Review: Washington Black

Im englischsprachigen Raum war „Washington Black“ von Esi Edugyan eines der Bücher des letzten Jahres: es stand unter anderem auf der Shortlist des Booker Prize, gewann den Giller Prize und wurde von Barack Obama zu einem seiner Lieblingsbücher des Jahres gekürt.
Nun ist „Washington Black“ auf Deutsch erschienen und ich hatte gestern die große Freude, Esi Edugyan persönlich kennenzulernen und mit ihr zu plaudern.
Das Interview erscheint am Wochenende, bis dahin könnt Ihr Euch erstmal in die fabelhafte Geschichte des Washington Black einlesen:

Barbados, 1830: der etwa zehnjährige George Washington Black – genannt Wash – wächst als Sklave auf der Zuckerrohrplantage Faith auf. Als der alte Besitzer stirbt, vererbt er die Plantage seinem Neffen Erasmus Wilde, der aus England anreißt, um die Zügel auf Faith in die Hand zu nehmen. Wash ist ein hartes Leben mit Bestrafungen gewohnt, doch unter Master Erasmus nimmt die Gewalt auf Faith zu.
Washs Leben verändert sich schlagartig, als Erasmus Bruder Christopher – von seiner Familie Titch genannt – darum bittet, Wash als persönlichen Diener ausleihen zu dürfen.
Der Junge rechnet mit dem Schlimmsten, doch Titch stellt sich als progressiver und freundlicher Naturwissenschaftler heraus, der seine Zeit auf der Insel (und die Arbeitskräfte, die ihm hier zur Verfügung stehen) nutzen möchte, um eine Maschine zu bauen, von der er schon lange träumt: dem Wolkenkutter, eine Art einfaches Luftschiff.

Da er für diese Unternehmung einen Gehilfen braucht, der möglichst klein und leicht ist, fällt seine Wahl auf Wash, dem er auch lesen und schreiben beibringt, um bei den Aufzeichnungen behilflich sein zu können.
Dabei stellt sich heraus, daß Wash über ein außergewöhnliches Zeichentalent verfügt, was ihn für Titch zu einem äußerst wertvollen Mitarbeiter macht.
Wash kann dem neuen Frieden in seinem Leben jedoch nicht so recht trauen. Immer wieder muss er sich daran erinnern, daß ihm der Komfort, in dem er plötzlich lebt, ebenso schnell wieder genommen werden kann… Seine Befürchtungen scheinen sich zu bestätigen, als Titch Erasmus um Freiheit für Wash bittet; es kommt darüber zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Brüdern.
Als dann auch noch ein Unglück geschieht, beschließt Titch in einer Nacht- und Nebelaktion mit dem Wolkenkutter zu fliehen und den Jungen kurzerhand mitzunehmen.

Für Wash beginnt damit eine atemberaubende Reise um die halbe Welt. Von Barbados über die Eisfelder der Arktis bis hin zu den Sandstürmen Marokkos und in die Tiefen des Meeres ist er nicht nur auf der Flucht vor dem Sklavenfänger, sondern vor allem auf der Suche nach seinem Platz im Leben.
Dabei erlebt er Abenteuer, von denen er auf den Zuckerrohrfeldern nicht einmal zu träumen gewagt hätte, und stellt sich immer wieder die Frage: „Was bedeutet es, wirklich frei zu sein?“

„Washington Black“ hat mich sehr berührt und gleichzeitig auch ungemein begeistert und unterhalten. Es ist eine wirklich vielschichtige Geschichte, in dem es nicht allein um einen Sklaven und seine Flucht geht, sondern auch ein Abenteuer- und Wissenschaftsroman.

Esi Edugyan schafft es, Charaktere zu beschreiben, die den Leser durch ihre Komplexität und Widersprüchlichkeit fesseln und trotz all der inneren Konflikte und hintergründigen Themen eine wirklich spannende Geschichte abzuliefern.

„Washington Black“ wird definitiv auch eines meiner Lieblingsbücher des Jahres werden und darf ich an dieser Stelle noch davon schwärmen, wie wunderbar bibliophil die Ausgabe vom Eichborn Verlag gestaltet wurde?
Ein großartiges Buch! Von Innen wie von Außen!

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Autor: Lesen... in vollen Zügen

Seit 20 Jahren arbeite ich als Buchhändlerin in München und seit 2017 gibt es nun "Lesen... in vollen Zügen". Hier möchte ich euch vorstellen, welche Bücher mich gerade bewegen. Meine Beträge verfasse ich im Plauderton, eben so, wie ich auch mit meinen Kunden im Laden ins Gespäch komme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktueller deutsch- und englischsprachiger Literatur. Aber ich bin auch ein großer Fan von schönen Illustrationen und stelle deshalb regelmäßig Graphic Novels und spannende illustrierte Sachbücher vor. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Haruki Murakami, Banana Yoshimoto und Amélie Nothomb. Außerdem mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema Leseverhalten in der Rubrik Mein Leben als Leser und plaudere aus dem Nähkästchen in Bekenntnisse einer Buchhändlerin. Wem jetzt aber die Züge bei "Lesen... in vollen Zügen" zu kurz kommen, der kann gerne bei In vollen Zügen nach… vorbei schauen. Hier berichte ich von meinen Zugreisen, den Büchern, die mich dabei begleiten, den Städten die ich besuche und natürlich auch von schönen Buchhandlungen, die es dort zu entdecken gibt.

7 Kommentare zu „Review: Washington Black“

  1. Oh, das Buch ist jetzt ganz oben auf meiner Liste. Nicht nur, dass mich bei Deiner ersten kurzen Vorstellung letztens der Titel (ja, ich gestehe, die Bilder sind wichtig, welch Überraschung,) gefallen hat, jetzt hat mich die vorgestellte Geschichte super neugierig gemacht.
    Ich mag es immer, wenn eine Geschicht mehr ist, Abenteuer, Auseinandersetzung mit Themen und Menschen, usw. Deswegen lese ich so gerne auch mal Kinder – und Jugendbücher, die haben das fast immer alles. (Sonst legt das jüngere Puplikum nämlich das Buch weg)
    Und auf das Interview bin ich sehr gespannt!
    Liebe Grüsse
    Nina

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