Ach, April… (Heute mit einer sehr persönlichen Geschichte)

Ach, der April…
Das Wetter schwankt zwischen Tagen, die so warm sind, daß man kaum ohne Sonnenschirm auf dem Balkon sitzen kann und welchen mit Schneegestöber. Mein Kopf fühlt sich wie in Watte gepackt an, was vielleicht am Wetter liegt, oder auch daran, daß ich meine freie Woche nicht etwa mit dem pünktlichen zusammenschreiben meiner April-Bücher verbracht habe, sondern damit, meine Oma auf ihrem letzten Weg zu begleiten.

Meine Oma ist neunzig Jahre alt geworden und hatte ein recht erfülltes Leben, trotzdem fiel mir der Abschied schwer, weil wir uns im letzten Jahr nur zweimal sehen konnten.
An dem Tag, an dem wir meine Oma ins Pflegeheim brachten, waren wir alle traurig und ich versprach ihr, sie jede Woche zu besuchen. Am folgenden Wochenende wurde der erste Lockdown verhängt und so wurde nichts aus diesem Versprechen…
Natürlich war ich unheimlich froh, zu wissen, daß meine Großmutter gut versorgt wurde. Trotzdem: Gebrochene Versprechen – selbst wenn man nichts dafür kann – drücken sehr aufs Gemüt.
Im Sommer musste meine Oma für ein paar Tage ins Krankenhaus, wo mehr als nur eine Kontaktperson zugelassen war. Als ich sie dort besuchte, sagte sie mir, daß sie nur noch einmal gerne die Kinder sehen wollte. Es war Sommer, die Fallzahlen sanken und ich war naiv genug zu glauben, daß es kein Problem sein dürfte, meine Oma spätestens an Weihnachten zu uns zu holen. – Tja, ich war jung und dumm.
Als klar wurde, daß ich weder meine Oma aus dem Pflegeheim holen, noch meine Kinder hineinbringen konnte, begannen meine Mutter, die als Kontaktperson ins Pflegeheim durfte, die Pflegerinnen und ich einen Plan auszuhecken, daß meine Großmutter und meine Kinder sich doch noch einmal sehen konnten.
Letztendlich schafften wir es an Heiligabend, für ein paar Minuten zusammen  zu sein, wenn auch nur durch eine dicke Glasscheibe.
Ich weiß, daß viele den Kopf darüber schütteln, wie schwierig es ist, derzeit Treffen mit Personen in Pflegeeinrichtungen zu arrangieren, aber ich hatte immer absolutes Verständnis für die Vorsichtsmaßnahmen, die im Pflegeheim getroffen werden mussten. Dort sind eben nicht nur Menschen, die ohnehin nur noch ein Weihnachtsfest vor sich haben, das sie gerne mit ihrer Familie verbringen würden, sondern auch viele Patienten die nur in Kurzzeitpflege sind und auch die Pflegekräfte, die wirklich unglaubliche Arbeit leisten und die sich unfassbar lieb um meine Oma gekümmert haben.
Solche Menschen zu schützen darf man in dieser Situation nie aus den Augen verlieren.

Als dann letzte Woche die sogenannte „Sterbesituation“ eintrat, durften meine Mutter und ich dann auch auf die Station. Natürlich nicht ohne jeden Tag getestet zu werden.
Ich bin unheimlich dankbar, daß ich diese Tage noch mit meiner Oma verbringen konnte, auch wenn sie gegen Ende hin hauptsächlich schlief.
Ihre letzte Bitte an mich: „Immer schön die Blumen auf meinem Grab gießen.“ – Ach, Oma. Ja, mach ich.

Keine Ahnung, wie ich jetzt die Brücke zurück zu meinen April-Büchern schlagen soll, aber wie das Wetter, so hat auch mein Leseverhalten in der letzten Woche extrem geschwankt. Von 0 bis 300 Seiten an einem Tag war alles dabei, je nachdem, ob ich die Ablenkung dringend brauchte, oder ich meinen Gedanken nachgehangen bin.
Dementsprechend habe ich die Hälfte meines Aprilstapels dann auch schon gelesen.

Beginnen wir doch mit dieser Schönheit: „Frühling“ von Ali Smith.
Nach „Herbst“ und „Winter“ ist „Frühling“ der dritte Teil von Smiths Jahreszeitenquartett und während ich bei „Herbst“ ständig das Gefühl hatte, daß die Handlung an mir vorbeiplätscherte, habe ich „Winter“ regelrecht durchgesuchtet und nicht verstehen können, warum diese Frau noch keinen Literaturnobelpreis hat. – Vielleicht hört sich das jetzt übertrieben an, aber so etwas Kreatives und erzählerisch verspieltes habe ich selten gelesen.
Jetzt bin ich auf „Frühling“ gespannt. Für manche ist es der beste, für andere der schlechteste Teil des Quartetts. Mal sehen, in welche Richtung ich tendiere.

An den nächsten Romanen kommt man in diesem Frühjahr nicht vorbei: „Über Menschen“ von Juli Zeh und „Der große Sommer“ von Ewald Arenz.
„Über Menschen“ erinnert von Titel her natürlich sehr an „Unterleuten“ und auch dieses Buch handelt vom Stadt-Land-Gefälle, allerdings geht es hier auch um völlig neue Themen.
Wer sich vorher gefragt hat, in welchem Buch ich denn 300 Seiten am Stück gelesen habe: in „Über Menschen“!
Bald gibt es dann eine ausführliche Rezension von mir.
„Der große Sommer“ ist das neuste Buch von Ewald Arenz, der ja mit „Alte Sorten“ ein Buch geschrieben hat, das für viele Leser zum absoluten Lieblingstitel wurde. Ich muss ganz ehrlich sagen, daß ich „Alte Sorten“ noch gar nicht gelesen habe. – Vermutlich, weil die Erwartungshaltung inzwischen zu hoch ist. Wer kennt das nicht?
Wenn es dann hoffentlich bald wieder wärmer wird, werde ich mich aber definitiv dem „Großen Sommer“ widmen.

Zwei weitere Titel, die dieses Frühjahr in aller Munde sind, kommen aus dem KiWi Verlag: „Eurotrash“ von Christian Kracht und „Komplett Gänsehaut“ von Sophie Passmann.
Nach 25 Jahren hat Kracht mit „Eurotrash“ die Fortsetzung von „Faserland“ vorgelegt, welches ich damals am Anfang meiner Ausbildung als Hörbuch gehört (als Kassetten auf meinem knallgelben Walkman, während ich durch die Gegend geradelt bin, weil ich noch keinen Führerschein hatte) und leidenschaftlich gehasst habe!
Als Andi „Faserland“ im Seite an Seite-Podcast mit Leif Randts „Allegro Pastell“ verglich, konnte ich das nicht unterschreiben. „Allegro Pastell“ troff vor Ironie, während ich „Faserland“ furchtbar selbstgefällig fand.
Nun habe ich allerdings die leise Hoffnung, daß sich „Eurotrash“ selbst nicht so schrecklich ernst nimmt; der erste Absatz scheint das zumindest nahezulegen.

Ebenfalls knallgelb und als ganz großartiges Hörbuch kommt „Komplett Gänsehaut“ von Sophie Passmann daher. (Was für eine Überleitung!)
Ihre Titel „Alte weiße Männer“ und „Frank Ocean“ hat Sophie ebenfalls selbst eingesprochen und wurden von mir gehört und geliebt, „Komplett Gänsehaut“ fand ich dann als Hörbuch so unfassbar witzig und böse, daß ich auch unbedingt das Buch besitzen wollte.
Auch zu diesem Titel gibt es schon bald eine Rezension.

Zu guter Letzt gibt es noch eine wunderschöne neue Graphic Novel von Tillie Walden: „Auf einem Sonnenstrahl“.
Es geht um eine Crew von Weltraumruinen-Restauratoren, was sich zunächst erstmal recht seltsam anhört, aber in erster Linie für ein traumhaftes Setting sorgt. Es geht um Freundschaft, Liebe und die Suche nach uns selbst. Wie immer erzählt Tillie Walden jenseits von heteronormativen Erzählstrukturen und schreibt, bzw zeichnet sich damit einfach direkt in mein Herz.
Eine große Empfehlung für alle Fans von Graphic Novels!

Ich hoffe, es geht euch allen gut und ihr und eure Lieben kommt gut durch die Zeit.
Passt aufeinander auf und fühlt euch fest umarmt, wenn ihr gerade jemanden vermisst.

Alles Liebe,
Andrea

 

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Review: Winter

Nachdem Ali Smiths Jahreszeitenquartett ja im englischsprachigen Raum große Erfolge gefeiert hat und auch diverse BookTuber aus dem Schwärmen nicht mehr herausgekommen sind, wollte ich diese Bücher so sehr lieben, wie alle anderen, doch der erste Teil „Herbst“ ließ mich etwas ratlos zurück.
Natürlich beeindruckte mich Smiths unheimlich dichter Erzählstil, doch ich hatte oft das Gefühl, der Handlung, die oft auf verschiedenen Metaebenen geführt wurde, nicht immer folgen zu können.
Deshalb war ich ein wenig hin- und hergerissen, ob ich denn nun beim Jahreszeitenquartett weiterlesen sollte. Als mir dann aber „Winter“ eher unerwartet in die Hände fiel, dachte ich: „Das ist ein Zeichen. Du solltest dem ganzen noch eine Chance geben!“.
Diese Chance habe ich definitiv nicht bereut, denn „Winter“ hat mich quasi im Alleingang aus einer schlimmen lockdownbedingten Leseflaute herausgerissen.

Arthur, genannt Art, ist ein relativ erfolgreicher Nature Writing Blogger. Doch  was die wenigsten wissen ist, daß all die stimmungsvollen Beiträge, in denen er von seinen Erlebnissen in der Natur berichtet und die er auf „Art in Nature“ teilt, allesamt frei erfunden sind.
Daß Art ein ziemlicher Blender ist, bringt seine Freundin Charlotte eines Tages derart in Rage, daß sie ihm nicht nur den Laufpass gibt, sondern auch noch seinen Laptop zerstört, seinen Twitter Account hackt und in seinem Namen einen Shitstorm nach dem anderen auslöst.
Um Charlotte nicht wenigstens auch noch die Befriedigung zu geben, am Heiligabend alleine bei seiner Mutter auftauchen zu müssen, heuert Art kurzentschlossen eine junge Frau namens Lux an, die er an einer Bushaltestelle kennenlernt. Die soll beim gemeinsamen Weihnachtsessen als Charlotte auftreten, doch als das vorgebliche Paar im Landhaus von Arts Mutter Sophia eintrifft, finden sie die ältere Frau in einem ziemlich desolaten Zustand vor.
Lux überredet Art Sophias Schwester, seine Tante Iris, anzurufen und um Hilfe zu bitten, doch Art ahnt, daß dies eine schlechte Idee sein könnte; immerhin haben die beiden Schwestern seit dreißig Jahren nicht mehr miteinander gesprochen.

Sophia kämpft derweil mit ihren eigenen Dämonen, beziehungsweise der Halluzination eines Kopfes, der sie ständig verfolgt. Als also ihr Sohn, seine Freundin und ihre Schwester plötzlich alle in ihrem Haus auftauchen, ist sie alles andere als glücklich über diesen Weihnachtsbesuch…

In Rückblenden erfahren wir auch vom Leben der beiden Schwestern, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Sophia, die sehr konservative Ansichten hat und sich mit ihrem ererbten Reichtum Sonderbehandlungen erkauft und Iris, die ihr Leben lang in Kommunen gelebt hat und nun in den Auffanglagern im Mittelmeerraum unterwegs ist, um den Geflüchteten dort zu helfen.

Ali Smiths Jahreszeitenquartett ist ein Kommentar auf die politischen Entwicklungen in der Welt und im Besonderen in Großbritannien.
So ist beispielsweise Sophias riesiges Landhaus, in dem sie angeblich keinen Platz für die Verwandten hat und sie stattdessen bittet, in der Scheune zu übernachten, eine unverhohlene Kritik an der britischen Flüchtlingspolitik oder Charlotte, die mit den Falschmeldungen, die sie auf Arts Plattformen verbreitet, eine Anspielung auf Fake News und Alternative Facts, die ein unerwartetes Eigenleben entwickeln.

Wie andere Werke von Smith strotzt „Winter“ nur so von politischen, aber auch literarischen und mythologischen Anspielungen und Wortspielen, die man vielleicht manchmal in der deutschen Übersetzung nicht sofort begreift, über die man sich jedoch unheimlich freut, wenn sie einem dann doch ins Auge stechen.

Auch stilistisch hat mich Ali Smith hier noch einmal sehr begeistern können. Immer wider benutzt sie erzählerische Kniffe, die ich so noch nie gelesen habe, wie beispielsweise als sich Art und Lux kennenlernen und sich derart fremd sind, daß man zuerst Arts Teil des Dialoges liest und danach dann Luxs Antworten und man sich das Gespräch im Kopf zusammenpuzzeln muss, was ich unheimlich kreativ und witzig fand.

Während ich also nach der Lektüre von „Herbst“ noch etwas unentschlossen war, bin ich nun nach „Winter“ absolut begeistert von Ali Smiths Romanreihe und freue mich schon sehr auf „Frühling“, den dritten Teil des Quartetts, der Ende des Monats erscheinen wird.
Die einzelnen Bände bauen übrigens inhaltlich nicht aufeinander auf. Angeblich sollen die Protagonisten der verschiedenen Bände zwar im letzten Band „Sommer“ auftauchen, die Reihenfolge davor kann jeder Leser aber selbst wählen.

Meine Rezension von „Herbst“ findet ihr übrigens hier:

Review: Herbst

 

Durch den düsteren Dezember

Ein wirklich seltsames Jahr geht zu Ende und niemand kann so wirklich sagen, wie das nächste weitergehen wird.
Was sich für mich im Dezember aber schon mal ändert ist, daß ich aktuell keinen Lesedruck habe, was den Podcast angeht.
Seite an Seite geht nach einer Weihnachts-Spezial-Folge erst einmal in Winterpause, was für mich bedeutet, daß ich nach neun Monaten, in denen ich fast ausschließlich für den Podcast gelesen habe, endlich einmal wieder nur für mich lesen kann, ohne mir dabei Gedanken zu machen, wie man diese Geschichte gut in fünf Minuten erzählen kann ohne zu spoilern, oder schwierige Themen nicht ausreichend oder sensibel genug zu besprechen.
Es haben sich wirklich viele Titel angesammelt, die ich angelesen und wieder abgebrochen habe, weil sich nicht wirklich in den Podcast gepasst haben, oder weil ich keine Zeit hatte, dickere Bücher zu lesen.
Jetzt habe ich mir vorgenommen, diese Romane endlich einmal alle fertig zu lesen, trotzdem gibt es auch wieder einige Titel, die ich noch unbedingt im Dezember lesen möchte. Mal sehen, wie weit ich mit meinem Stapel komme!

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Den Anfang macht ein Titel, der einfach perfekt zur Jahreszeit passt: „Winter“ von Ali Smith.
„Winter“ ist der zweite Teil ihres Jahreszeiten-Quartetts, von dem ich bereits letztes Jahr „Herbst“ gelesen habe. Die beiden Teile hängen wohl nicht direkt zusammen, Gerüchten zufolge sollen die verschiedenen Geschichten erst im letzten Band „Sommer“ zueinander finden.
Smiths Schreibstil fordert zwar definitiv meine ganze Aufmerksamkeit, trotzdem begeistern mich ihre Charaktere und ihr trockener Humor.

Deutlich leichter, aber ebenso magisch ist der Stil von Nina LaCour, deren neustes Buch „Watch Over Me“ ich mir gleich auf Englisch kaufen musste.
Vor zwei Jahren las ich ebenfalls im Dezember ihren Roman „We Are Okay“ („Alles okay“), was die perfekte Lektüre für diesen Monat war, denn die Geschichte spielte auch während eines verschneiten Dezembers, was ein unheimlich schönes Leseerlebnis war.

In „Watch Over Me“ geht es wieder um eine Außenseiterin, die eine Job auf einer abgelegenen Farm annimmt, auf der es spuken soll. Eine richtig tolle Geschichte für diese düstere Jahreszeit!

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Eine weitere mystische Geschichte ist „Piranesi“ von Susanna Clarke.
Vor 15 oder 16 Jahren las ich ihr Mammutwerk „Jonathan Strange & Mr. Norrell“, eine unheimlich umfangreiche und literarisch ansprechende Geschichte über die Rivalität von zwei Zauberern. Dank der über tausend Seiten und der unzähligen (winzig gedruckten) Fußnoten brauchte ich eine gefühlte Ewigkeit, um dieses Buch zu beenden und auch wenn es seine Längen hatte, schuf Susanna Clarke in meinem Kopf Bilder, die ich nie vergessen konnte.

In „Piranesi“ geht es um einen Mann, der in einem magischen Haus lebt, das fast in eigenes Universum (mit einem Ozean und eigenem Wetter) ist. Während meiner Quarantäne hätte ich so ein großes Haus gut gebrauchen können!

Auf „Was der Fluss erzählt“ von Diane Setterfield bin ich auch schon wirklich gespannt. Ihr Debütroman „Die dreizehnte Geschichte“ ist eines meiner Lieblingsbücher. Ihr zweites Buch „Aufstieg und Fall des Wollspinners William Bellman“ dagegen hat mich wirklich enttäuscht.
Natürlich haben es Folgewerke von persönlichen Favoriten immer schwer, vielleicht ist es also ganz gut, daß meine Erwartungen an „Was der Fluss erzählt“ nicht besonders hoch sind.

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Ein Titel in den ich leider jetzt schon sehr hohe Erwartungen setze, ist „Hard Land“, der neuste Roman von Benedict Wells. „Vom Ende der Einsamkeit“ ist eines meiner liebsten Bücher der letzten Jahre, die Messlatte liegt also extrem hoch.
Das Buch erscheint erst am 24.02.2021, aber auch wenn mein Lesestapel eigentlich schon hoch genug ist, muss es erlaubt sein, eine Neuerscheinung aus dem nächsten Frühjahr zu lesen, wenn sie von einem Lieblingsautor kommt.

Ebenfalls aus dem Hause Diogenes stammt das neue Buch von Bernhard Schlink. Ich habe zwar schon mehrere Romane von ihm gelesen, „Abschiedsfarben“ sind aber nun Kurzgeschichten.
Ich bin jedenfalls gespannt!

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Die nächsten zwei Titel könnte man wohl als Sachbücher bezeichnen, auch wenn sich „Männer in Kamelhaarmänteln“ wohl keiner eindeutigen Kategorie zuordnen lässt.
Darin erzählt Elke Heidenreich in kurzen Episoden von Kleidungsstücken, die in ihrem Leben eine wichtige Rolle gespielt haben.

Mackenzie Lee hat mich letztes Jahr mit ihrer rotzfrechen Schreibe in „Kick-Ass Women“ begeistert, jetzt ist ihr neustes Sachbuch „Eine Weltgeschichte in 50 Hunden“ erschienen.
Gerade fällt mir übrigens ein, daß ich den Vorgänger bei einem außerplanmäßigen Besuch im Krankenhaus beendet habe. – Hoffentlich bleibt mir das bei diesem Buch erspart!

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Und dann gibt es auch noch zwei weihnachtliche Titel.

„Das Wunder von R.“ von Francesca Cavallo (der Co-Autorin von „Good Night Stories for Rebel Girls“) ist gerade im neuen Mentor Verlag erschienen.
Besonders schön: In dieser Weihnachtsgeschichte ab 8 Jahren geht es um eine Familie mit zwei Mamas.

Deutlich gruseliger kommt dagegen die Graphic Novel „Der Speichermann“ von Kai Meyer – illustriert von Jana Heidersdorf – daher.
Ehrlich gesagt habe ich schon beim Durchblättern ein bißchen Angst bekommen, aber die Illustrationen sind auch ganz wunderbar schaurig.

Mal sehen, wie weit ich mit all den neuen Büchern und dem halb gelesenen Stapel komme. Ich wünsche euch allen jedenfalls eine schöne Vorweihnachtszeit!

Eure Andrea

Review: Herbst

Seit zwei Jahren nun habe ich mit Ali Smiths Jahreszeiten-Quartett auf Englisch geliebäugelt, nun ist der erste Band „Herbst“ auf Deutsch erschienen, höchste Zeit also, es sich endlich einmal vorzunehmen.

Im Herbst 2016 ist Großbritannien ein gespaltenes Land. Nach dem Brexit Referendum herrscht Katerstimmung, die öffentliche Meinung geht immer weiter auseinander und Fremdenfeindlichkeit tritt besonders in den ländlichen Gegenden immer häufiger offen zutage.
Daniel bekommt davon allerdings nichts mit. Er ist hundert Jahre alt und mittlerweile in der „Phase des vermehrten Schlafs“, wie es die Pfleger und Ärzte nennen. Sie tritt ein, wenn es auf das Ende zugeht und Daniel, den wir in seine Traumwelt begleiten, ist sich selbst oft nicht ganz sicher, ob er noch lebt oder schon tot ist.

Elisabeth Demand dagegen steht zwar mitten im Leben, befindet sich aber als wir sie kennenlernen, in ihrer persönlichen Hölle. Denn um ihren ehemaligen Nachbarn Daniel, der immer auf sie aufgepasst hat, als sie noch ein Kind war, im Pflegeheim zu besuchen, muss sie ihren Pass erneuern lassen. Und das gestaltet sich als schwieriger, als gedacht, denn es scheint unmöglich, die unzähligen Vorgaben zu erfüllen.

Zwischen den Episoden von Daniels Traumwelt und Elisabeths Behördengängen erfahren wir von der Freundschaft der beiden, die ihren Anfang nahm, als Elisabeth acht Jahre alt und Daniel bereits in seinen achtzigern war.
Zwar kann Daniel nicht mit Elisabeth herumtollen, doch er nimmt sie mit auf Reisen in ihre Fantasie, ermutigt sie sich Geschichten auszudenken und beschreibt ihr immer wieder die Kollagen der Pop Art Künstlerin Pauline Boty, von denen er keine Bilder hat und die Elisabeth deshalb nur in ihrer Vorstellung sehen kann.
Später beginnt sie Kunstgeschichte zu studieren und sieht dabei die Bilder, die sie sich jahrelang nur vorstellen konnte, plötzlich zu ersten Mal.

„Herbst“ ist eine sehr ruhige Geschichte, die nicht unbedingt durch einen großen Spannungsbogen, sondern durch die Wechselwirkung der einzelnen Episoden zusammengehalten wird.
Dabei unterscheiden sich die Handlungsstränge nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch stark. Denn während Daniels Traumwelt sich wie ein höchst poetisches Märchen liest, erinnern Elisabeths Behördengänge derweil fast schon am Monty Python Sketche.
Das alles scheint vielleicht auf den ersten Blick nicht ganz zueinanderzupassen und gelegentlich hat man das Gefühl, völlig verschiedene Bücher zu lesen, trotzdem konnte mich Ali Smiths Erzählstil sehr für sich einnehmen.
Er erinnert ein wenig an die Kollagen von Pauline Boty, auf denen auf den ersten Blick auch wenig zusammenzupassen scheint und die doch ein spannendes Gesamtkunstwerk ergeben.

Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf die nächsten Bände des Jahreszeiten-Quartetts. „Winter“ und „Spring“ sind auf Englisch bereits erschienen, „Summer“ kommt im Sommer 2020 auf den Markt.

Meine Rezension von „Winter“ findet ihr hier:

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Review: Winter

Review: Fuchs 8

Das vermutlich ungewöhnlichste Buch des letzten Jahres schrieb meiner Meinung nach George Saunders mit „Lincoln im Bardo“. Ungewöhnlich deshalb, weil es sich – als kleiner Hinweis für alle, die es noch nicht gelesen haben – aus fiktiven Quellenangaben und den Stimmen von Geistern zusammensetzt. Ein wirklich außergewöhnliche Schreibstil, der einigen Lesern zu schaffen machte, der sich aber, sobald man einfach aufhörte darüber nachzudenken, wer da nun sprach, doch recht flüssig und unheimlich poetisch lesen ließ.

Nun erschien seine neuste Geschichte „Fuchs 8“, die in einem Büchlein von nur etwa sechzig Seiten mit Illustrationen aufgelegt wurde. Doch wie schon sein Vorgänger ist „Fuchs 8“ wiedereinmal eine höchst außergewöhnliche Geschichte mit einem sehr eigenen Stil.

Fuchs 8 lebt mit seiner Gruppe im Wald, doch abends zieht es ihn immer hin zu den Häusern der Menschen, denn dort gibt es im Schutz der Dunkelheit viel zu lernen.
Zum Beispiel, wenn sie ihren Kindern eine Gutenachtgeschichte vorlesen. Dann passt Fuchs 8 ganz genau auf und lernt so mit der Zeit nicht nur die Sprache der Menschen, sondern sogar ihre geheimnisvollen Buchstaben richtig zu deuten.
Doch schon bald wird das friedliche Leben im Wald bedroht, als ein riesiger Teil abgeholzt wird, um Platz für ein neues Einkaufszentrum zu machen.
Als die Tiere immer weniger zu fressen finden und zu verhungern drohen, fasst Fuchs 8 einen kühnen Plan; denn er hat gehört, daß die Menschen von einer „Fressmeile“ gesprochen haben. Könnten die Füchse hier eine neue Existenz aufbauen und mit den Menschen friedlich zusammenleben?

Wie Anfangs schon erwähnt ist der Stil von „Fuchs 8“ recht ungewöhnlich. Denn der kleine Fuchs redet nicht nur in einer frechen Jugendsprache; da er die Menschensprache alleine durch Zuhören gelernt hat, ist der komplette Text auch phonetisch geschrieben.
Zwar stolpert man anfangs ein wenig über die ungewohnten Wörter, aber mich hat dieser Stil dann recht schnell begeistern können.
Ein Beispiel gefällig?

Mit Hünern haben wir einen super fären Dil, der get so: Si machen di Aja, wir nemen di Aja, si machen noie Aja. Und manchma essen wir sogar ein leemdes Hun, falls dises Hun seine Zustimmung zeigt, von uns gegessen zu werden, indem es nich wekloift, wenn wir neer komm…

Gewöhnungsbedürftig, aber absolut kreativ und humorvoll!

Wer jetzt aber denkt, „Fuchs 8“ wäre ein nettes Buch für Kinder, der irrt, denn hier wird der Eingriff in die Natur stark kritisiert und für den ein oder anderen Fuchs geht die Begegnung mit den Menschen nicht gut aus.

„Fuchs 8“ ist ein wirklich unterhaltsames, aber auch kritisches Büchlein, das durch seinen einzigartigen Stil besticht.
Die Illustrationen von Chelsea Cardinal sind schlicht, fangen die Stimmung der Geschichte aber unheimlich gut ein.

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Mehr von George Saunders findet ihr hier:

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Review: Lincoln im Bardo

Review: Gespräche mit Freunden

Sally Rooneys Debütroman „Gespräche mit Freunden“ war wohl der gehypteste Titel dieses Sommers. Kein Wunder, denn damit räumte die Autorin zahlreiche Preise ab und ihr zweites Buch „Normal People“ stand letztes Jahr auf der Longlist des Booker Prizes.
Dennoch habe ich über kein Buch dieses Jahr so auseinandergehende Meinungen gehört, wie über „Gespräche mit Freunden“. Offenbar ist man entweder hin und weg oder maßlos enttäuscht. Dazwischen gibt es anscheinend nichts.
In unserem Podcast stellte mein Kollege Andi das Buch bereits vor, allerdings in der Kategorie „Worth the Hype?“, eine Frage, die er eindeutig mit „Nein!“ beantwortete.
Nachdem ich „Gespräche mit Freunden“ zu diesem Zeitpunkt aber schon zu Hause liegen hatte, beschloss ich, dem Titel dennoch eine Chance zu geben.

Frances und Bobbi sind Anfang zwanzig und Poetry-Slammerinnen, die stets gemeinsam auftreten. Trotz ihrer Trennung haben die beiden ein sehr inniges Verhältnis und verbringen auch in ihrer Freizeit viel Zeit miteinander.
Eines Abends werden sie von der bekannten Journalistin Melissa angesprochen, die gerne ein Porträt der beiden für ein Magazin machen möchte. Bobbi ist sofort Feuer und Flamme, sowohl für den Artikel, als auch für Melissa. Die ist Mitte dreißig, wohlhabend, erfolgreich und mit dem attraktiven Schauspieler Nick verheiratet.
Während sich Bobbi und Melissa anfreunden und die Gespräche bei gemeinsamen Abendessen dominieren, bleiben Frances und Nick eher für sich und kommen sich schon bald näher.
Als sie eine Affäre miteinander beginnen werden die Loyalitäten aller Beteiligten auf eine harte Probe gestellt…

Nachdem ich so widersprüchliche Meinungen zu diesem Buch gehört hatte, habe ich meine Erwartungen schon entsprechend gesenkt und dachte mir, es wäre vielleicht eine schöne, leichte Lektüre für die Zugfahrt zur Frankfurter Buchmesse. Schon nach ein paar Seiten war ich allerdings irritiert, denn ich hatte das Gefühl einen mittelmäßigen New Adult Romance Titel zu lesen, so vorhersehbar war der Plot und immer wieder stolperte ich über Sätze mit Fremdschämpontenzial. Besonders tiefsinnig fand ich Stellen wie „Ich zwang mich, ganz in die Wanne einzutauchen, wo mich das Wasser obszön leckte“ nun wirklich nicht.

Auch die ganze Affäre empfand ich als kein bißchen erotisch, sondern nur unheimlich anstrengend. Alles wird von Frances überinterpretiert und überanalysiert, und das immer auf die schlimmstmögliche Weise.
Man hat nicht das Gefühl, daß es hier um Sinnlichkeit geht, sondern um Macht und einen gewissen Selbstzerstörungsdrang. Der manifestiert sich dann auch, als bei Frances eine Krankheit diagnostiziert wird, über die sie sich nicht weiter informiert, mit niemandem spricht und stattdessen in Kauf nimmt, daß sie ständig ohnmächtig wird.
Sie suhlt sich geradezu in ihrem Leid, indem sie sich selbst immer wieder sabotiert und es fiel mir extrem schwer, so etwas wie Empathie für sie zu empfinden, nachdem sie all ihre eigenen Gefühle immer nur abblockt und unterdrückt.

Besonders schlimm fand ich den Schluß. Vorsicht Spoiler-Alarm!
Denn mit dem Ende der Affäre scheinen Nick und Melissa ihre Ehe wieder kitten zu können, Frances wird klar, daß sie Bobbi die ganze Zeit über geliebt hat und auch die beiden kommen sich wieder näher. Happy End also?
Sieht nicht danach aus, denn als Nick Frances im letzten Kapitel aus Versehen anruft, erzählen sich die beiden, wie wichtig ihnen ihre Ehefrau, respektive Partnerin, sind, sie sind sich einig, daß das zwischen ihnen ohnehin keine richtige Zukunft hatte und beschließen, den ganzen Mist wieder von vorne anzufangen. Oh weh!

Nein, „Gespräche mit Freunden“ konnte mich absolut nicht überzeugen.
Warum ich es dann trotzdem zu Ende gelesen habe?
Maria Piwowarski von der Buchhandlung Ocelot sagte dazu in ihren Insta-Stories: „Der Strand war bequem, ich lag da und dann hab ich das halt zuende gelesen…“.
Mir ging es da ganz ähnlich. Minus den Strand. Leider.
Aber wenn mir langweilig war und ich nicht den Nerv hatte, mich auf etwas Anspruchsvolleres zu konzentrieren, dann kam mir dieses Buch ganz recht.
Es ist wohl ein bißchen wie in tatsächlichen Gesprächen mit Freunden: Eigentlich nerven dich ihre neurotischen Probleme nach einer Weile, aber es wird wenigstens nicht langweilig, wenn man ihnen dabei zuhört, wie sie sie groß und breit vor dir austreten…

Für mich war es wohl eine der größten Leseenttäuschungen des Jahres, andere fanden es ganz großartig.
Bevor ich mich an den Schreibtisch setzte, um meine Gedanken zu „Gespräche mit Freunden“ aufzuschreiben, schaute ich mir nochmal ein YouTube Video vor der Autorin Jen Campbell an, deren Tipps ich ja in der Regel sehr schätze. Sie schwärmte in den höchsten Tönen von diesem Roman, fast hätte ich nicht erkannt, daß es sich um das gleiche Buch handelt!
Vermutlich wird dieser Titel weiter die Geister scheiden. Mein Fall war es jedenfalls nicht.

Nebeliger November

Willkommen im November!
Der Monat begrüßt mich mit nassgrauem Wetter und in den Isarauen, die ich von meinem Fenster aus überblicken kann, hängt noch immer der Nebel…
Zeit, es sich mit einem dicken Stapel Romane und einer Tasse Tee unter der Kuscheldecke gemütlich zu machen!

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Meine ersten beiden Bücher kommen dann auch gleich sehr herbstlich daher, was Titel und Cover betrifft, nämlich „Herbst“ von Ali Smith und „Fuchs 8“ von George Saunders.

Auf „Herbst“ bin ich schon sehr gespannt, schließlich schwärmt Jen Campbell auf ihrem YouTube-Kanal ständig von Smiths „Jahreszeiten-Quartett“.
Während der letzte Band der Reihe, „Summer“, nach „Winter“ und „Spring“ bald auf Englisch erscheinen wird, wurde nun mit „Herbst“ der erste Band, der auch für den Booker Prize nominiert war, auf Deutsch vorgelegt.

Ein ganz schmales Bändchen ist dagegen „Fuchs 8“ von George Saunders.
Saunders war lustigerweise im gleichen Jahr wie Ali Smith für den Booker Prize nominiert, hat diesen aber dann auch gewonnen und zwar für seinen einzigartigen Roman „Lincoln im Bardo“.
„Fuchs 8“ dagegen ist eine Kurzgeschichte, die illustriert und als kleine Einzelausgabe herausgebracht wurde.
Da mir Saunders innovativer und außergewöhnlicher Stil in „Lincoln im Bardo“ sehr imponiert hat, bin ich nun gespannt auf diese Geschichte, die aus der Sicht eines Fuches erzählt wird.

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Die nächsten beiden Bücher scheinen auf den ersten Blick nichts gemein zu haben, außer daß sie schmale Bändchen von jeweils deutlich unter 200 Seiten sind, für mich sind sie jedoch stark mit meinen Erinnerungen an die Frankfurter Buchmesse verknüpft.

Mona Høvring war ja als Vertreterin des Gastlandes Norwegen auf die Messe gekommen, wo Isa von it’s Vonk ein tolles Interview mit ihr geführt hat, das ihr hier sehen könnt.
Auf Isas Empfehlung hin hatte ich deshalb auch noch vor der Messe ihren Roman „Was helfen könnte“ gelesen und war einfach begeistert, wie diese Autorin es schafft, große Panoramen mit wenigen Sätzen zu zeichnen.
Deshalb musste ihr neustes Buch „Weil Venus bei meiner Geburt ein Alpenveilchen streifte“ dann auch unbedingt auf meinen Novemberstapel.

Darin geht es übrigens um zwei Schwestern, genauso wie im nächsten Buch, das ich mit der Buchmesse verbinde: „Die langen Arme“ von Sebastian Guhr.
Guhr war der Gewinner der zweiten Staffel des Blogbuster-Preises, von dem nun auf der Messe der Startschuss zur dritten Staffel gegeben wurde.
Und dieses Mal bin ich mit dabei in der Blogger-Jury!
Wer also ein fertiges Romanmanuskript zu Hause hat, der sollte auf die Website des Blogbuster Awards gehen und überlegen, ob er sich nicht bewerben möchte.
Dabei lesen zehn Blogger die Manuskripte und wählen jeweils einen Favoriten aus. Diese Longlist geht dann an die Fachjury und der Gewinnertitel wird in dieser Staffel bei Eichborn verlegt.
Doch auch viele Autoren, die nicht den ersten Preis gewonnen haben, schafften es in vergangenen Staffeln, durch die Aufmerksamkeit, einen Verlagsvertrag zu ergattern, wie zum Beispiel Gunnar Kaiser mit seinem Roman „Unter der Haut“.
Ein wirklich spannendes Projekt, auf das ich mich schon ungemein freue!

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Auf der Buchmesse traf ich beim KiWi-Verlag dann auch die Autorin eines meiner nächsten Titel: Dana von Suffrin stellte dort nämlich ihren Debütroman „Otto“ vor und brachte die ganze Runde sehr zum Lachen…

Wer mich auch immer wieder zum Schmunzeln bringt, ist ja Philipp Tingler, von dem ich bisher tatsächlich noch nichts gelesen habe, dessen Videos mit Nicola Steiner ich aber gerne mal in Dauerschleife sehe. Schaut einfach mal unter „Steiner/Tingler“ bei YouTube! Die Dynamik der beiden macht einfach unheimlich Spaß, da bin ich schon gespannt, auf Tinglers neusten Roman „Rate, wer zum Essen bleibt“.

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Gleich drei Titel, die sich mit Frauen und ihren Lebensentscheidungen beschäftigen, liegen diesen Monat auf meinem Lesestapel:
In „Drei Wünsche“ von Laura Karasek geht es um drei Frauen um die dreißig, die wichtige Lebensentscheidungen treffen müssen…
Etwas weiter im Leben sind wir dann bei „Die Zehnjahrespause“ von Meg Wolitzer. Hier geht es um vier Frauen Anfang vierzig, die alle feststellen, daß es eben nicht einfach ist, Kinder und Karriere gut miteinander zu vereinbaren und die nun die Weichen für ihr zukünftiges Leben stellen müssen.
Wolitzers letzter Roman „Das weibliche Prinzip“ hatte es ja recht schwer, weil es als feministisches Buch vermarktet wurde, obwohl der Fokus der Geschichte eigentlich woanders lag. Trotzdem hatten mich ihre starken, sehr lebensnahen Charaktere beeindruckt, weshalb ich ihrem neuen Buch gerne nochmal eine Chance geben wollte.
In „Tage des Verlassenwerdens“ von Elena Ferrante geht es dann, wie man sich schon denken kann, um das Ende einer Ehe…
Während ich die Neapolitanische Saga zwar ganz nett, aber nicht unbedingt beeindruckend fand, gehörte ihr früher Roman „Frau im Dunkel“, das im Frühling erstmal auf Deutsch erschien zu meinen Lesehighlights des Jahres.
„Tage des Verlassenwerdens“ soll ähnlich sein, also habe ich sehr hohe Erwartungen an dieses Buch!

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Zum Schluß werden wir noch ein bißchen klassisch…
„Der unsichtbare Roman“ von Christoph Poschenrieder handelt von Gustav Meyrink, dem Autor des „Golem“. Der soll hier gegen Honorar ein Buch schreiben, das den Freimaurern die Schuld am Ersten Weltkrieg gibt. Das hört sich für mich nach einem unheimlich spannenden Roman an!

Und weil mittlerweile nun wirklich jeder mitbekommen haben dürfte, wie sehr ich gut illustrierte Bücher liebe, freue ich mich diesen Monat sehr auf „Die Nibelungen“ aus der Insel-Bücherei, die von Burkhard Neie illustriert wurden. Ich bin ja ein großer Fan von Neies Illustrationsstil und freue mich schon sehr auf diesen Augenschmaus…
In der Insel-Bücherei gibt es von Neie übrigens bereits zwei Bände mit deutschen Sagen und zwei mit Balladen, die ich wirklich nur jedem ans Herz legen kann!

Das ist er also, mein November-Stapel…
Unglaublich, wie schnell das Jahr vergeht!
Kommt gut und ohne Schnupfen durch den Monat!

Verfrorene Grüße,
Eure Andrea

Auf Achse im Oktober!

Es wird nun aber wirklich Herbst…
Die Stürme wehen, die Novitätenstapel erreichen Höhen, die mich ins Schwitzen bringen und neben dem Lesen steht einiges an im Oktober!

Mitte des Monats geht es mit den weltbesten Kollegen auf die Frankfurter Buchmesse. Mein Notizbuch platzt schon aus allen Nähten, so viele Termine hab ich mir eingetragen, und ich bin wirklich sehr gespannt, was wir dort alles erleben werden.

Ende des Monats sollte es dann hoffentlich einmal wieder Zeit für eine neue Folge von „In vollen Zügen nach…“ werden. Diesmal soll es nach Wien gehen, allerdings mit beiden Kindern und die haben schon sehr eigene Pläne, was sie dort anstellen wollen!
Ich hoffe aber trotzdem, daß vielleicht ein, zwei Buchhandlungen auf dem Weg liegen werden, über die ich dann berichten kann. Also, liebe Wiener: Welche Buchhandlungen sollte ich unbedingt gesehen haben?

Wie schon erwähnt wird der Novitätenstapel nicht kleiner und ich bin schon wahnsinnig gespannt auf die Titel, die ich mir diesen Monat ausgesucht habe:

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Beginnen wir einmal mit ganz viel Liebe für den Diogenes Verlag, der einen Löwenanteil zu meinem Oktoberstapel beigetragen hat.

Wie eigentlich jedes Jahr gibt es etwas Neues von meiner Lieblingsautorin Amélie Nothomb, von der ich seit meiner Ausbildung jedes Buch verschlinge. „Klopf an dein Herz“ kam schon Anfang des Jahres auf Englisch auf den Markt und so hatte ich bereits im englischsprachigen BookTube sehr begeisterte Besprechungen dazu gesehen. Nun hat das Warten endlich ein Ende!

Ein weiterer Autor, von dem jede Neuerscheinung sofort auf meiner Wunschliste landet, ist Martin Suter. Mit „Allmen und der Koi“ legt er den mittlerweile sechsten Band der Allmen-Reihe vor und auch, wenn nicht jeder Suter-Fan automatisch zum Allmen-Fan wird, mag ich die Charaktere einfach unheimlich gern.

In meinem Sommerurlaub hatte ich „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ von Thomas Meyer gelesen, nun erschien der zweite Teil „Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin“.
In den letzten Monaten habe ich ja langsam wieder angefangen, Hörbücher zu hören und gerade beim ersten Wolkenbruch-Roman bedauerte ich sehr, kein Hörbuch davon zu haben, denn auch wenn man jiddisch wohl ausspricht, wie es geschrieben wird, hatte ich oft keine Ahnung, wie betont wird.
Gestern habe ich dann schon mal ins Hörbuch reingehört und war sofort begeistert von Thomas Meyers Stimme. Jiddisch und ein Schweizer Akzent! – Das freut das Ohr!

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Weiter geht es mit einer ganzen handvoll Romanen:

„Gespräche mit Freunden“ von Sally Rooney hatte mein Kollege Andi ja schon im letzten Podcast vorgestellt und er war nicht wirklich überzeugt davon, allerdings lese ich ausschließlich absolut begeisterte oder komplett enttäuschte Rezensionen. Love it or hate it? Da bilde ich mir immer gern meine eigene Meinung.

Margaret Atwoods neustes Buch „Die Zeuginnen“ habe ich schon gelesen, da es allerdings im September erst auf den Markt kam, nachdem ich meinen Monatsstapel vorgestellt hatte und ich weiß, daß sich einige Leser an den Bildern in meiner Rubrik „Mit Büchern durch das Jahr“ orientieren, um bestimmte Titel wiederzufinden, von denen sie sich nur noch an das Cover erinnern, wird dieser Titel sozusagen nochmal optisch nachgereicht. Die Besprechung könnt ihr allerdings jetzt schon lesen.

Während alle über die Shortlist des Deutschen Buchpreises diskutieren, ist heimlich still und leise die Auswahlliste des Bayerischen Buchpreises erschienen. Mit dabei: „Levi“ von Carmen Buttjer.
Auch so ein Titel, auf den ich mich diesen Monat schon sehr freue!

Ein weiteres „Love it or hate it“-Buch ist wohl „Es ist Sarah“ von Pauline Delabroy-Allard. Wie gesagt; da bilde ich mir gern eine eigene Meinung.

Worauf ich mich aber schon wirklich lange freue, ist „Melmoth“ von Sarah Perry. Ihr Roman „Die Schlange von Essex“ hat mich vor zwei Jahren nach anfänglichen Startschwierigkeiten absolut begeistert, weshalb ich auch große Erwartungen an ihr neues Buch habe.

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Wer meinen Blog nicht erst seit gestern verfolgt, dürfte inzwischen wissen, wie sehr ich die Illustrationen von Kat Menschik liebe, weshalb ihr neustes Buch „Die Puppe im Grase – Norwegische Märchen“ natürlich auf meinem Lesestapel gelandet ist.
Und was für eine schöne Einstimmung auf das diesjährige Gastland der Frankfurter Buchmesse!

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Weil ich nicht nur gerne Bücher, sondern auch Bücher über Bücher lese, freue ich mich diesen Monat sehr über „Leseglück“ von Mareike Fallwickl und Florian Valerius und „Nervenkitzel“ von Miriam Semrau. Nachdem ich so gut wie nie Krimis lese, ist besonders letzteres eine tolle Möglichkeit für mich, mein Krimi-Wissen für den Laden etwas aufzupolieren ohne mich zu Tode fürchten zu müssen.

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Ich sage ja immer: „Es ist kein guter Monat, wenn keine Graphic Novel dabei ist!“, dieser Monat sollte demnach großartig werden!
Mit dabei sind nämlich „Hawking“, die neue Graphic Novel-Biografie von Ottaviani & Myrick, von denen ich auch schon den Band über Richard Feynman sehr begeistert gelesen habe. Dann noch „Natürliche Schönheit“ von Nanna Johansson, die sich feministische Themen im Stil ihrer Landsfrau Liv Strömquist vornimmt und „West, West Texas“ von Tillie Walden. Von ihr wollte ich ja immer „Pirouetten“ lesen, aber irgendwie hat es sich nicht ergeben, dann fang ich eben einfach mit ihrem neusten Buch an.

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Zu guter Letzt noch zwei Bücher aus der Rubrik „In der Kinderbuchabteilung gefunden, lassen aber auch die Herzen der Großen höher schlagen“:
„Wie man sich mit einem Gespenst anfreundet“ von Rebecca Green ist eines meiner liebsten Bilderbücher, das ich seit längerem auf Englisch besitze. Nun habe ich es mir nochmal auf Deutsch besorgt, um nicht immer simultan übersetzen zu müssen, wenn ich es dem Kleinen vorlesen will und um es Euch allen nochmal vorzustellen.
Es ist nämlich unheimlich entzückend!
Ein großartiges illustriertes Sachbuch hingegen ist „Verlorene Arten“ von Jess French und Daniel Long. Hier geht es eben nicht nur um Mammuts und Dinosaurier, sondern auch um Tiere, die erst in den letzten Jahren ausgerottet wurden.
Sehr spannend und informativ und ich kann jetzt schon sagen, daß dieses Buch sowohl mich, als auch meinen Kleinsten ungemein fasziniert.

So… Seid Ihr noch da oder schon von meinem Oktoberstapel erschlagen worden?

Kennt ihr einige der Titel und wie haben sie Euch gefallen?
Sehen wir uns auf der Buchmesse?
Und was sollte ich in Wien auf keinen Fall verpassen, selbst wenn ich alle Hände voll zu tun habe, weil ein Kind verlangt, die Krokodile im Haus des Meeres zu befreien, während sich das andere einen Panzer im Heeresgeschichtlichen Museum klauen will?

Liebe Grüße,
Andrea

Seite an Seite – Der Literaturpodcast Folge 2 und alle Fragen offen

Letzten Monat ging ja die erste Folge unseres Literaturpodcasts „Seite an Seite“ online und die Reaktionen darauf haben meinen Kollegen Andi und mich wirklich komplett geplättet. Wir hätten wohl nie gedacht, daß unsere kleine Idee so gut ankommen würde und wir gleich so viele Zuhörer hätten.

Natürlich hat es sehr geholfen, daß Friedemann Karig den Podcast auf Instagram geteilt hat… und schwupps hatten wir innerhalb von zwei, drei Tagen die ersten hundert Hörer!

Das viele positive Feedback hat uns sehr viel bedeutet und definitiv motiviert, damit weiterzumachen.
Nun haben wir also wieder einen Monat lang gelesen und uns für Euch gleich mal die ersten Neuerscheinungen des Herbstprogramms vorgenommen.

Viel Spaß also, bei der neusten Folge!

Unsere Titel für diesen Monat sind:

fbt

Andi:
Sally Rooney – Gespräche mit Freunden
Ulrich Woelk – Der Sommer meiner Mutter

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Andrea:
Stig Sæterbakken – Durch die Nacht
Kristin Höller – Schöner als überall

fbt

Und zusammen sprechen wir über:
Ocean Vuong – Auf Erden sind wir kurz grandios
Anika Decker – Wir von der anderen Seite

(Die blau unterlegten Titel führen Euch zu den Besprechungen auf meinem Blog.)

Ihr findet uns direkt hier: Seite an Seite – Der Literaturpodcast
Oder auf Spotify: Seite an Seite – Der Literaturpodcast
Und bei iTunes: Seite an Seite – Der Literaturpodcast

Und auf Instagram findet Ihr uns unter: seiteanseite.podcast

Schaut auf jeden Fall mal bei uns vorbei und hört rein!
Wir freuen uns schon auf Eure Kommentare!

Andi & Andrea

Cover

Review: Herkunft

Saša Stanišić ist ja derzeit in aller Munde, nicht zuletzt durch seine großartige Aktion, bei der er das Hamburger Abitur, in dem es um seinen Roman „Vor dem Fest“ ging, unter Pseudonym mitgeschrieben hat und dabei 13 Punkte absahnen konnte.

Bisher hatte ich von ihm nur seine Kurzgeschichtensammlung „Fallensteller“ gelesen, die mich aber sehr begeistern konnte, und das, obwohl ich mir ja mit Kurzgeschichten meist ein wenig schwertue.

Stanišićs neustes Buch „Herkunft“ ist ein autobiografischer Roman, der mir von allen Seiten begeistert empfohlen wurde. Klarer Fall, daß ich ihn da natürlich lesen musste!

Als Sašas Großmutter immer dementer wird, beschließt er, die Geschichten seiner Familie aufzuschreiben, bevor sie verloren gehen.
Er erzählt von seinem Urgroßvater, der als Flößer arbeitete, und der den Gesang seiner zukünftigen Frau für den einer Vila – einer Art Flußgeist – hielt und sich in die Drina stürzte, um nicht von ihr verflucht zu werden. Von der Familie der Großmutter, die in einem gottverlassenen Dorf in den Bergen lebte und zum Teil immer noch lebt, von seinem Vater, der einem Schlagennest wie durch ein Wunder entkam und von dem Tag, an dem seine Mutter auf dem Marktplatz gefragt wurde, ob sie denn wisse, wie spät es sei, und sie begreift, daß es Zeit ist, zu fliehen…

Saša Stanišić erzählt aber auch von seiner eigenen Geschichte und der Flucht nach Deutschland.
Als Sohn einer Bosniakin und eines Serben wächst er unbeschwert in dem Vielvölkerstaat auf, der damals Jugoslawien war. Die verschiedenen Religionen und Ethnien gehören für ihn zu seinem Land, wie zu seiner Familie. Doch dann bricht der Krieg aus und plötzlich ist nichts mehr so, wie es einmal war.
Die Mutter flieht mit ihrem Jungen nach Deutschland, der Vater kommt einige Zeit später nach, der Rest der Familie zerstreut sich in alle Winde und das Land aus Sašas Kindheit hört auf zu existieren.

„Meine Familie lebt über die ganze Welt verstreut. Wir sind mit Jugoslawien auseinandergebrochen und haben uns nicht mehr zusammensetzen können.“

In Deutschland beginnt ein neues Leben für Saša und seine Eltern. Die gut ausgebildeten Eltern – eigentlich Betriebswirt und Politologin – können plötzlich nur noch als Hilfskräfte arbeiten, man lebt in Flüchtlingsunterkünften und versucht, sich eine Wohnung mit dem einzurichten, was andere nicht mehr brauchen…
Doch Saša findet sich bald in Deutschland zurecht, schließt Freundschaften, und entdeckt dank eines engagierten Lehrers seine Liebe zur Literatur.

Während Saša diese Geschichte aufschreibt, schwindet das Gedächtnis seiner Großmutter mehr und mehr und bald begreift er, daß die Erinnerung eine trügerische Sache ist. Denn als er versucht, einzelne Geschichten, die ihm sogar selbst passiert sind mithilfe seiner Familie genauer zu rekonstruieren, muss er feststellen, daß vieles, an was er sich lebhaft erinnert, so gar nicht passiert sein kann…

Deshalb darf man bei „Herkunft“ auch keinen linearen Bericht erwarten. Die Geschichte springt vor und zurück, erzählt eine Begebenheit, nur um sie kurz darauf zu widerlegen und bietet zuweilen schon mal alternative Abläufe an.
Ich finde diesen Erzählstil wirklich großartig, denn man ist als Leser selbst gefragt, sich die Handlung ein wenig zusammen zu puzzeln und wenn wir schon bei Spielereien sind, dann möchte ich noch von dem großartigen letzten Teil der Geschichte erzählen.
(Vorsicht, wer sich überraschen lassen möchte, sollte alles Kursive überspringen!)

„Herkunft“ endet mit Sašas letztem Besuch bei seiner mittlerweile völlig dementen Großmutter. Sie ist die Frau, die ihn aufgezogen hat, als seine Eltern beruflich eingespannt waren und die nun in einem Pflegeheim ihre letzten Tage verbringt. Eigentlich müsste Saša zurück nach Deutschland fliegen, doch er schafft es nicht, sich von seiner Großmutter zu trennen und so beginnt die Geschichte „Der Drachenhort“, in der man selbst in Saša Stanišićs Rolle schlüpft und in Form eines Choose Your Own Adventure eine letzte Nacht bei der Großmutter verbringt.

Für alle, denen dieser Begriff nichts sagt: vielleicht erinnert ihr Euch ja an Bücher wie „Die Insel der 1000 Gefahren“, in denen man Entscheidungen treffen und dann auf der entsprechenden Seite weiterlesen muss?

Genau das macht Saša Stanišić am Ende dieses Buches und so entscheidet der Leser selbst, wie Sašas letztes Treffen mit seiner Großmutter verläuft.
Ich konnte es natürlich nicht lassen und habe, sobald ich ein Ende erreicht hatte, wieder zurückgeblättert, um all die anderen Szenarien durchzuspielen. Manchmal endet die Geschichte sehr nüchtern und lakonisch, dann wieder in einem fulminanten letzten Abenteuer, in dem es die Großmutter sogar mit Drachen aufnimmt…

Ich war schwer beeindruckt von diesem Buch und davon, wie begeistert und spielerisch Saša Stanišić seine Geschichte verpackt.

Beim Lesen musste ich aber auch immer wieder daran denken, daß ich in einer Welt groß geworden bin, in der es Länder wie Jugoslawien, die ČSSR oder die DDR noch gab.
Jugoslawien war ein Land, in das ich als Kind mit meinen Eltern in den Urlaub fuhr; leckeres Essen, nette Menschen und wunderschöne Strände…
Als mir meine Eltern erklärten, daß wir nicht mehr dort hinfahren könnten, weil es Krieg gab, konnte ich die Tragweite des Ganzen natürlich nicht verstehen. Für mich war klar, daß die netten Menschen offenbar beschlossen haben mussten, ihr leckeres Essen und die schönen Strände für sich zu behalten.
(Wie gesagt, ich war damals noch ein Kind.)

Es ist doch aber auch eigentlich unvorstellbar, daß es zu meinen Lebzeiten (und nein, ich habe die 40 noch nicht erreicht!) Krieg in europäischen Urlaubsländern gab! – Daß Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit und Religion abgeschlachtet wurden…
Wir leben mittlerweile in einem Europa, in dem wir so an diesen Einheitsgedanken gewöhnt sind, daß immer wieder Stimmen laut werden, doch endlich wieder unabhängig zu werden. Für uns sind Frieden und Wohlstand die Normalität, so daß wir völlig vergessen haben, wie schnell es zu einem Krieg kommen kann.
Und Saša Stanišić schreibt in „Herkunft“:

„Heute ist der 21. September 2018. Wäre am nächsten Sonntag Bundestagswahl, käme die AfD auf 18% der Stimmen.“