Review: Das Wunder

„Das Wunder“ ereignet sich in einem kleinen irischen Dörfchen, Mitte des 19. Jahrhunderts: Die elfjährige Anna O’Donnell hat seit vier Monaten keine Nahrung mehr zu sich genommen und ist dennoch gesund und munter.
Von Nah und Fern kommen Pilger, um das kleine Wunder mit eigenen Augen zu sehen, doch es gibt auch Zweifler…
Also beschließt man, Anna rund um die Uhr bewachen zu lassen, um entweder das Wunder zu bestätigen, oder den Betrug aufzudecken.
Die englische Krankenschwester Lib Wright ist eine der beiden Wächterinnen und von Natur aus skeptisch. Sie mag an kein Zeichen göttlicher Macht glauben, doch selbst nach Tagen der ununterbrochenen Überwachung kann sie keinen Betrug feststellen.
Aber dann geht es Anna plötzlich immer schlechter und Lib wird klar, daß ihre Wache Ereignisse ins rollen gebracht hat, die das Mädchen das Leben kosten könnten…

In meiner Monatsübersicht habe ich ja schon geschrieben, daß meine Erfahrungen mit Emma Donoghue sehr gemischt waren: „Room“ („Raum“) hat mich absolut geplättet. Ich habe es in zwei Tagen durchgelesen und hatte danach den schlimmsten Sonnenbrand meines Lebens, weil ich meine Nase nicht mehr aus diesem Buch bekommen habe.
Ein Jahr später hatte ich dann „The Sealed Letter“ gelesen und war in erster Linie gelangweilt.
Als dann aber die ersten Bücher des neuen Wunderraum Verlages bei uns in der Buchhandlung eintrudelten, war ich gleich sehr begeistert von der wunderbaren Ausstattung: glänzendes Halbleinen, eine schöne Folienprägung, gemustertes Vorsatzpapier und ein Lesebändchen mit der Aufschrift „Lesepause“…
Da lacht das Buchhändlerherz!

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Deshalb wollte ich schnell ein Buch dieses Verlages lesen und hielt es für eine gute Gelegenheit Emma Donoghue noch eine Chance zu geben. 😉

Tatsächlich hatte ich die ersten vierzig bis fünfzig Seiten ein wenig mit „Das Wunder“ zu kämpfen… Das Setting war einfach so trist und trostlos, daß ich schon befürchtete, ich würde mich ähnlich langweilen, wie bei „The Sealed Letter“.
Doch nach und nach wurde das Buch immer spannender… und das obwohl kaum etwas passiert: Lib tut eigentlich nichts anderes als Anna beim Beten und Fasten zuzuschauen und trotzdem fiebert man mit.
Welcher Trick könnte hinter allem stecken? Kann man der anderen Wächterin trauen? Warum tut der Arzt nichts? Warum tut eigentlich niemand etwas, um diesem Kind zu helfen?!?
Gegen Ende habe ich teilweise schon die Hände hochgeworfen und das Buch regelrecht angeknurrt, so sehr hat mich die Geschichte mitgenommen!

Ich bin also wirklich froh, daß ich Emma Donoghue noch nicht abgeschrieben hatte, denn ich liebe Bücher, bei denen man so mitfiebert, daß man alles andere vergisst.

PS: Sogenannte Hungermädchen gab es – besonders im viktorianischen Zeitalter – wirklich. Wenn sie allerdings den Beweis antreten sollten, daß sie wirklich ohne Nahrung überleben konnten endete die Geschichte entweder mit der Aufdeckung des Betrugs oder dem Tod des Kindes. Ein spannendes Thema, von dem ich bis dahin noch nie gehört hatte.

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Autor: Lesen... in vollen Zügen

Seit 20 Jahren arbeite ich als Buchhändlerin in München und seit 2017 gibt es nun "Lesen... in vollen Zügen". Hier möchte ich euch vorstellen, welche Bücher mich gerade bewegen. Meine Beträge verfasse ich im Plauderton, eben so, wie ich auch mit meinen Kunden im Laden ins Gespäch komme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktueller deutsch- und englischsprachiger Literatur. Aber ich bin auch ein großer Fan von schönen Illustrationen und stelle deshalb regelmäßig Graphic Novels und spannende illustrierte Sachbücher vor. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Haruki Murakami, Banana Yoshimoto und Amélie Nothomb. Außerdem mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema Leseverhalten in der Rubrik Mein Leben als Leser und plaudere aus dem Nähkästchen in Bekenntnisse einer Buchhändlerin. Wem jetzt aber die Züge bei "Lesen... in vollen Zügen" zu kurz kommen, der kann gerne bei In vollen Zügen nach… vorbei schauen. Hier berichte ich von meinen Zugreisen, den Büchern, die mich dabei begleiten, den Städten die ich besuche und natürlich auch von schönen Buchhandlungen, die es dort zu entdecken gibt.

5 Kommentare zu „Review: Das Wunder“

  1. Die Bücher vom Wunderraum Verlag sind wirklich wunderschön! Ich habe auf der Seite des Verlags auch vor einiger Zeit mal im diesjährigen Programm gestöbert und bin sehr, sehr beeindruckt von all den Geschichten, die man dort finden kann. „Das Wunder“ ist mir dabei auch ins Auge gesprungen – mal sehen, wann ein Wunderraum-Buch bei mir einziehen darf. 🙂
    Liebste Grüße,
    Ida

    Gefällt 2 Personen

  2. Die anderen Bücher der Autorin habe ich noch nicht gelesen, aber „The Wonder“ hat mich auch absolut mitgerissen, obwohl es wirklich langsam anfängt. „Raum“ landet jetzt definitiv auf meiner Leseliste und ich bin gespannt, ob es mir genau so gut gefallen wird. 🙂

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  3. Oh, diesen Verlag kannte ich noch gar nicht! Das Buch ist ja wirklich wunderschön! 🙂 „Raum“ hat mich auch stark in seinen Bann gezogen und lange nicht losgelassen. „Das Wunder“ klingt wirklich vielversprechend und kommt definitiv auf meine Liste.
    Liebe Grüße, Hannah

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