Novitäten im November

Im November kann ich mich vor Novitäten kaum retten! – Klar, immerhin muss ich mich für das anstehende Weihnachtsgeschäft nochmal ausgiebig informieren und die Weihnachtsempfehlungsfolge für den Podcast vorbereiten.
Deshalb gibt es heute wieder einen bunten Mix aus bereits gelesenen und noch ungelesenen Romanen und Sachbüchern, die eine ziemliche Bandbreite abdecken.

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Los geht es mit drei etwas ernsteren Roman: „Meine dunkle Vanessa“, „Insel der verlorenen Erinnerung“ und „Als die Welt stehen blieb“.

„Meine dunkle Vanessa“ von Kate Elizabeth Russell erzählt von Vanessa, die als 15-Jährige von ihrem Highschool Lehrer sexuell missbraucht wird, und lange Zeit glaubt, sie selbst wäre es gewesen, die diese Beziehung gewollt hätte.
Eine unheimlich facettenreiche Geschichte, die ich schon als englisches Hörbuch gehört habe, und die es wert ist, sich noch einmal etwas ausführlicher damit zu beschäftigen.

„Die Insel der verlorenen Erinnerung“ von Yoko Ogawa erzählt von einer Insel, auf der Dinge nicht nur aus dem Alltag, sondern auch aus der Erinnerung der Menschen verschwinden und von einer geheimnisvollen Erinnerungspolizei, die dafür sorgt, daß diese Dinge auch verschwunden bleiben.
Auf Instagram und den Buchblogs hört man derzeit nur begeisterte Stimmen; Zeit also, mir diesen Titel auch einmal vorzunehmen.

Morgen beginnt ja der nächste Lockdown, diesmal in der Light-Version, aber ich denke, wir alle erinnern uns noch lebhaft an den ersten Lockdown im März. Bestsellerautorin Maja Lunde („Die Geschichte der Bienen“, „Die Geschichte des Wassers“) hat ihre Gedanken in dieser Zeit aufgeschrieben und zu einem Buch verarbeitet: „Als die Welt stehen blieb“.
Mein erster Gedanke war, daß ich definitiv kein Buch über den Lockdown brauche, allerdings höre ich von allen Seiten nur Gutes über „Als die Welt stehen blieb“. Ich hoffe also, daß mich dieser Titel gut durch den nächsten Lockdown bringen wird, vielleicht sogar so, als hätte ich eine Freundin an meiner Seite, die ihre Gedanken mit mir teilt.

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Zum Ausgleich habe ich mir auch gleich noch drei humorvollere Titel ausgesucht: „QualityLand 2.0“, „Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte“ und das „Tagebuch einer furchtbar langweiligen Ehefrau“.

Tatsächlich habe ich Marc-Uwe Kling erst während des Lockdowns für mich entdeckt und dann gleich alles, was es gab, als Hörbuch durchgesuchtet.
Dabei war ich dann wirklich positiv überrascht, welchen Tiefgang gerade „QualityLand“ mit seiner nicht unrealistischen Dystopie zu bieten hat, obwohl man fast ununterbrochen lachen muss.
In „QualityLand 2.0 – Kikis Geheimnis“ tauchen wir wieder ins beste aller möglichen Länder ab und in die Abgründe, die sich darunter auftun.

Mein Verhältnis zu den Büchern von Jonas Jonasson schwankt zugegebenermaßen immer ein wenig. Während ich „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster Stieg und verschwand“ sehr mochte und „Die Analphabetin, die rechnen konnte“ geliebt habe, fand ich „Mörder Anders und seine Freunde nebst dem einen oder anderen Feind“ dagegen richtig schlecht. „Der Hundertjährige, der zurückkam, um die Welt zu retten“ war dann wieder recht sympathisch, von „Der Massai, der in Schweden noch eine Rechnung offen hatte“ erwarte ich mir nun einen Roman, der mich beim Pendeln ein wenig zum Lachen bringt, wenn es bald im Laden wieder stressiger wird.

Das „Tagebuch einer furchtbar langweiligen Ehefrau“ von Marie-Renée Lavoie handelt von Diane, Ende 40, die ganz plötzlich von ihrem Mann für eine deutlich jüngere Frau verlassen wird. Das beschreibt Lavoie mit soviel bissigem Humor, daß man trotz des eigentlich ziemlich traurigen Themas immer wieder laut loslachen muss.

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Gleich drei Titel aus dem Hause Diogenes haben mich diesen Monat erreicht, nämlich Amélie Nothombs neuster Roman „Die Passion“, „Dieses ganze Leben“ von Raffaella Romagnolo und „Das Buch eines Sommers“ vom „Ernährungskompass“-Autor Bas Kast.

Amélie Nothomb ist ja eine meiner liebsten Autorinnen, in „Die Passion“ erzählt sie von Jesus Christus in der Nacht vor seiner Kreuzigung. Nothombs düsterer Witz in einer biblischen Geschichte? – Schwer vorzustellen, aber ich bin sehr gespannt!

Raffaella Romagnolo wurde mit „Bella Ciao“ bekannt, in „Dieses ganze Leben“ geht es um ein Geschwisterpaar, das sich aufmacht, die Welt ihres Viertels zu erkunden. Der Klappentext hört sich zumindest schonmal vielversprechend an.

Wenn ein berühmter Sachbuchautor plötzlich einen Roman schreibt, finde ich das ja erstmal ziemlich spannend. Der Untertitel von „Das Buch eines Sommers“, nämlich: „Werde, der du bist“, machte mich zwar schon ein wenig stutzig, denn mit als Roman verpackten Lebensratgebern kann ich mich einfach nicht anfreunden, doch von einigen Leuten hörte ich, das Buch wäre überhaupt nicht kitschig, sondern einfach nur richtig schön.
Anfangs hätte ich das auch unterschrieben, aber leider driftet „Das Buch eines Sommers“ sehr schnell in die gefürchtete Lebensweisheit-Roman-Schiene ab. Leider gar nicht mein Fall!

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Auch zwei Sachbücher haben es auf meinen Novemberstapel geschafft.

„Kat Menschiks & des Diplombiologen Doctor Rerum Medicinalium Mark Beneckes illustrirtes Thierleben“ (Ja, das schreibt man wirklich so!) ist das unangefochten schönste Buch des Jahres!
Wenn Kat Menschik illustriert und Mark Benecke allerhand sonderbare Fakten über Tiere erzählt, dann ist das ein Buch genau für mich!

Das zweite Sachbuch kommt dafür mit einem deutlich ernsteren Thema daher: „How to be an Antiracist“ von Ibram X. Kendi.
Während des Lockdowns im April habe ich mir ja „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ von Alice Hasters und „exit RACISM“ von Tupoka Ogette als Hörbücher angehört und war schwer beeindruckt, zugleich aber auch schockiert, wie wenig ich zu Thema Rassismus in Deutschland wusste (Stichwort: Kolonialgeschichte).
Ibram X. Kendi erzählt in „How to be an Antiracist“ von seiner persönlichen Geschichte und davon, die man Rassismus aktiv entgegensteuern kann. Nachdem Kathy von anothergreatetc so von diesem Buch geschwärmt hat, bin ich jetzt richtig gespannt darauf!

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Seltsamerweise sind diesen Monat auch gleich zwei Titel über David Bowie auf meinem Lesestapel gelandet; seltsamerweise, weil ich an sich kein großer Bowie Fan bin. Das heißt nicht, daß ich ihn oder seine Lieder nicht mögen würde, ich habe nur tatsächlich nie aktiv seine Musik gehört und könnte (an dieser Stelle brüllen vermutlich viele von euch: „Frevel!“) wohl kein einziges Lied von ihm nennen.

„Bowies Bücher – Literatur, die sein Leben veränderte“ von John O’Connell rutschte auf meinen Lesestapel, nachdem einige Kollegen sehr davon geschwärmt hatten. Es ist wohl eine Eigenheit unseres Berufs, daß wir es lieben, in andere Bücherregale zu schauen, um uns ein Bild von der Person zu machen. Überraschenderweise habe ich auch von den hundert Büchern, über die Bowie spricht, gerade einmal drei gelesen!

Der zweite Titel über David Bowie ist „Bowie – Ein illustriertes Leben“ von María Hesse und Fran Ruiz.
María Hesses Illustrationen liebte ich ja schon in „Frida Kahlo – Eine Biografie“ sehr und inzwischen habe ich mir sogar zwei Drucke von ihr gegönnt. Klarer Fall also, daß ich nun auch ihr neustes Buch haben musste und zusammen mit „Bowies Bücher“ ergibt es bestimmt ein sehr schönes Porträt dieses spannenden Menschen. Vielleicht werde ich dabei sogar noch anfangen, seine Musik zu hören. 😉

Ganz schön viel habe ich mir da vorgenommen!
Kennt ihr vielleicht schon den ein oder anderen Titel?
Ich wünsche euch allen einen schönen November.

Bleibt gesund!

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Review: Artemis

„Der Marsianer“ war ein Buch, das mich wirklich überrascht hat… Ich lese eher selten Science Fiction, doch diese Geschichte hat mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert und der Erfolg spricht dafür, daß es nicht nur mir so ging. 😉

Dementsprechend hoch waren also die Erwartungen an das neue Buch von Andy Weir, doch nachdem ich die ersten Besprechungen zu „Artemis“ gelesen hatte, habe ich diese Erwartungen gleich mal nach unten geschraubt.
Offenbar kommt es sehr darauf an, ob man die Hauptfigur mag oder eben nicht und ich hörte von einigen Lesern, daß sie mit der Protagonistin einfach nicht warm wurden.
Höchste Zeit also, mir eine eigene Meinung zu bilden!

Jasmine „Jazz“ Bashara lebt auf dem Mond seit sie sechs Jahre alt ist. An die Erde kann sie sich kaum noch erinnern, ihre Heimat ist Artemis, die einzige Stadt auf dem Mond. Doch das Leben hier ist teuer und so verdient sich Jazz ein paar Motten (die Bezahleinheit auf dem Mond) dazu, indem sie verbotene Waren wie Zigaretten oder Alkohol einschmuggelt.
Als ihr ihr Stammkunde Trond Landvik, ein norwegischer Milliardär, ein verlockendes Angebot macht, kann Jazz nicht nein sagen: Sie soll die benachbarte Aluminiumfabrik lahm legen, und wäre damit all ihre Geldsorgen auf einen Schlag los.
Doch der Sabotageakt läuft schief und kurz darauf wird Trond Landvik ermordet. Jazz begreift, daß nicht nur sie in Gefahr schwebt, sondern alle Bewohner von Artemis…

Während „Der Marsianer“ die Neugier vieler Leser durch seine ungewöhnliche Prämisse weckte ist „Artemis“ ein eher klassischer Thriller, der eben zufällig auf dem Mond spielt.
Auch ganz so technisch wie im „Marsianer“ geht es in „Artemis“ nicht zu.

Das Rad hat Andy Weir in seinem zweiten Buch also nicht neu erfunden, aber er hat einen wirklich spannenden und witzigen Thriller mit einem ungewöhnlichen Setting geschrieben.
Wie schon beim „Marsianer“ gibt es auch in „Artemis“ wieder interessante Gedankenspiele: So richtet sich zum Beispiel der Wert des Geldes in Artemis rein danach, wieviel es kostet, ein bestimmtes Gut auf den Mond zu transportieren. Und auch die geringe Mondschwerkraft führt zu ungewöhnlichen baulichen Maßnahmen, zum Beispiel Stufen, die einen halben Meter hoch sind, weil es so einfach ist, sie hochzuhopsen. 🙂

Was die Protagonistin angeht muss ich sagen, daß mir Jazz recht schnell ans Herz gewachsen ist.
In einigen Besprechungen habe ich gelesen, daß viele Probleme hatten, sich mit ihr zu identifizieren und tatsächlich ist Jazz auf den ersten Blick keine besonders sympathische Person. Sie flucht und trinkt, ist sehr von sich selbst überzeugt und ganz ehrlich… bis auf ein, zwei Szenen merkt man gar nicht, daß man es hier mit einer weiblichen Hauptfigur zu tun hat.
Aber gerade das fand ich herrlich erfrischend! Ein weißer, männlicher, amerikanischer Autor schafft es hier tatsächlich, über eine dunkelhäutige Araberin und Muslima zu schreiben, ohne von einem Klischee ins nächste zu stolpern, ja sogar ohne es groß zum Thema zu machen.
Jazz ist keine perfekte Heldin, aber sie ist cool, smart, selbstbewusst und hat das Herz am rechten Fleck.

„Artemis“ zu lesen hat mir wirklich wahnsinnig Spaß gemacht!
Gerade als leichte Urlaubslektüre absolut empfehlenswert!