Review: Die Geschichte der Bienen

Trotz zig Empfehlungen von Kollegen habe ich „Die Geschichte der Bienen“ jetzt schon Monate vor mir hergeschoben…
Ich wusste, daß es ein Buch ist, das mich aufwühlen würde.
Und ich wusste, daß es ein Buch ist, das ich lesen muss.

England, 1852: Nachdem ihm bewusst wird, daß sein Traum, ein angesehener Wissenschaftler zu werden, wohl nie in Erfüllung gehen wird, verfällt William in Depressionen. Doch als er ein Buch über Imkerei neben seinem Bett findet erwacht sein Forschergeist von neuem. Er entwickelt neuartige Bienenstöcke, in der Hoffnung, die Imkerei zu revolutionieren und setzt dabei alles auf diese eine Karte…

USA, 2007: George führt eine kleine aber relativ erfolgreiche Imkerei. Diese ist schon seit Generationen in Familienbesitz, die Geschäfte laufen gut und George überlegt zu expandieren. Kummer bereitet ihm lediglich sein Sohn Tom, der von der Imkerei nichts wissen will und sich mehr und mehr von seinem Vater entfernt.
Doch eines Tages öffnet George seine Bienenstöcke und ist geschockt: fast all seine Bienen sind über Nacht gestorben.
Einen Grund dafür gibt es nicht. Der sogenannte Colony Collaps Disorder hat zugeschlagen. Forscher stehen vor einem Rätsel, Georges Firma vor dem Aus…

China, 2098: Nach dem Kollaps steht die Sichuan Provinz noch relativ gut da… Da die Bienen hier schon in die 1980er Jahren ausgestorben sind hat man rechtzeitig auf Handbestäubung umgestellt und so ist es möglich, die Bevölkerung halbwegs zu versorgen.
Tao arbeitet als Bestäuberin auf den endlosen Obstplantagen, doch für ihren kleinen Sohn Wei-Wen wünscht sie sich ein besseres Leben.
Eines Tages läuft Wei-Wen in den Wald und kollabiert kurz darauf. Zwar schafft es Tao ihn in ein Krankenhaus zu bringen, doch niemand erklärt ihr, was ihrem Sohn passiert ist. Der Wald wird zum militärischen Sperrgebiet und Wei-Wen nach Peking gebracht. Auf der Suche nach ihrem Sohn und Antworten macht sich Tao auf den Weg durch halb China und begreift, daß das was Wei-Wen zugestoßen ist die Geschichte der Menschheit erneut verändern könnte…

Diese drei Geschichten hängen relativ lose zusammen.
Ich mag ja Bücher, in denen erzählt wird, wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verknüpft sind. Das schafft Maja Lunde zwar nicht so gut, wie beispielsweise David Mitchell, aber ich war trotzdem sehr angetan von ihrem Erzählstil.

Als Mutter hat mich die Geschichte von Tao natürlich am meisten mitgenommen. Das Verschwinden seines Kindes ist der absolute Alptraum und es ist schon fast zynisch wie sehr man mit Tao leidet, während man das Verschwinden der Bienen eher resigniert betrachtet.

Im Vorfeld habe ich natürlich schon von dem rätselhaften Bienensterben gehört und auch von den Handbestäubern in China. Trotzdem habe ich alles nie so wirklich in Zusammenhang gesetzt.

„Die Geschichte der Bienen“ hat mich sehr betroffen gemacht.
Was kann man tun gegen scheinbar unaufhaltsame Katastrophen?
Und in was für einer Welt werden meine Söhne groß werden, wenn die Bienen tatsächlich komplett verschwinden sollten?
Passend dazu gab der Bund Naturschutz vor wenigen Wochen neue Zahlen heraus, bei denen klar wird, daß das Sterben der Fluginsekten absolut dramatische Ausmaße angenommen hat…

Dieses Buch ist keine Wohlfühllektüre, aber ein Buch, daß man gelesen haben sollte.
Aufrüttelnd, traurig und mit einem kleinen Schimmer Hoffnung.

Autor: Lesen... in vollen Zügen

Seit 20 Jahren arbeite ich als Buchhändlerin in München und seit 2017 gibt es nun "Lesen... in vollen Zügen". Hier möchte ich euch vorstellen, welche Bücher mich gerade bewegen. Meine Beträge verfasse ich im Plauderton, eben so, wie ich auch mit meinen Kunden im Laden ins Gespäch komme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktueller deutsch- und englischsprachiger Literatur. Aber ich bin auch ein großer Fan von schönen Illustrationen und stelle deshalb regelmäßig Graphic Novels und spannende illustrierte Sachbücher vor. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Haruki Murakami, Banana Yoshimoto und Amélie Nothomb. Außerdem mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema Leseverhalten in der Rubrik Mein Leben als Leser und plaudere aus dem Nähkästchen in Bekenntnisse einer Buchhändlerin. Wem jetzt aber die Züge bei "Lesen... in vollen Zügen" zu kurz kommen, der kann gerne bei In vollen Zügen nach… vorbei schauen. Hier berichte ich von meinen Zugreisen, den Büchern, die mich dabei begleiten, den Städten die ich besuche und natürlich auch von schönen Buchhandlungen, die es dort zu entdecken gibt.

26 Kommentare zu „Review: Die Geschichte der Bienen“

  1. Aus eben jenem Grund schiebe ich das Buch auch vor mir her. Mich macht das alles irgendwie nur noch betroffen, insbesondere wenn ich mir meine Töchter anschaue und mich frage, in was für einer Welt sie mal leben werden. Es ist einfach nur unbegreiflich, was der Mensch in wenigen Jahren der Natur für ein Leid hinzugefügt hat – und es scheint ja kein Ende in Sicht.

    Wir haben seit diesem Jahr damit begonnen unseren Garten und die angrenzenden Felder (Schwager ist Landwirt und besitzt ca. 72 ha) zu renaturieren bzw. Vogel- und Insektenfreundlich umzugestalten. Es wurden Bienenkästen angebracht, über 40 Bäume und mindestens ebenso viele Sträucher und Stauden gepflanzt. Damit wird man zwar keine Art retten können, aber ich denke, dass jedes bisschen hilft. Ein klein wenig Hoffnung habe ich auch, denn immer mehr Menschen in meinem Freundeskreis scheinen nun ebenfalls aufzuwachen und zumindest auf ihrem eigenen Grund und Boden gegenzusteuern. Eine Welt ohne Bienen – so weit darf es nicht kommen.

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    1. Vielleicht kannst du dich ja doch noch aufraffen, es zu lesen. Aber wie gesagt, gerade wenn man Kinder hat ist es wirklich nicht leicht.
      Es ist ganz wunderbar, daß ihr den Platz habt soviel für die Bienen machen zu können. Meine Familie hat nur einen kleinen Schrebergarten und daneben hat ein Imker seinen Bienenstock. Früher waren es mehr, aber es werden auch immer weniger. 😦

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      1. Für hilfreiche und praktische Anregungen zur Bienenförderung empfehle ich immer gerne die bienenfleißige und hummelsummende Webseite von Almuth: NATUR AUF DEM BALKON https://naturaufdembalkon.wordpress.com/
        Hier kann man bewundernd zuschauen (klasse Fotos) und mitlesen (heiter-informative Texte zu Nisthilfen und Nektarpflanzen), wie gut man die Welt auch auf kleinem Raum retten kann … und sich zu eigenem Mitwirken inspirieren lassen.
        Auch kleine Inselbiotope wirken mit und je mehr es davon gibt, umso besser.

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  2. Mich erinnert die Story stark an „Generation A“ von Coupland. Insgesamt ist nach so einer lektüre immer die Frage, was das Buch mit dir macht, also änderst du jetzt dein Verhalten oder unterstützt bestimmte Projekte oder Produkte? Würde mich interessieren 🙂

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    1. Ich weiß nicht, ob das Buch mein Verhalten groß ändert… Ich habe schon vor einiger Zeit weitestgehend auf plastik- bzw verpackungsfrei umgestellt, weshalb ich sehr viel regional vom Markt kaufe. Unseren Honig holen wir uns schon seit Jahren von einem Imker in der Nachbarschaft, weil mein Mann Heuschnupfen hat, da soll man ja am besten Honig aus der Umgebung essen. Die Milch die wir kaufen ist ausserdem „Bienen freundlich“, also die Bauern verpflichten sich genug Blumen stehen zu lassen und so. Wie das dann in der Praxis tatsächlich läuft kann ich natürlich nicht sagen, da steh ich nicht daneben, aber gut, daß es solche Projekte zumindest gibt.
      Auf dem Balkon lasse ich Kräuter blühen und stelle ein flaches Wasserschüsselchen für die Bienen dazu. Mehr fällt mir nicht wirklich ein. Aber das habe ich alles schon gemacht, lange bevor ich das Buch gelesen habe.

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      1. Woah das finde ich super gut! Eigentlich fänd eich es auch super, wenn in solchen Büchern am Ende auch Lösungsansätze wären – so kann man seinen Garten gestalten, darauf beim Honigkauf achten etc. Sonst lassen einen solche Sachen immer so ratlos zurück.
        Auf jeden Fall klingt das Buch besser als „Generation A“.

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      2. Ja. Ich hab das Buch auch zugemacht und mir gedacht: Und wo sind jetzt die Lösungen?!? 😱
        Naja… Es ist ja „nur“ ein Roman. Aber es ist ja schon mal erfreulich, daß der so lange so weit vorne in der Bestsellerliste ist. Je mehr Leute sich damit beschäftigen, desto mehr kann man letztendlich auch erreichen.

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  3. Klingt gut. Das könnte ich auch auf meine Leseliste setzen. Ich bin immer auf der Suche nach mal anderen Genres, hab bisher sehr sehr viel Krimis und Thriller gelesen und hab noch nicht so richtig eine andere Richtung gefunden, die mich fesselt.

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      1. Das wär ja nicht schlimm, wenns nicht so spannend ist, aber Hauptsache es packt mich. Ich versuchs einfach mal. Harry Potter ist auch nicht so spannend wie ein Thriller, aber ich konnte es trotzdem nicht aus der Hand legen und immer wieder lesen 🙂

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  4. Ich habe mir dieses Buch schon vor einiger Zeit besorgt, nachdem ich eine Rezension bei Ulrike Sokul gelesen hatte; es ist nun in meiner reading pipeline… 🙂
    Schön, deine Rezension plus persönliche Anmerkungen!
    Liebe Grüße vom Lu

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  5. Danke für die Rezension!
    Nun, was soll ich sagen, mir geht es ähnlich. Seit einer gefühlten Ewigkeit – immerhin ist das Buch bereits im März herausgekommen – schiebe ich es in meinem SuB vor mir her. So richtig heran getraut habe ich mich noch nicht und wenn ich nun lese, dass es doch auch recht bedrückend ist, ermuntert es mich nicht gerade. 😉
    Das Thema ist aber wichtig, auch vor dem Hintergrund der vor kurzem veröffentlichten Zahlen zum Insektensterben.
    Aber völlig unabhängig von Buch und Meldungen haben wir in unserem Garten nach Möglichkeit das ganze Jahr über blühende Pflanzen und Versteckmöglichkeiten für Insekten, Igel und Co. Sieht ja auch schön aus!
    Grüße, Andre

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    1. Trau dich auf jeden Fall mal ran. Es ist nämlich wirklich so ein wichtiges Buch!
      Aber vielleicht ist es besser zu warten, bis man in guter Stimmung ist. Wenn man gerade eh die Wintermelancholie hat muss man sich ja nicht unbedingt etwas antun, was einen runterziehen könnte.

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