschöne Stadt.
Ich muss definitiv nochmal herkommen, wenn die Sonne scheint!

Liebe Grüße,
Andrea

PS: Und falls Ihr Euch jetzt fragt, was alles mitdurfte…

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In vollen Zügen nach… Hamburg | Tag 2: Hamburg, meine Bücherperle

Nachdem ich ja schon von meinem ersten Tag in Hamburg berichtet habe, an dem ich mich dem Team der drei ??? angeschlossen habe, gibt es nun endlich meinen Bericht über die schönen Buchhandlungen, die ich besucht habe.

Ich weiß, daß es dort noch viele, viele andere schöne Läden gibt, die mir zum Teil wärmstens empfohlen wurden. Da ich aber an dem Tag auch noch auf einer Hochzeit eingeladen war, konzentrierte ich mich auf die Buchhandlungen in der Innenstadt.

Trotz der verhältnismäßig kleinen Fläche, auf der die Läden verteilt sind, war ich begeistert, wie unterschiedlich die drei Buchhandlungen sind, die ich euch jetzt vorstellen möchte.

Marissal Bücher am Rathaus

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Als ich diese Buchhandlung betrat, hätte ich fast ein bißchen weinen können, denn ich fühlte mich sofort in meine Kindheit und Jugend zurückversetzt. Der Geruch, die Beleuchtung und das Mobiliar… alles erinnerte mich an die kleinen Buchhandlungen meiner Kindheit, die in mir den Wunsch geweckt hatten, Buchhändlerin zu werden.

Eigentlich haben sich Buchhandlungen wie Marissal schon seit Jahren überlebt, wurden aufgegeben oder rigoros modernisiert.
Hier haben wir aber noch eine richtige Bücherhöhle, in der sich in den letzten vierzig Jahren vermutlich wenig verändert hat.
Etwas abgestoßenes Eichenfurnier, Schieberegale zur maximalen Flächennutzung, und weil es bei der letzten Renovierung des Ladens wohl noch keine Hörbücher auf CD gab wurden Verkaufsboxen einfach dazuimprovisiert.

Wer jetzt aber denkt, daß Marissal ein eingestaubter Laden ist, der irrt sich gewaltig. Das geübte Auge erkennt sofort, daß man sich hier sehr um die Bücher kümmert, sie in Folie verpackt, falls nicht vorhanden und die Backlist regelmäßig aussortiert.

Die Auswahl ich wirklich groß; im Erdgeschoß findet man hauptsächlich Romane, von dort aus gelangt man über eine gewundene Treppe auf eine verwinkelte Balustrade. Hier gibt es dann Kinder- und Jugendbücher, sowie Sachbücher. Besonders was Reiseliteratur angeht, wurde hier gut bestückt.

Marissal war für mich Liebe auf den ersten Blick, weil ich so nostalgisch wurde und am Liebsten hätte ich die Buchhandlung, so wie sie ist, eingepackt und mit nach Hause genommen.

Marissal – Buchhandlung am Rathaus
Rathausmarkt 7
20095 Hamburg

stories!

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Anschließend ging es ein paar Strassen weiter, ins Hanseviertel, wo man in einer überdachten Passage eine der beiden stories!-Filialen finden kann.
Von dem stories!-Konzept haben wir Buchhändler sogar hier in Bayern schon viel gehört, also musste ich mir das unbedingt mal selbst anschauen.

Die Idee dahinter ist eigentlich das komplette Gegenteil von Buchhandlungen wie Marissal. Hier wird die Backlist bewusst schlank gehalten und ausgewählte Lieblingsbücher werden in Rahmen präsentiert.

Man merkt sofort, daß die Buchhändler hier keine reinen Waren-Verkäufer sind, sondern beinahe schon Kuratoren, die ihren Kunden ein handverlesenes Sortiment voller persönlicher Highlights präsentieren.

In der Filiale im Hanseviertel findet man hauptsächlich Belletristik, Kinder- und Jugendbücher und hochwertige Bildbände.

Ich fand das Konzept wahnsinnig spannend und auch wirklich schön zu sehen, wie der Beruf des Buchhändlers so aufgewertet wird. Weg von dem Versuch, ein möglichst umfassendes Angebot zu bieten, hin zu einem Laden, in dem jedes Buch mit viel Liebe ausgewählt wurde.

Mein Freund hatte allerdings seine Probleme mit dieser Buchhandlung, die ich zum Teil auch nachvollziehen kann.
Zwei der Bildbände hätten ihn interessiert, doch der eine war noch eingeschweißt, der andere in einem Rahmen, der so weit oben war, daß er ihn (obwohl er nun wirklich nicht klein ist) nicht erreichen konnte.
Als er mir das erzählte, lachte ich zunächst und meinte: „Du, wir Buchhändler werden dafür bezahlt, daß wir verschweißte Bücher öffnen und eine Trittleiter bedienen können!“
Aber er ließ das nicht gelten: „Ich möchte Bücher für mich selbst entdecken!“, rief er leicht genervt.
Und irgendwie hat er damit auch recht.
Das stories!-Konzept lädt dazu ein ins Gespräch zu kommen, doch Kunden, die eher schüchtern sind, oder einfach nur stöbern wollen können sich leicht davon eingeschüchtert fühlen, ein Buch aus seinem Rahmen zu nehmen und dadurch eine Lücke zu hinterlassen.

Trotzdem finde ich die Idee wahnsinnig spannend!

stories! im Hanseviertel
Große Bleichen 36
20354 Hamburg

Felix Jud

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Bevor es Zeit war, sich für die Hochzeit in Schale zu werfen, war aber noch ein Besuch bei Felix Jud fällig, einem Laden, der die in Büchern über die schönsten Buchhandlungen immer wieder auftaucht.

Ich muss sagen, daß ich hier nur noch kopfschüttelnd stand, denn die Buchhandlung Felix Jud zeigt all den Existenzängsten der Branche den wohlmanikürten Mittelfinger.

Taschenbücher sind hier Mangelware. Hier gibt es sehr gute, sehr hochwertige Bücher und nicht einen Fingerbreit weniger.
Die aktuellen Neuerscheinungen passen auf einen einzigen Tisch. Hier wurde rigoros ausgesiebt.
Beliebte Reihen wie „Alle Toten fliegen hoch“ von Joachim Meyerhoff gibt es natürlich, aber als Taschenbuch? – Fehlanzeige! Da stehen die gebundenen Ausgaben schön nebeneinander im Regal.
Dabei hat man aber nicht das Gefühl, daß es sich hier um Ladenhüter handelt, nein, hier ist das Konzept.

Neben den Romanen gibt es auch einen Bereich mit schönen Sachbüchern, ausgewählten Kinderbüchern und dazwischen Kunst und kleine Skulpturen und eine Etage mit antiquarischen Büchern hinter Glas.

Den Kern des Ladens stellt wohl die riesige Klassikerabteilung dar, die einfach durchzieht, was sich seit Jahren kein Buchhändler mehr traut.
Hier findet man Reihen wie Manesse, die Insel Bücherei und sogar meine geliebten Clothbound Classics nahezu vollständig.
Thomas Manns Werke in der Frankfurter Ausgabe? – Klar, alles hier drüben! Und weil es so schön ist haben wir uns gleich noch die große Kommentierte Frankfurter Ausgabe daneben gestellt!

Jeder Steuerberater müsste angesichts des Wareneinsatzes, der hier betrieben wird, kurz vorm Herzinfarkt stehen. Jeder Bibliophile hingegen erlebt einen Buchgasmus nach dem anderen.

Wie lässt sich eine Buchhandlung mit einem so radikal hochwertigem Sortiment dauerhaft wirtschaftlich führen? – Keine Ahnung… offenbar gibt es hier eine sehr erlesene, gut betuchte und verdammt treue Stammkundschaft.

Auf der Suche nach exquisiten Büchern ist Felix Jud wohl einfach die Adresse in Hamburg!

Felix Jud – Buchhandlung, Kunsthandlung & Antiquariat
Neuer Wall 13
20354 Hamburg

Ich kann nur sagen, daß es mir eine absolute Freude war, so unterschiedliche und einzigartige Buchhandlungen auf einer relativ kurzen Strecke zu sehen.
Jeder dieser Läden hatte etwas, was ihn einzigartig und sympathisch machte.

Vor kurzem sorgte ja eine deutsche Jugendbuchautorin auf ihrem Blog für einen ziemlichen Aufreger…
Die Besitzerin einer kleinen, unabhängigen Buchhandlung und Fan der Autorin hatte sie gefragt, ob es denn nicht vielleicht eine gute Idee wäre, wenn sie statt immer nur auf Amazon zu verlinken auch kleine Unternehmen, zum Beispiel über Buy Local, vernetzen könnte.
Die Antwort der Autorin war für viele Buchhändler ein ziemlicher Schlag in die Magengrube…
Sinngemäß meinte sie, daß alle Buchhändler mal bitte leise sterben gehen könnten… Schließlich hätten die sie nicht unterstützt, als sie noch keinen Verlag hatte, warum sollte also sie jetzt die Buchhändler unterstützen, und außerdem seinen sie selbst Schuld daran, wenn sie alle eingehen würden, denn den ganzen Einheitsbrei würde heutzutage eh keiner mehr sehen wollen.

Es sprach viel verletzter Stolz aus dem Beitrag der Autorin und auch wenig Kenntnis der Branche. Wenn ich sehe, wie unterschiedlich und einzigartig Buchhandlungen sein können, die alle praktisch nur einen Steinwurf voneinander entfernt liegen, wird klar, wie falsch die Anschuldigungen dieser Autorin sind.

Mein kurzer Ausflug nach Hamburg hat mir jedenfalls das buchhändlerische Herz gewärmt und ich freue mich schon auf mein nächstes Abenteuer aus der Kategorie In vollen Zügen nach…

Was haltet ihr von den verschiedenen Konzepten?
Liebt ihr diese kleinen alten Buchhandlungen so wie ich oder habt ihr es lieber moderner?
Hättet ihr Berührungsängste dabei, ein ausgewähltes Buch aus seinem Rahmen zu nehmen, oder entdeckt ihr lieber eine versteckte Perle in einer Bücherhöhle?

Ich freue mich schon auf eure Kommentare!

Liebe Grüße,
Andrea

Was bisher geschah:

In vollen Zügen nach… Hamburg | Tag 1: Die drei ??? und die weinende Frau

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Welttag des Buches: Bücher über Bücher!

Der Welttag des Buches ist ja erst morgen, aber den werde ich feiern, wie es sich für eine Buchhändlerin gehört, das heißt im Laden stehen und Rosen an meine Kunden verteilen. Schön, oder? 😉

Also wollte ich den ruhigen Tag heute noch nutzen, um euch meine fünf liebsten Bücher über Bücher ans Herz zu legen. Bestimmt kennt ihr das ein oder andere schon, also möchte ich euch erzählen, wie sie mich ganz persönlich geprägt haben.
Fangen wir an!

Michael Ende: Die unendliche Geschichte

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Zusammen mit „Die rote Zora“ war „Die unendliche Geschichte“ ein Buch, das meine Kindheit geprägt hat.
Es begann mit einem Ausflug in die Bavaria Filmstudios, bei dem ich auf Fuchur reiten durfte. Sofort war ich verliebt in den Glücksdrachen und bettelte meine Mutter an, das Buch aus der Bücherei auszuleihen, obwohl ich eigentlich noch etwas zu jung dafür war.
Aber sie las es mir vor, als ich selbst noch nicht gut genug lesen konnte und weil sie meistens nur vor dem Schlafen gehen Zeit hatte, ein paar Seiten zu lesen und mir das eindeutig nicht schnell genug ging, strengte ich mich an und beendete „Die unendliche Geschichte“ schließlich als eigenständige Leserin.
Vor ein paar Jahren war ich dann mit meinem Großen in den Bavaria Filmstudios. Die Führerin fragte, welches Kind denn gerne auf Fuchur reiten würde und natürlich meldete sich der Große.
„Wie heißt du denn?“, fragte die Führerin.
„Bastian!“, sagte Bastian.
„Oh!“, rief die Führerin. „Na, das ist aber ein Zufall!“
Tja… von wegen Zufall! 😀

Umberto Eco: Der Name der Rose

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Das Buch, das meine Jugend geprägt hat, wie kein zweites war „Der Name der Rose“.
Auch dieses Buch las ich natürlich viel zu früh, nachdem der schlechteste Lehrer der Welt sagte, wir wären eh zu blöde, dieses Buch zu verstehen…
Habe ich es mit 13 Jahren verstanden? Hmmm… nicht wirklich…
Wobei Eco so viele Anspielungen auf obskure Ereignisse macht, daß des vermutlich kaum ein Leser je komplett verstehen wird und das ist auch gar nicht nötig, finde ich.
Für jeden, der nicht Philosophie, Theologie oder Mediävistik studiert hat, hat „Der Name der Rose“ immer noch eine spannende Krimigeschichte mit unvergesslichen Charakteren und eine sanfte Liebesgeschichte zu bieten.
Mittlerweile habe ich das Buch drei mal gelesen, mir das Hörbuch unzählige Male angehört und den Film an die siebzig mal gesehen.
Wobei die Beschreibung der Bibliothek und des Labyrinths im Buch einfach wunderbar ist, also sollte mal auf jeden Fall mal darüber nachdenken es zu lesen, wenn man nur den Film kennt. 😉

Carlos Ruiz Zafon: Der Schatten des Windes

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Ich hatte meine Ausbildung zur Buchhändlerin gerade erst beendet, als „Der Schatten des Windes“ auf den Markt kam.
Wie jeder, der Bücher liebt, war ich begeistert vom Friedhof der vergessenen Bücher.
Seitdem bin ich immer auf der Suche, nach einem Ort, der dem annähernd gleich kommt, aber oft endet die Suche mit Enttäuschungen, denn in der realen Welt ist es eher ernüchternd abertausende von Büchern, die langsam vor sich hinsterben zu sehen, zum Beispiel bei meinem Besuch im Acqua Alta in Venedig.
Es kommt doch nichts in der Realität an die Vorstellung in unseren Köpfen heran!

Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher

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Wie in „Der Schatten des Windes“ haben wir auch hier ein Buch, das sich voll und ganz der Liebe zu den Büchern verschrieben hat. Wer würde nicht gerne mal nach Buchhaim reisen? Es gibt ja richtige Bücherorte, die fast ausschließlich aus Buchhandlungen bestehen. Der Besuch von so einer Stadt steht definitiv noch auf meiner Bucket List!
Als „Die Stadt der Träumenden Bücher“ damals auf den Markt kam, waren wir Buchhändler also alle schwer verliebt. Wir gaben uns Buchlingsnamen und brüteten zusammen über den Anagrammen. Weil so viele in der Filiale das Buch gleichzeitig lasen und wir ständig darüber sprachen, war es eines der schönsten Leseerlebnisse meines Lebens.
Mittlerweile gibt es das Buch ja auch als Graphic Novel. Schaut mal rein:
Review: Die Stadt der Träumenden Bücher Teil 1: Buchhaim
Review: Die Stadt der Träumenden Bücher Teil 2: Die Katakomben

Markus Zusak: Die Bücherdiebin

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(Fast) ganz zum Schluss muss ich natürlich noch „Die Bücherdiebin“ erwähnen, welches eines meiner liebsten Bücher überhaupt ist!
Auch wenn es im zweiten Weltkrieg spielt und auch wenn der Erzähler der Tod höchstpersönlich ist, ist es doch eins der schönsten Bücher, das ich je gelesen habe.
Wer es noch nicht kennt sollte einfach morgen schnell in eine Buchhandlung seiner Wahl laufen, sich von seinem Lieblingsbuchhändler eine Rose in die Hand drücken lassen und dieses Buch mitnehmen!

Honorable Mention:

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Ganz zum Schluss wollte ich noch von einem Buch erzählen, das ich sehr, sehr liebe und das es auf dem deutschen Markt leider nicht besonders lange geschafft hat.
Die Rede ist von Diane Setterfield: „The Thirteenth Tale“ („Die dreizehnte Geschichte“).
Mittlerweile bekommt man das Buch nur noch auf Englisch, gebraucht oder als eBook, was wirklich schade ist…
Margaret ist eine junge unbekannte Biografin, die eines Tages eingeladen wird, die Biografie von Vida Winter zu verfassen, einer der bekanntesten und erfolgreichsten Autorinnen überhaupt.
Margaret recherchiert und findet heraus, daß nichts über Ms Winter bekannt ist – nicht einmal ihr wahrer Name.
In jedem Interview erzählt sie eine völlig andere Geschichte, doch Margaret ist nur an der Wahrheit interessiert. Vida Winter verspricht ihr, diese zu erzählen, doch was dann folgt ist ein haarsträubender Bericht, der Margaret mehr und mehr zweifeln lässt…
„Die dreizehnte Geschichte“ ist ein wirklich starkes Buch, das immer wieder Bezug auf die britischen Klassiker nimmt. Sollte ich jemals eine eigene kleine Buchhandlung eröffnen, würde ich sie auf jeden Fall „Die dreizehnte Geschichte“ nennen. 😉

So, das wars von meiner Seite!
Natürlich gibt es auch noch viele andere Romane, die sich mit Büchern beschäftigen… Was sind eure Favoriten in dem Bereich?
Ich habe mir aus einer langen Liste die Bücher herausgepickt, zu denen ich einen sehr persönlichen Bezug habe. Welche Bücher hatten Einfluss auf euer Leben?

Ich wünsche euch allen morgen einen wunderschönen Welttag des Buches!

Alles Liebe,
Andrea

In vollen Zügen nach… Venedig Tag 3: Im Licht der Lagune

Nachdem mich die legendäre Buchhandlung Acqua Alta ja nicht besonders begeistern konnte, wollte ich den letzten Tag meines Venedigberichts dazu nutzen, euch zwei wirklich schöne Buchhandlungen vorzustellen, die ich selbst gar nicht auf meiner Liste hatte.

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Beginnen wir mit kleinen Buchhandlung La Toletta im Stadtteil Dorsoduro.
Sie scheint das komplette Gegenteil der Libreria Acqua Alta zu sein: hell, freundlich, mit genug Platz, schönen und gepflegten Büchern und einem fast schon preußisch-gründlichem Ordnungssystem. 😉

Einfach eine kleine gemütliche Vorstadtbuchhandlung, in der man auch einige deutsche, englische und französische Bücher sowie buchige Mitbringsel finden kann.

Ein Besuch bei La Toletta lohnt sich schon allein dann, wenn man dem Trubel entfliehen möchte, denn Dorsoduro ist ein recht ruhiger Stadtteil. Bei meinen früheren Besuchen habe ich mich hier kaum aufgehalten, denn ich war damals noch schwer beschäftigt damit, alle Touristenattraktionen abzuklappern.
Hier kann man zu vernünftigen Preisen essen, es gibt Läden, die mehr als nur Touristennepp anbieten und man hat hier das Gefühl, raus aus einer Metropole und in einer entspannten Kleinstadt gelandet zu sein.
Eine wahre Wohltat, nach dem Karnevals-Chaos!

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Mein liebste Buchhandlung war aber die Libreria Studium in der Nähe des Markusplatzes. Hier geht es zwar deutlich touristischer zu als im La Toletta, aber ich war sofort begeistert vom Sortiment und den schönen Regalen.

Die Auswahl an fremdsprachigen Titeln ist groß und man hat hier klar einen Schwerpunkt auf Literatur über Venedig gesetzt, aber die meisten Bücher in diesem Laden sind Titel, die ich selbst nach 18 Jahren Berufserfahrung einfach nur als wirklich schöne Bücher bezeichnen kann.

Hier geht es nicht ganz so streng geordnet zu, wie im La Toletta, aber man findet sich sofort zurecht und möchte einfach die nächste Stunde nichts anderes tun, als in den Büchern zu blättern.
So müssen Buchhandlungen sein!

Zum Abschluss meiner Reise gibt es nicht mehr viel zu sagen, außer, daß ich Zugreisen wirklich sehr genieße.
Ich liebe den Prozess des Reisens, die Veränderung der Landschaft und des Klimas, die Sprachen und Dialekte, die die Mitreisenden sprechen…

Zwei Abteils weiter saß eine Gruppe deutscher Damen, die es beim Karneval offenbar etwas übertrieben hatten und die ersten Stunden die typischen Gassenhauer grölten.
Doch die Berge schienen eine beruhigende Wirkung auf sie zu haben, denn als wir an verschneiten Dörfern und Wäldchen vorbei fuhren, begannen sie die schönsten Gstanzel zu singen… Natürlich immer noch hackedicht, denn jedem Lied folgte das obligatorische „Whooo!!!“, aber es war trotzdem ein wunderbares Erlebnis. 🙂

Danke, daß ihr mich auf dieser Reise begleitet und mir so viele Kommentare und Tipps da gelassen habt!
Es hat mir wirklich Spaß gemacht und ich hoffe, daß die nächste Reise in vollen Zügen nicht lange auf sich warten lassen muss.

Alles Liebe,
Andrea

Hier könnt ihr nachlesen was bisher geschah:

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In vollen Zügen nach… Venedig Tag 1: Wilde Reise durch die Nacht

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In vollen Zügen nach… Venedig Tag 2: Acqua Alta

In vollen Zügen nach… Venedig Tag 2: Acqua Alta

Nach unserem ersten Tag in Venedig an dem es ja sehr… sehr voll war, hatten wir an Tag zwei etwas mehr Glück, denn es regnete in Strömen.
So konnten wir die Stadt endlich erkunden, ohne in einem Strom von Menschen durch die Gassen geschoben zu werden.

Natürlich standen San Marco und der Campanille ganz oben auf unserer Liste. Die Mosaiken in der Basilika sollte man wirklich einmal im Leben gesehen haben und mein Großer war sichtlich beeindruckt.
Wir investierten die 5€ (2,50€ für Kinder) um das Museum oben im Dom zu besuchen.
Hier sieht man die berühmten Pferdestatuen, kann von den Galerien aus die Mosaiken besser betrachten, von aussen auf den Markusplatz schauen und es gibt eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Basilika. Dort werden auch Mosaikfragmente ausgestellt, die im Laufe der Zeit ausgebessert und ersetzt wurden.
Es war unglaublich zu sehen, wie die Künstler minimale Farbunterschiede der einzelnen winzigen Steinchen genutzt haben, um Gesichter absolut perfekt zu schattieren.

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Danach machten wir uns zum Stadtteil Dorsoduro auf, um die Da-Vinci-Ausstellung in der Kirche San Barnaba zu besuchen.
Mit 8€ (5€ für Kinder) ist die Ausstellung wirklich nicht günstig, aber ich hatte sie noch in guter Erinnerung von damals, als ich das letzte Mal in Venedig war.
Hier gibt es nämlich Modelle zu da Vincis technischen Skizzen und man kann Hebevorrichtungen, Seilzüge und vieles mehr selbst bedienen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie einfach und gleichzeitig genial diese Modelle sind.
Meinem Großen hat es auf jeden Fall Spaß gemacht.

Seit meinem letzten Besuch in Venedig hat sich einiges verändert…
Die Fondaco dei Tedeschi, die damals noch die etwas heruntergekommene Postzentrale war, ist mittlerweile ein Luxuskaufhaus. Und auch von den kleinen, gemütlichen Tramezzini-Läden, von denen es zwischen San Marco und Rialto an jeder Ecke einen gab ist mittlerweile nichts mehr zu sehen.
Hinter dem Markusplatz in Richtung des La Fenice und auf Dorsoduro kann man aber immer noch die kleinen Imbissläden finden, in denen man die komplette Familie für unter 15€ versorgen kann.

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Nun kommen wir aber zum vermeintlichen Höhepunkt meiner Reise; der legendären Buchhandlung Acqua Alta…

Die Fotos dieser Buchhandlung, die sich selbst als „die schönste Buchhandlung der Welt“ bezeichnet geistern ja seit Jahren durchs Internet und lassen Leserherzen höher schlagen.

Ich hatte mich wirklich sehr darauf gefreut, sie endlich selbst zu sehen, aber sehr schnell setzte eine gewisse Enttäuschung ein.

Zunächst einmal… Das Acqua Alta ist sehr, sehr voll…
Nicht nur mit Büchern, sondern eben auch mit Touristen. Die Gänge sind so eng, daß man sich kaum an den Leuten vorbeidrücken kann, sondern daß man sich eigentlich gegenseitig immer weiterschiebt. Es ist also fast unmöglich, kurz in einem Buch zu blättern.
Die berühmte Büchertreppe habe ich auch nur durch die Tür gesehen, denn es standen so viele Leute darauf, daß ich schon dachte, bald würde alles zusammen brechen.

Natürlich habe ich auch versucht, ein paar gute Fotos für euch zu machen, trotzdem hätte ich mich den Büchern gerne ein bißchen mehr gewidmet. Allerdings wurde ich dann schon wieder von der nächsten Gruppe Touristen fast aus dem Laden geschoben, die nur genervt meinten: „Okay, I think I have enough cute pictures! Now, let’s get the hell out of here!“

Zeitweise musste der Zugang zur Buchhandlung sogar begrenzt werden, viel gekauft wurde nicht.
Wir haben uns ein paar Postkarten mitgenommen und der Sohnemann hat einen netten Comic gefunden, aber ein erhoffter Schatzfund blieb aus.
Das lag wohl nicht nur daran, daß man ständig weitergeschoben wurde, denn auch die Bücher waren nicht wirklich das Gelbe vom Ei…
Hier wird eindeutig auf billige Masse gesetzt. Die Bücher, die ich in die Hand nahm, fühlten sich schmutzig und schmierig an… Ich hatte kein „Friedhof der vergessenen Bücher“-Erlebnis, bei dem ich das Gefühl gehabt hätte, ich könnte einem alten Buch ein neues Leben schenken… Die Bücher des Acqua Alta haben es zum Großteil schon hinter sich gebracht und liegen auf dem Grund einer Badewanne oder im Hinterhof im Regen und warten darauf, daß das nächste Hochwasser sie mitnimmt

Traurig eigentlich, wenn Bücherträume nicht mit der Realität mithalten können, doch die Buchhändler von Venedig haben mich nicht im Stich gelassen und deshalb möchte ich euch im nächsten Beitrag zwei meiner Favoriten vorstellen, von denen noch keine millionen Bilder durchs Internet geistern.
Ich hoffe, ihr schaut auch dann wieder vorbei. 🙂

Wie sieht das bei euch aus?
Wart ihr schon mal im „Acqua Alta“ und habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht, oder wart ihr im siebten Bücherhimmel?
Ich bin gespannt auf eure Berichte.

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Hier könnt ihr lesen, wie alles begann:

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In vollen Zügen nach… Venedig Tag 1: Wilde Reise durch die Nacht

Und hier, wie es weitergeht:

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In vollen Zügen nach… Venedig Tag 3: Im Licht der Lagune

Willkommen im Weihnachtswahnsinn

Heute möchte ich über ein Thema schreiben, das mir sehr am Herzen liegt.
Ich verspreche, daß ich mich kurz halten werde und ihr dürft euch unterwegs an Illustrationen aus der Stadt der Träumenden Bücher Graphic Novel erfreuen. 😉
Bereit? – Dann geht’s los!

Es ist der erste Advent und für uns Buchhändler hat die wichtigste Zeit des Jahres begonnen.
Bücher sind immer noch eins der beliebtesten Weihnachtsgeschenke und wer im Dezember eine Buchhandlung betritt, weiß wie voll es dort ist.
Was viele Kunden aber nicht wissen ist, daß ein erfolgreiches Weihnachtsgeschäft nicht unbedingt das Sahnehäubchen auf dem Geschäftsjahr ist. Für viele Buchhandlungen entscheidet das Weihnachtsgeschäft auch dieses Jahr darüber, ob es ein nächstes Geschäftsjahr geben wird.
Tatsächlich konzentriert sich ein riesiger Anteil des Buchgeschäftes auf diese vier Wochen im Dezember und Banken und Vermieter werden Kredite und Verträge von dem Ergebnis abhängig machen.

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Doch auch dieses Jahr werden wir Buchhändler wohl wieder viele Kunden an den Online-Handel verlieren und wisst ihr was? – Ich kann es sogar irgendwie verstehen…

Ich kenne Geschäfte in der Adventszeit… Es ist stickig und voll, vieles ist ausverkauft und kein Mitarbeiter weit und breit…

Und auch für uns Buchhändler ist das alles kein Zuckerschlecken.
Viele Kollegen stehen schon morgens um sieben im Laden um ihn halbwegs begehbar zu machen und die Ware auszupacken.
Zwei Kollegen sind krank und jedes mal, wenn man sich umdreht, steht da schon der nächste Kunde mit seiner Wunschliste…

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Trotzdem möchte ich euch bitten, euren lokalen Buchhandlungen die Treue zu halten. Gerade in dieser Zeit!
Ich weiß, wie verführerisch einfach es ist alles gemütlich von der Couch aus per Mausklick zu bestellen und deshalb möchte ich euch drei einfache Tipps an die Hand geben, wie ihr im Dezember relativ entspannt einkaufen und trotzdem die Läden in eurer Nähe unterstützen könnt.

Tipp 1: Kommt zu ruhigen Zeiten vorbei!
Ja… ja… ich weiß… Diese ruhigen Zeiten sind in der Regel unter der Woche am Vormittag und die meisten von euch sind dann selbst in der Arbeit, Uni, Schule…
Aber vielleicht könnt ihr euch ja trotzdem einen Tag im Dezember freischaufeln oder Samstag gleich in der Früh vorbei schauen. Auch da ist es meistens noch relativ entspannt und vielleicht rettet ihr euren Lieblingsbuchhändler, der von einer Ladung Libri-Wannen verschüttet wurde. 😉

Tipp 2: Ihr habt keine Möglichkeit vormittags vorbeizuschauen? Kein Problem! Ruft an!
Macht euch doch einfach eine Bestellliste und versucht euren Buchhändler an die Strippe zu bekommen. Auch hier empfehle ich die ruhigen Zeiten. – Vielleicht könnt ihr das ja mal kurz vom Büro aus machen.
Lasst euch einfach alles von eurem Buchhändler zusammensuchen, bzw bestellen, fragt vielleicht gleich noch nach, ob er es euch in einer ruhigen Minute als Geschenk verpacken kann und holt alles ab, wenn ihr Zeit habt.
Gut möglich, daß Samstag nachmittag eine erschreckend lange Schlange an der Kasse steht, aber am Ende dieser Schlange warten all eure Einkäufe auf euch. Im besten Fall schon schön verpackt. 🙂

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Tipp 3: Bestellt online!
„Aber Andrea!“, höre ich euch schon sagen. „Erst sagst du, wir sollen nicht online bestellen und jetzt das?!?“ 😉
Ganz ehrlich… Ich verstehe absolut, daß man im Dezember keine Zeit oder Lust hat in die überfüllte Stadt zum Einkaufen zu gehen.
Aber was viele Kunden nicht wissen ist, daß man Bücher nicht unbedingt beim großen A bestellen muss.
Ich arbeite in einer recht großen Buchhandlung und bin immer wieder überrascht, wieviele Kunden annehmen wir hätten keine Website und würden Bücher nicht versandkostenfrei nach Hause liefern. Natürlich machen wir das!
Ich habe zum Spaß ein paar richtig kleine Buchhandlungen, die ich kenne gegoogelt und siehe da: Jede davon hatte eine Möglichkeit, online zu bestellen.

Ich hoffe, diese Tipps helfen ein paar von euch und wir alle kommen halbwegs entspannt durch das Weihnachtsgeschäft.
Wenn ihr trotzdem bei You-Know bestellt… Ich möchte nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommen… Bestimmt habt ihr auch Argumente, warum es für euch so besser ist.
Ich möchte nur auf Alternativen hinweisen von denen viele Kunden nicht mal wissen, daß es sie gibt.

Passt ein bißchen auf eure lokalen Geschäfte auf…
Dann kommen wir alle zusammen gut ins nächste Jahr!

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