Review: Midnight Blue

Holland im 17. Jahrhundert:
Nach dem frühen Tod ihres Mannes hält Catrin nichts mehr in dem kleinen Dörfchen, in dem sie geboren wurde. Also heuert sie als Haushälterin bei den reichen van Nulandts in Amsterdam an. Die Herrin des Hauses hat künstlerische Ambitionen und bald darf ihr Catrin, die selbst gerne zeichnet, assistieren.
Doch ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit holt Catrin in Amsterdam ein und so flüchtet sie zu van Nulandts Bruder nach Delft. Dieser sucht Porzellanmaler für seine Manufaktur und Catrin sieht ihre Chance gekommen, aus ihrer heimlichen Leidenschaft einen Beruf zu machen…

Obwohl ich mit historischen Romanen zuweilen auf Kriegsfuß stehe, hat mir „Midnight Blue“ (Nachtblau) wirklich sehr gefallen.

…Und ich möchte jetzt niemandem auf den Schlips treten, der historische Romane liebt!
Früher habe ich selbst fast nichts anderes gelesen.
Doch mit der Zeit hatte ich immer mehr das Gefühl, daß sich die meisten dieser Bücher in zwei Kategorien einteilen ließen: eine schöne, junge Frau wird zum Spielball der Mächtigen oder eine schöne, junge Frau setzt sich über alle Konventionen ihrer Zeit hinweg und wird zur Heldin.

Mit der Zeit habe ich einfach angefangen, mich zu fragen, was wohl all die Frauen machen, die nicht jung und schön sind und die keine Heldinnen sein können.

„Midnight Blue“ erzählt von so einer Frau.
Catrin ist kein unbedarftes Ding, das ihrem Retter in die Arme sinkt und sie ist auch keine Amazone, die den Lauf der Weltgeschichte verändert.
Sie ist eine ganz normale Frau, die ihr Schicksal selbst bestimmt, aber immer innerhalb den Konventionen ihrer Zeit.

Vielleicht wäre die Geschichte spannender, wenn Catrin eine Kämpferin, Priesterin oder Päpstin wäre. Für mich war es einfach schön, ein Buch über eine spannende Zeit aus der Sicht einer ganz normalen Frau zu lesen.

Deutscher Titel: Nachtblau

Autor: Lesen... in vollen Zügen

Seit 20 Jahren arbeite ich als Buchhändlerin in München und seit 2017 gibt es nun "Lesen... in vollen Zügen". Hier möchte ich euch vorstellen, welche Bücher mich gerade bewegen. Meine Beträge verfasse ich im Plauderton, eben so, wie ich auch mit meinen Kunden im Laden ins Gespäch komme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktueller deutsch- und englischsprachiger Literatur. Aber ich bin auch ein großer Fan von schönen Illustrationen und stelle deshalb regelmäßig Graphic Novels und spannende illustrierte Sachbücher vor. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Haruki Murakami, Banana Yoshimoto und Amélie Nothomb. Außerdem mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema Leseverhalten in der Rubrik Mein Leben als Leser und plaudere aus dem Nähkästchen in Bekenntnisse einer Buchhändlerin. Wem jetzt aber die Züge bei "Lesen... in vollen Zügen" zu kurz kommen, der kann gerne bei In vollen Zügen nach… vorbei schauen. Hier berichte ich von meinen Zugreisen, den Büchern, die mich dabei begleiten, den Städten die ich besuche und natürlich auch von schönen Buchhandlungen, die es dort zu entdecken gibt.

10 Kommentare zu „Review: Midnight Blue“

      1. Coveropfer – das muss ich mir auf jeden Fall merken 😀
        Na dann hoff ich, dass du bald nach Holland kommst und deine Zeit dort in vollen Zügen genießen kannst 😉

        Liebe Grüße und eine schöne Woche,
        Smarty

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    1. Uuuh… Das ist schon mehr als zwanzig Jahre her, seit ich den Medicus gelesen habe… Jetzt fühl ich mich alt. 😂
      Wenn ich mich recht erinnere (und die Erinnerung kann natürlich vom Film getrübt worden sein) waren Frauen auch eher Beiwerk, die vor irgendwem oder irgendwas gerettet werden mussten… Aber wie gesagt… Nach über zwanzig Jahren möchte ich da nicht mehr die Hand dafür ins Feuer legen. 😉

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  1. Du erinnerst dich richtig. Bei der Medicus-Trilogie stehen zweimal Männer im Mittelpunkt. Erst im dritten Teil Choices (Die Erben des Medicus) ist der hellsichtige Arzt eine Ärztin, die Geschichte spielt in der Gegenwart und der historische Zauber ist dahin.

    Wenn ich dich richtig interpretiere, vermisst du an historischen Romanen die interessanten Frauen in zentralen Rollen. Ich liebe historische Romane und hab kurz mal die in letzter Zeit Gelesenen Revue passieren lassen: ausgezeichnete Autor_innen aus diesem Genre, beispielsweise Robert Harris oder Hilary Mantel, die bei ihren Geschichten sehr nahe an der Realität bleiben, beschäftigen sich meistens mit Männern, aber das liegt ganz offensichtlich daran, dass die Hauptakteure im realen Leben vor allem Männer waren. Ausnahmen fallen mir leider auch keine ein – sobald Frauen im Mittelpunkt stehen, siegt Herz-Schmerz. Das gilt sogar für renommierte Historikerinnen wie Alison Weir (leider nicht ins Deutsche übersetzt), die ausgezeichnete Biographien über historische Frauengestalten geschrieben hat: Auch ihr fundiertes historisches Wissen hindert sie nicht daran, tief in die Drama-und-Romantik-Kiste zu greifen. Offensichtlich gefällt das dem Publikum am besten. Bei mir kommt Midnight Blue jedenfalls auf die Wunschliste, danke für den Tipp.
    Niamh

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    1. Ah… Gut daß du es erwähnst… Von Alison Weir hab ich tatsächlich noch die Mary Boleyn Biografie auf meinem SUB!
      Vor zwölf Jahren hat mich nämlich The Other Boleyn Girl begeistert, aber die anderen Romane von Philippa Gregory fand ich dann nicht mehr so spannend wie das.
      Aber ja… Irgendwann hatte ich bei historischen Romanen das Gefühl, daß ein Großteil eher Groschenromane in anspruchsvoll wirkendem Gewand sind. Manchmal braucht man das auch… Ein bißchen Herzschmerz und Kitsch, aber mit der Zeit war ich eher genervt.

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  2. Ich finde auch, es darf ruhig mal ein bisschen trivial sein, aber dann bitte eher lustig. Mary Boleyn wird dir sicher gefallen, toll waren auch die Biografien von Eleanor of Aquitaine – für mich ist sie die faszinierendste historische Frauengestalt überhaupt – und die weniger bekannte Isabella of France. Viel Spaß beim Lesen und herzliche Grüße!
    Niamh

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