Review: Schwarze Seerosen

Michel Bussi ist Krimilesern von Titeln wie „Das Mädchen mit den blauen Augen“ oder „Fremde Tochter“ bestimmt ein Begriff. Eines seiner früheren Werke „Nymphéas noirs“ („Schwarze Seerosen“) ist zwar bisher nicht ins Deutsche übersetzt worden, allerdings dank des Splitter Verlags nun als Graphic Novel auch für die deutschsprachige Leserschaft erhältlich.

Wer sich – wenn auch nur kurz – mit dem französischen Impressionisten Claude Monet beschäftigt hat, der wird auch den Namen Giverny schon einmal gehört haben. In diesem kleinen Dorf lebte und arbeitete der Künstler viele Jahre lang; hier legte er den Seerosenteich an, an dem er seine berühmtesten Bilder malte.

In ebendiesem idyllischen Dörfchen geschieht ein Mord. Der wohlhabende Augenchirurg Jéròme Morval wird tot in einem kleinen Bach gefunden: erschlagen, erstochen und ertränkt… Jemand muss folglich einen großen Hass auf diesen Mann gehabt haben.
Die Ermittler stoßen auch schon bald auf ein mögliches Motiv, denn Morval war ein Frauenheld, der viele Affären hatte. Könnte es sein, daß seine Ehefrau, ein eifersüchtiger Ehemann oder eine verlassene Geliebte den Mord begangen hat?
Doch auch andere Motive kommen in Frage. So war es Morvals größter Wunsch, einen echten Monet zu besitzen. Ist er deshalb mit zwielichtigen Kreisen in Kontakt gekommen?
Und was hat es mit der geheimnisvollen Postkarte auf sich, die in der Jackentasche der Leiche gefunden wurde? Darin wird jemandem zur 11. Geburtstag gratuliert, doch wem?
Als die Polizei herausfindet, daß in den 1930er Jahren an der gleichen Stelle ein elfjähriger Junge tot aufgefunden wurde, wird die Verwirrung immer größer.
Hängen die beiden Todesfälle irgendwie miteinander zusammen?

„Schwarze Seerosen“ beginnt fast wie ein Märchen:
„In einem Dorf lebten drei Frauen… Die erste war böse… Die zweite eine Lügnerin… Die dritte eine Egoistin…“
Die drei Frauen, um die es geht, könnten unterschiedlicher nicht sein. Die erste ist eine über achtzigjährige Witwe, „zumindest fast“, wie sie sagt, die im Turm der „Hexenhaus“ genannten Mühle lebt und als stumme Beobachterin mehr weiß, als sie preisgibt.
Die zweite Frau ist Mitte dreißig und in einer unglücklichen und kinderlosen Ehe gefangen.
Die dritte im Bunde ist ein elfjähriges Mädchen, die das Malen liebt und davon träumt, eines Tages an einer angesehenen Kunsthochschule zu studieren.
Alle drei haben eines gemeinsam: Sie wollen weg aus Giverny und ihrem alten Leben, und alle drei werden in den Ermittlungen um den Mord eine große Rolle spielen…

„Schwarze Seerosen“ hat mich absolut begeistert. Die Geschichte ist großartig inszeniert und auch wenn den Leser hin und wieder eine leise Ahnung beschleicht, wie alles zusammenhängen könnte, begreift man wirklich erst ganz am Schluss, was da eigentlich passiert ist. Das als Graphic Novel umzusetzen, muss eine große Herausforderung gewesen sein, die aber perfekt gelungen ist.

Krimis sind ja meist keine Bücher, die man zweimal liest, schließlich kennt man dann die Lösung schon, doch im Fall der „schwarzen Seerosen“ lohnt es sich absolut, die Geschichte noch einmal zu lesen um zu begreifen, wie gekonnt man hier von Autor Michel Bussi, sowie Fred Duval und Didier Cassegrain, die für die Adaption zur Graphic Novel verantwortlich waren, in die Irre geführt worden ist.

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Die Illustrationen fangen die Stimmung in dem verschlafenen Dörfchen ganz wunderbar ein und nutzen gelegentlich auch bekannte Motive von Monet, um die Handlung der Geschichte darin einzubetten.
Beim Blättern bekommt man jedenfalls sofort Lust, seine Sachen zu packen und Giverny einen Besuch abzustatten.

„Schwarze Seerosen“ ist für mich eine der gekonntesten und besten Romanadaptionen, die ich in dieser Form gesehen habe.
Für mich ein absolutes Highlight und eine ganz große Leseempfehlung!

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Review: Goldschatz

Ein bißchen erschrocken war ich ja schon, als ich feststellte, daß es an die zwanzig Jahre her ist, seit ich zuletzt etwas von Ingrid Noll gelesen habe!
Als Teenager hatte ich „Die Häupter meiner Lieben“ und „Kalt ist der Abendhauch“ gelesen, danach allerdings nichts mehr und das, obwohl ich die beiden Bücher stets in guter Erinnerung hatte; es hat sich einfach nicht ergeben.

Derzeit bin ich allerdings sehr nostalgisch und als ich „Goldschatz“ sah, dachte ich: Warum nicht Ingrid Nolls neustes Buch lesen, um zu sehen, wie sich mein Geschmack und ihr Stil in den letzten zwanzig Jahren so entwickelt haben?

Als Trixis Großtante Emma stirbt, erbt ihre Mutter das kleine marode Bauernhaus, in dem die Tante bis zu ihrem Tod gelebt hat. Viel damit anfangen kann Trixis Mutter allerdings nicht, denn eine teure Sanierung macht keinen Sinn mehr.
Doch Trixi hat sofort eine Idee: sie überredet ihre Mutter ihr das Haus zu überlassen, um dort eine Studenten-WG mit ein paar Freunden zu gründen.
Geld wollen die Eltern auf keinen Fall in das abbruchreife Haus stecken, aber solange sich Trixi darum kümmert die Bude zu entrümpeln, spricht für sie nichts dagegen.

Gemeinsam mit ihrem Freund Henry und ihrer besten Freundin Saskia zieht Trixi also in das Bauernhäuschen und bald darauf kommen noch die gemeinsamen Freunde Oliver und Martina dazu.
Die Stimmung ist zunächst gut. Henry ist ohnehin ein Verfechter einer einfachen Lebensweise ohne Konsumwahn. Und so nennt sich die kleine Gruppe „Gegenstrom“ und beschließt, möglichst umweltfreundlich zu leben und Obst und Gemüse selbst anzubauen.

Als sie beginnen, die Scheune auszuräumen, machen Trixi und Saskia eine Entdeckung, mit der sie nicht gerechnet haben: in einer alten Milchkanne steckt ein Lederbeutel voller Goldmünzen!
Doch so überraschend dieser Fund ist, so schnell ist er auch wieder fort. Offenbar hat ihn sich der alte Nachbar Gerhard Gläser in einem unbeobachteten Moment unter den Nagel gerissen und behauptet nun, daß es sich bei dem Goldschatz um sein Eigentum handelt. Trixi und Saskia verschweigen den Schatz zunächst vor ihren Mitbewohnern. Besonders, weil sie mit jeweils einem Taler abgespeist wurden, die sie sofort verkauft und beim anschließenden Shopping ausgegeben haben. Soviel zum Thema Konsumverzicht…

Doch Trixi und Saskia wollen den Schatz nicht so schnell verloren geben, besonders als klar wird, daß die Freunde wirklich viel Geld in das Häuschen stecken müssen, um im Winter nicht der Kälte wegen wieder ausziehen zu müssen, und so beginnen die Mädchen, Gerhard Gläser zu schmeicheln, zu erschrecken, auszutricksen und in sein Haus einzusteigen, um an mehr Münzen aus dem Schatz zu gelangen.

Doch ein Großteil der Taler bleibt verschwunden, aber dafür taucht beim Umgraben der Gemüsebeete ein menschliches Skelett auf…

„Goldschatz“ hat mich gut unterhalten und auch wirklich sehr an die Zeit damals erinnert, in der ich Ingrid Noll zum ersten Mal las. Allerdings wollte sich bei mir keine rechte Spannung einstellen.
„Die Häupter meiner Lieben“ mochte ich wegen der gewissen Leichtigkeit, mit der da eher aus Versehen gemordet wurde, und ja, mir ist bewusst, daß Leichtigkeit in diesem Zusammenhang wohl das falsche Wort ist, aber so fühlte es sich seinerzeit an.
„Goldschatz“ lässt diese Leichtigkeit vermissen und auch mit dem Stil habe ich ein wenig gehadert. Da die Protagonisten fast allesamt junge Studenten Anfang zwanzig sind, fallen immer wieder Begriffe oder Sätze in Jugendsprache, nur um dann gleich darauf wieder in eine zum Teil recht gestelzt wirkende Ausdrucksweise zu verfallen. So richtig „rund“ hörte es sich deshalb nicht an.

Insgesamt fand ich „Goldschatz“ ein wirklich nettes, leichtes Buch, das man gut im Urlaub lesen kann, ganz oben auf die Empfehlungsliste könnte ich es allerdings nicht setzen.

Review: Der Zorn der Einsiedlerin

Krimis lese ich ja eher selten, Thriller noch viel weniger…
Warum?
Weil ich ein schrecklicher Angsthase bin!

Eine Ausnahme mache ich aber für Fred Vargas. Von ihren Büchern kann ich gar nicht genug bekommen und fiebere jedem neuen Titel begeistert entgegen.
So auch ihrem neusten Krimi „Der Zorn der Einsiedlerin“.

Innerhalb kurzer Zeit sterben drei Männer an dem Biss einer Einsiedlerspinne.
Ein sonderbarer Zufall, denn erstens ist diese Spinnenart sehr scheu und zweitens ist ein einzelner Biss an sich nicht tödlich.

Im Internet wird bereits spekuliert, ob es sich um eine Mutation aufgrund des Klimawandels handelt, als Kommissar Adamsberg auf die Geschichte aufmerksam wird.

Er beginnt, Nachforschungen anzustellen und findet schon bald heraus, daß sich die Männer gekannt haben müssen. Denn ihre Kindheit in den 1940er Jahren verbrachten sie gemeinsam in demselben Waisenhaus.
Dort gehörten sie einer Gruppe von Jungen an, die andere Kinder quälten, indem sie ihnen Einsiedlerspinnen in die Kleidung steckten.
Einige wurden gebissen und erlitten damals, als Penicillin wegen des Krieges knapp war, schwere Verletzungen, die sie bis heute entstellen.
Hat sich etwa eines der Opfer nach so langer Zeit gerächt?

Doch Kommissar Adamsberg läßt auch der Name der Spinnenart keine Ruhe.
Als Kind hatte er eine Begegnung mit der wohl letzten Einsiedlerin Frankreichs. Ein Anblick, der ihn seinerzeit schwer geschockt hat.
Aber was hat sie mit diesem Fall zu tun?

„Der Zorn der Einsiedlerin“ ist der mittlerweile neunte Kriminalroman um Kommissar Jean-Baptiste Adamsberg, aber man muss die Reihe nicht zwingend chronologisch lesen.
Ich habe seinerzeit mit „Fliehe weit und schnell“ angefangen und mich anschließend auf die vorhergehenden Adamsberg-Romane und die „Evangelisten“-Krimis, eine Reihe um drei sympathische Geschichtsstudenten mit biblischen Vornamen, gestürzt.

Dabei beginnen die Geschichte von Fred Vargas stets recht mystisch und geheimnisvoll.
Oft orientiert sie sich an Sagen aus der Gegend oder weit zurückreichende Legenden.
Die Aufklärung der Fälle erfolgt recht intuitiv, die Mordpraktiken sind meist so symbolgeladen wie umständlich, oft wirkt das alles recht weit hergeholt und trotzdem liebe ich diese Krimis!

Vermutlich liegt das daran, daß die Protagonisten immer sehr starke Charaktere sind, mit teilweise sehr skurrilen Schrullen und seltsamen Angewohnheiten.
Ausserdem liegt Fred Vargas immer viel daran, den oder die Täter mindestens genauso lebendig zu gestalten, wie ihre Polizisten. Und in vielen Fällen verbergen sich keine Monster, sondern sehr verzweifelte Menschen hinter den Taten.

Ich kann ihre Krimis jedenfalls nur wärmstens empfehlen!

Review: Kluftinger

Heute geht es um einen Titel aus einem für mich relativ ungewöhnlichen Bereich: Regionalkrimis.
Hier in Bayern kommen jedes Jahr dutzende dieser Krimis auf den Markt und der Hype scheint kein Ende zu nehmen…
An dieser Stelle mal eine Frage an alle, die nicht in Bayern leben: sind Regionalkrimis bei euch auch so beliebt und kennt ihr bayerische Krimis wie die von Rita Falk oder Andreas Föhr auch aus euren Buchhandlungen?

An sich konnte ich nie besonders viel mit dieser Art Krimi anfangen, aber vor einigen Jahren bin ich dann doch über Kommissar Kluftinger von Volker Klüpfel und Michael Kobr gestolpert.
Meine Mutter und der Schwiegervater waren schon länger begeistert, mir wurde dann bei einer Verlagsveranstaltung „Herzblut“ in die Hand gedrückt und so gab ich dem Ganzen auch mal eine Chance.

Kommissar Kluftinger hat dann überraschend schnell einen Platz in meinem Leseherzen gefunden, obwohl ich noch nicht einmal genau sagen könnte, was ihn so besonders macht.
Die Geschichten sind immer ein wenig kitschig, klischeebeladen und vorhersehbar und trotzdem merke ich, daß ich Klufti vermisse, wenn das nächste Buch länger auf sich warten lässt.

Dieser Band beginnt mit einem beunruhigenden Ereignis: als Kommissar Kluftinger und seine Familie an Allerheiligen zum Friedhof gehen, starren ihn die Dorfbewohner als wäre er ein Geist. Denn tatsächlich ist dort es ein frisches Grab, mit Kluftingers Namen darauf!
Während Klufti zunächst versucht, alles als schlechten Scherz abzutun häufen sich jedoch die Drohungen gegen ihn und er begreift, daß die Lösung zu diesem Fall tief in seiner Vergangenheit verborgen liegt…

„Kluftinger“ ist der mittlerweile zehnte Teil der Reihe und hebt sich für mich deutlich von den Vorgängern ab.
Während man die Teile bisher ohne Probleme durcheinander lesen konnte, scheint dieser Band nicht nur einen klassischen Kriminalfall zu erzählen, sondern auch den Grundstein zu einer umfassenderen Geschichte zu bilden, die vermutlich in weiteren Bänden aufgegriffen wird.

Es ist ja ein beliebter Kniff, besonders in Krimiserien, eine Art Erzfeind aufzubauen, der immer wieder auftaucht. Es scheint, als würden Klüpfel und Kobr dies nun bei Kluftinger versuchen und ich bin gespannt, wohin die Reise noch gehen wird.

Die Klufti-Bände bisher:

  1. Milchgeld
  2. Erntedank
  3. Seegrund
  4. Laienspiel
  5. Rauhnacht
  6. Schutzpatron
  7. Herzblut
  8. Grimmbart
  9. Himmelhorn
  10. Kluftinger

Die Bände müssen nicht zwingend in dieser Reihenfolge gelesen werden.

Review: Gray

Zuerst einmal muss ich sagen, daß ich kein großer Fan von Tierkrimis bin.
Die einzige Ausnahme davon war für mich „Glennkill“.
Ich hatte das Buch vor gefühlt hundert Jahren von Kollegen aufs Auge gedrückt bekommen, weil sich niemand für diesen Schafskrimi interessierte und ich ja Schafe „so nett fände“.
Also nahm ich „Glennkill“ damals mit nach Hause und erwartete nichts von diesem Buch. – Zwei Tage später war ich damit fertig und restlos begeistert.
Was mich an Tierkrimis stört ist diese Vermenschlichung der Tiere. Bei „Glennkill“ waren die Schafe die Helden, aber sie hörten dabei nie auf sich wie Schafe zu verhalten.
Leonie Swanns zweites Buch „Garou“ erwartete ich deshalb auch mit Spannung, aber irgendwie funktionierte die Geschichte für mich nicht so wie im ersten Teil.

Deshalb hatte ich „Gray“ auch gar nicht auf meiner Liste, bis eine Kollegin davon schwärmte. Ich dachte mir, mal rein schauen kann ja nicht schaden…

In „Gray“ ist die Hauptperson tatsächlich ein Mensch 😉 – der Cambridge-Dozent Augustus Huff.
Eines Tages wird Elliot, einer seiner Studenten, tot aufgefunden. Er ist offenbar von Dach der Kirche gefallen oder gesprungen. Notgedrungen übernimmt Huff die Pflege von Elliots Studienobjekt Gray, einem Graupapagei. Gray ist ein schlaues Kerlchen, er kann sprechen und spielt seltsame Spiele, die ihm Elliot beigebracht hat.
Huff ist fasziniert von Gray und entdeckt bald, daß der kleine Papagei eine Menge Wörter und Sätze aufgeschnappt hat, die Elliots Tod in einem anderen Licht erscheinen lassen.
War es etwa doch Mord?
Mit der Hilfe von Gray beginnt Huff Nachforschungen anzustellen und gerät schon bald selbst unter Verdacht.

Tatsächlich hat mit „Gray“ gut gefallen.
Der Papagei wurde nicht wirklich vermenschlicht, sondern agierte noch in einem glaubwürdigen Rahmen, die Charaktere waren sehr liebenswert, die Geschichte war nicht unbedingt so spannend, daß man sich die Fingernägel abgeknabbert hätte, ließ den Leser aber bis zum Schluß im Ungewissen.

Ein nettes Buch für den Urlaub. 🙂