Review: Die verlorenen Arten

Heute möchte ich Euch ein Sachbuch zu einem spannenden Thema vorstellen…
Na gut, vielleicht hört sich das Thema auf den ersten Blick nicht allzu spannend an, aber klickt noch nicht weiter, vielleicht kann ich Euch ja doch begeistern.

Schon als Kind habe ich Museen geliebt. Mineralien, Fossilien, getrocknete Pflanzen und Schmetterlinge in Glaskästen… All das musste ich haben! Zu Weihnachten wünschte ich mir kein Barbie-Traumhaus sondern ein Mikroskop und ein Teleskop.
Kein Wunder, daß ich Probleme hatte, in der Schule Anschluß zu finden, denn statt der Bravo las ich lieber Bestimmungsbücher.

Meine Liebe zur Naturkunde hat mich im Leben zwar nicht weiter gebracht, aber immer wenn ich in einer Stadt mit einem naturgeschichtlichem Museum bin, ist ein Besuch dort Pflicht!

Als ich vor ein paar Jahren mit Schwangerschaftsübelkeit darnieder lag, stolperte ich dann über den YouTube-Kanal „The Brain Scoop“ mit Emily Graslie. Sie arbeitete damals ehrenamtlich in einem witzigen Museum irgendwo im Nirgendwo und filmte sich dabei, wie sie alles sezierte, was tot am Strassenrand gefunden wurde… Ich liebte es!
Mittlerweile arbeitet sie für das legendäre Field Museum in Chicago und ich kann ihren Kanal nur empfehlen, denn dort habe ich viel gelernt. Unter anderem, daß das, was wir als Besucher in Museen zu sehen bekommen nur ein minimaler Prozentsatz der eigentlichen Sammlung ist und daß sich in kaum besuchten Magazinen und Archiven oft genug Arten befinden, die wir noch gar nicht kennen.
Das hört sich vielleicht ein bißchen paradox an, aber genau damit beschäftigt sich Christopher Kemp in seinem Buch „Die verlorenen Arten – Große Expeditionen in die Sammlungen naturkundlicher Museen“.

Wenn man hört, daß eine neue Spezies entdeckt wurde, stellt man sich in der Regel vor, wie sich ein verschwitzer, von Moskitos zerstochener Forscher mit Tropenhut und Machete mit letzter Kraft durch den Urwald kämpft und plötzlich steht es vor ihm: das sagenumwobene Regenbogenlama!
Tatsächlich aber werden die meisten Entdeckungen ganz unglamourös am Schreibtisch gemacht. Die Wissenschaftler öffnen eine Schublade mit Fellen einer bekannten Gattung und stellen fest, daß sich eins dieser Felle von den anderen unterscheidet.
Oder ein von Darwin gefangener Käfer, der praktisch seit seiner Entdeckung als verschollen galt, weil schlicht und ergreifend nicht anständig aufgeräumt wurde, fällt dann mehr als 150 Jahre später doch noch einem Forscher in die Hände und stellt sich als unbekannte Spezies heraus!

Jede Geschichte, die Christopher Kemp in diesem Buch erzählt ist einzigartig.
Manche Arten werden durch hartnäckige Recherche entdeckt, andere aus purem Zufall. So wie beispielsweise eine Muschel, die die ältesten Ritzzeichnungen von Hominiden aufweist und die nur deshalb entdeckt wurde, weil ein Wissenschaftler zu wenig Zeit hatte, die Muscheln zu untersuchen und deshalb schnell Fotos von ihnen machte.
Durch das schräg einfallende Licht wurde auf den Bildern sichtbar, was sich mit bloßem Auge kaum erkennen lies: eine 500.000 Jahre alte Zeichnung!

Wie gesagt: ein auf den ersten Blick vielleicht eher langweiliges Thema, das aber viele spannende Geschichten zu bieten hat!
Christoph Kemp schreibt sehr anschaulich und für den Laien verständlich; und er schafft es immer einen Spannungsbogen zwischen den Sammlern und den Wissenschaftlern, die dessen Bedeutung oft erst Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte später entdecken, zu bauen.

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Neue Bekannte und alte Freunde im März

Schön langsam wird es Frühling und vor der Leipziger Buchmesse schneien gerade viele Neuerscheinungen ins Haus.
Mit dabei sind dieses mal zwei alte Bekannte, zwei Bücher von Autoren, die mir völlig neu sind und zwei Titel, die irgendwo dazwischen liegen.

Fangen wir mit den alten Freunden an, zu denen es auch schöne Geschichten gibt…

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Vea Kaiser hat mich vor Jahren mit Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam“ schwer begeistert.
Wie es der Zufall so wollte hatte ich dieses Buch ausgerechnet dabei, als ich meine beste Freundin im Sommerhäuschen ihrer Familie im Blauen Land besuchte.
Ich las das Buch während ich mich gemütlich auf der Veranda sonnte, hinter dem Haus weideten die Kühe vorbei und bimmelten mit ihren Glocken, ab und zu tuckerte ein Traktor weiter unten durchs Dorf und wenn ich aufblickte sah ich die Zugspitze.
Für „Blasmusikpop“ hätte ich wohl keinen besseren Leseplatz wählen können und schon allein deshalb war es ein absolutes Lesehighlight für mich.

Auch Vea Kaisers zweiten Roman Makarionissi oder Die Insel der Seligen“ habe ich begeistert gelesen, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nicht in Griechenland war.
Nun freue ich mich schon sehr auf ihr neustes Buch Rückwärtswalzer oder Die Manen der Familie Prischinger.

Und wenn alles klappt, sehe ich Vea Kaiser auch demnächst auf der Leipziger Buchmesse.
Ich bin schon gespannt!

Eine ebenfalls alte Bekannte ist Ingrid Noll.

Ich weiß noch, wie ich damals meinen ersten Roman von ihr gelesen habe: es war vor ziemlich genau zwanzig Jahren. Ich war 17 und verbrachte das Wochenende bei einer Freundin (nicht die mit dem Sommerhäuschen).
Dort war ich im Zimmer ihrer Schwester untergebracht, die ihrerseits das Wochenende bei Freunden verbrachte und die ein wirklich schönes Bücherregal neben dem Bett stehen hatte.

Da die ganze Familie ausgesprochene Langschläfer waren und ich morgens hungrig und einsam war, aber niemanden wecken wollte, griff ich mir eines der Bücher aus dem Regal der Schwester: „Die Häupter meiner Lieben“.

Ich las es in einem Rutsch durch und erschien dann – trotz des frühen Aufwachens und des Hungers – als Letzte am Frühstückstisch. Das Buch hatte mich an diesem Morgen völlig ans Bett gefesselt.

In der Ausbildung schnappte ich mir noch „Kalt ist der Abendhauch“, aber seltsamerweise habe ich danach nichts mehr von Ingrid Noll gelesen. Dabei fand ich ihre Titel sehr humorvoll und kurzweilig.

Nachdem mich aber vor Kurzem eine regelrechte Nostalgiewelle überrollte, dachte ich mir beim Stöbern im neuen Diogenes Programm: „Warum eigentlich nicht?“
Und so durfte Nolls neustes Buch Goldschatz auf meinem Lesestapel Platz nehmen.

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Zwei Autorinnen, von denen ich zwar schon etwas gelesen habe, wenn auch noch keinen Roman sind Hiromi Kawakami und Elena Ferrante.

Von Kawakami habe ich letzten Sommer Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß als Graphic Novel mit im Südtirol-Urlaub gehabt. Vermutlich lässt sich daraus nicht viel auf ihren Schreibstil schließen, aber die Geschichte gefiel mir gut und deshalb fand ich es an der Zeit, einmal einen richtigen Roman von ihr zu lesen, nämlich ihr neustes Buch Die zehn Lieben des Nishino.

Auch von Elena Ferrante habe ich bisher keinen Roman, sondern nur die Kurzgeschichte Der Strand bei Nacht gelesen.
Frau im Dunkeln hörte sich jedenfalls spannend an und die Besprechungen, die ich bisher davon gelesen habe, haben mich wirklich neugierig gemacht.

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Kommen wir nun zu zwei Titel von mir noch völlig unbekannten Autoren.
„Worauf wir hoffen“ von Fatima Farheen Mìrza wäre wohl nicht auf meiner Leseliste gelandet, gäbe es die gute Jen Campbell und ihren fabelhaften YouTube-Kanal nicht.
Denn in der Liste ihrer Lieblingsbücher des letzten Jahres landete „A Place for us“, die englische Ausgabe dieses Titels auf Platz 1!

Da ich mit Jens Empfehlungen bisher gute Erfahrungen gemacht habe, wollte ich mir dieses Buch auf keinen Fall entgehen lassen.

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Zu guter Letzt durfte diesen Monat natürlich auch kein Sachbuch fehlen.
Als verhinderte Forscherin war ich sehr dankbar für den Tipp zu Christopher Kemps Buch Die verlorenen Arten – Große Expeditionen in die Sammlungen naturkundlicher Museen.

Das hört sich nun erstmal nicht besonders reißerisch an, aber ich finde es faszinierend, was alles noch unentdeckt in den Schubladen großer Museen vor sich hinschlummert.
Sollte jemand daran zweifeln, dann empfehle ich den YouTube-Kanal „The Brain Scoop“ mit Emily Graslie. Wer naturkundliche Museen danach immer noch langweilig findet, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen! 😉

Das ist er also, mein Märzstapel!
Kennt Ihr schon den ein oder anderen Titel?
Auf welche Novitäten freut Ihr Euch besonders?
Und seid Ihr auch auf der LBM und wenn ja: habt Ihr Tipps für mich?

Liebe Grüße und einen guten Start in den Frühling,
Eure Andrea