Zum ersten Mal bin ich in Unorthodox über „Ein Baum wächst in Brooklyn“ gestolpert. Da wird es als eines der Bücher erwähnt, die Deborah Feldman verbotenerweise gelesen hat.
Letztes Jahr hat dann der Insel Verlag diesen modernen Klassiker aus den 1940er Jahren neu entdeckt und übersetzt.
Eine liebe Kollegin war schwer begeistert von diesem Buch, eine andere zuckte die Schultern und meinte: „Ach jaaa, ganz nett aber ein bißchen arg betulich.“
Ich wollte mir gerne eine eigene Meinung bilden und bin jetzt endlich dazu gekommen, „Ein Baum wächst in Brooklyn“ selbst zu lesen.
Die Geschichte beginnt in Williamsburg, Brooklyn im Jahr 1912:
Die dreizehnjährige Francie Nolan wächst in recht ärmlichen Verhältnissen auf, doch sie und ihre Familie sind auf ihre Weise glücklich. Es sind die kleinen Dinge des Lebens, die sie erfreuen und die sie optimistisch in die Zukunft blicken lassen.
Doch nicht immer meint es das Schicksal gut mit ihnen… Francies Vater ist schwer Alkoholkrank und so ist sie schon bald darauf angewiesen selbst Geld zu verdienen, dabei ist es doch ihr größter Wunsch, einen Schulabschluss zu machen und sogar zu studieren.
Die Chancen dafür stehen nicht gut, doch die Familie Nolan kämpft sich unerschütterlich im Leben voran, immer in der Hoffnung, daß es die Kinder eines Tages besser haben sollen als man selbst…
Nun muss ich zuerst einmal sagen, daß in diesem Buch mit immerhin über 600 Seiten nicht viel weltbewegendes passiert. Vielmehr begleitet man die Familie Nolan etwa fünf Jahre lang und lernt alle Mitglieder kennen und lieben.
Besonders Francies Tanten sorgen für wunderbare Geschichten und Anekdoten, bei denen ich immer wieder schmunzeln und sogar laut lachen musste.
Ist „Ein Baum wächst in Brooklyn“ nun also ein Lieblingsbuch oder arg betulich?
Ich würde sagen, es ist ein bißchen was von beidem.
Es ist ein wirklich wunderbares, aber sehr ruhiges Buch, bei dem man keinen großen Spannungsbogen erwarten darf. Trotzdem fesselt die Geschichte durch ihre liebenswerten Charaktere.
Ein bißchen war ich an „Die Asche meiner Mutter“ erinnert, allerdings ohne die tieftraurigen Momente, oder an „Paris – Ein Fest fürs Leben“, aber ohne zu kitschig zu werden.
Es ist eine Hymne auf die kleinen Leute, darauf, daß man im Leben nicht viel braucht, um glücklich zu werden, solange man es mit den richtigen Menschen teilt.
„Ein Baum wächst in Brooklyn“ ist ein wirklich schönes, ruhiges, witziges und auch ein wenig betuliches Buch.
Ich habe es sehr geliebt.