Auf den Oktober freue ich mich dieses Jahr schon sehr, denn dann wird Ben Aaronovitch bei uns im Laden zu Gast sein, um sein neustes Buch „Der Oktobermann“ vorzustellen.
Als großer Fan der Rivers of London-Reihe schnappte ich mir diesen Band natürlich gleich auf Englisch und war dann zugegebenermaßen ein bißchen überrascht…
Ich hatte zwar gesehen, daß dieser Teil in Deutschland spielen würde, daß es allerdings ganz ohne Peter Grant und Co ablaufen würde… damit hatte ich nicht gerechnet.
Denn auch wenn auf der englischen Ausgabe frech „A Rivers of London Novella“ steht, betritt in „The October Man“ ein völlig neuer Ermittler die Bühne: Tobi Winter vom KDA, der Abteilung für Komplexe und diffuse Angelegenheiten des Bundeskriminalamts. Man könnte es wohl als das deutsche Äquivalent der Folly bezeichnen, wäre hier nicht alles streng reglementiert und mit preußischer Effizienz durchorganisiert.
Wer jetzt aber glaubt, daß damit der Charme der Reihe verlorengeht, der irrt, denn Tobias Winter ist zwar deutlich organisierter und abgeklärter als Peter Grant, aber deshalb nicht weniger liebenswert.
An einem Weinberg in Trier wird eine seltsam entstellte Leiche entdeckt: der gesamte Körper ist von einem Pilz überzogen, der dazu eingesetzt wird, Weine zu veredeln und der eigentlich nicht auf den Menschen übergreifen kann. Ein Fall für die Abteilung KDA?
Tobi Winter reist an, um sich selbst ein Bild der Lage zu machen und wird vor Ort von einer Ermittlerin betreut, die zur Belustigung aller ausgerechnet Vanessa Sommer heißt.
Schnell wird klar, daß Magie beim Tod des Mannes definitiv eine Rolle gespielt haben muss und so beginnen Tobi und Vanessa, die sich erst an den Gedanken gewöhnen muss, daß ihr neuer Partner zaubern kann, zu ermitteln.
Dabei stoßen sie auf eine seltsame Trinkbruderschaft, ein altes Familiengeheimnis und natürlich auf die obligatorischen Flußgöttinnen…
„The October Man“ ist Aaronovitchs zweite Novella nach The Furthest Station und mit knapp 180 Seiten zwar ein kurzes, aber absolut lohnendes Lesevergnügen.
Das beeindruckende an dieser Geschichte ist, daß es Ben Aaronovitch gelungen ist, einen weiteren magischen Ermittler zu schaffen, der aber einen ganz eigenen Erzählton und eine völlig andere Herangehensweise hat. Dabei arbeitet er die Unterschiede zwischen England und Deutschland auf eine wirklich pointierte Art und Weise heraus, ohne dabei die typischen Klischees zu bedienen.
Denn wenn man in der Folly auf Ergebnisse aus anderen Abteilungen wartet, dann sind in der Regel die überarbeiteten, unterbesetzten Kollegen schuld, daß es nicht vorangeht. In Deutschland wird auf die Uhr geschaut, lakonisch festgestellt, daß die Beamten bereits Feierabend haben und der Rest der Ermittlung bis zum Dienstbeginn am nächsten Tag verschoben.
Überhaupt merkt man, daß Ben Aaronovitch sich Hilfe aus Deutschland geholt hat, denn es gibt keinen einzigen Fehler, wenn einmal etwas auf Deutsch gesagt wird. Wie oft habe ich schon englische Bücher gelesen, in denen plötzlich deutsche Figuren auftreten, die dann ein Kauderwelsch von sich geben, für das sich selbst der Google Translator schämen würde?
Sogar einen kleinen Schwaben-Witz bringt Aaronovitch locker unter! Da macht es auch Deutschen Spaß, das Buch im Original zu lesen.
Wer ein bißchen traurig ist, auf Peter Grant und Thomas Nightingale verzichten zu müssen, der sei getröstet… „The October Man“ bietet einen ganz großartigen Einblick in die Welt der Magie außerhalb der Folly und man beginnt zu ahnen, daß mit der Ausbildung von Peter etwas ins Rollen gebracht wurde, das weitreichendere Konsequenzen hat, als man bisher ahnen konnte.
Es gibt auch eine herrliche Szene, in der Tobi Abends im Bett liegt, an Peter Grant denkt und sich fragt, ob Peter wohl weiß, daß es ihn – also Tobi – überhaupt gibt…
Die Geschichte macht absolut Lust auf mehr vom Winter/Sommer-Team und lässt auf ein Crossover mit der Folly hoffen.
Für Fans ein absolutes Muss, auch ohne die üblichen Protagonisten!
Die deutsche Übersetzung „Der Oktobermann“ erscheint Ende September bei dtv.