Seit zwanzig Jahren sind Max und Reik nun ein Paar.
Anlass genug also, ein Wochenende in ihrem Ferienhaus am See zu verbringen und mit den wichtigsten Menschen in ihrem Leben zu feiern: Tonio und Pega.
Alle vier sind ziemliche Charakterköpfe; Reik der Künstler, Max der Universitätsprofessor, Tonio der als Teenager eine kurze Liebelei mit Reik hatte und dann, kaum daß er volljährig war Vater wurde und seine Tochter Pega, die ohne Mutter aufgewachsen ist und stattdessen von ihrem jungen Vater, Max und Reik großgezogen wurde.
Auf den ersten Blick ist es die perfekte Idylle: Das hübsche Haus am zugefrorenen See, die Ruhe und Abgeschiedenheit, das Paar, das alle Höhen und Tiefen gemeinsam gemeistert hat und der stolze Vater, dessen Tochter mittlerweile schon erwachsen ist und studiert.
Doch unter der Oberfläche brodelt es, denn jeder der vier hat Geheimnisse, die er den anderen – und in manchen Fällen auch sich selbst – nur schwer eingestehen kann.
Während Reik sich sehnlichst ein Kind wünscht, was Max kategorisch ablehnt, bekommt Tonio die Nachricht, daß er vielleicht wieder Vater wird. Doch seine neue Beziehung hat er bisher geheim gehalten; vor allem vor seiner Tochter Pega und das hat Gründe…
Pega dagegen könnte sich nicht weniger für das Liebesleben ihres Vaters interessieren, denn sie ist zu sehr mit ihren eigenen Herzensangelegenheiten beschäftigt. Nur Reik scheint zu ahnen, wie unglücklich verliebt Pega ist, doch darüber sprechen kann sie mit keinem der drei Männer. Und auch das hat Gründe…
Schon bald werden die Risse unter der scheinbar perfekten Oberfläche sichtbar und es stellt sich die Frage, ob die Beziehungen und Freundschaften der vier daran zerbrechen, oder ob es gelingt all das wieder zusammenzufügen, wie bei der japanischen Reparaturmethode Kintsugi, in der Bruchkanten mit Gold gekittet und so veredelt werden.
Miku Sophie Kühmels Debütroman „Kintsugi“ war ja letztes Jahr in aller Munde. Er landete nicht nur auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises, sondern gewann unter anderem auch den aspekte-Literaturpreis.
Ich habe nicht eine Stimme gehört, die nicht absolut begeistert von diesem Roman war. Aber vielleicht war gerade das mein Problem und ich bin mit absolut übersteigerten Erwartungen an diese Geschichte herangegangen.
Ich fand „Kintsugi“ wirklich gut, ein absolut gelungenes Debüt und trotzdem konnte es mich nicht so packen, wie es offenbar bei all den anderen Lesern der Fall war.
Lange habe ich hin und her überlegt, woran es liegen könnte, aber so ganz kann ich den Finger nicht darauf legen…
Ich fand die Charaktere einfach irgendwie zu glatt. Alles in ihrer Welt scheint perfekt zu sein. Alle sehen sie gut aus, das Haus, der Wald, der See, die komplette Einrichtung scheint einem Bildband entsprungen zu sein und nun kann man natürlich argumentieren, daß eben diese nach außen hin sichtbare Perfektion im krassen Kontrast zu den Gefühlswelten der Figuren stehen, aber selbst ihre Probleme kamen mir einfach zu konstruiert vor. Alles schien mir so klar abgesteckt, wie auf dem Reißbrett entworfen. Jeder Charakter und sein innerer Konflikt ließen sich in einem einzigen Satz zusammenfassen und so einfach ist die Welt eben nicht. Das ist für mich auch der Unterschied zwischen einem gut konzipierten Roman und einer Geschichte, in die ich komplett eintauchen kann und deren Protagonisten für mich greifbar werden.
Vielleicht spielt da auch der sehr geschliffene Erzählstil eine Rolle, in der zwar jede der Figuren einen Teil der Handlung schildert, deren Ton aber immer der gleiche bleibt.
Wie schon gesagt; trotz meiner Kritikpunkte empfand ich „Kintsugi“ als wirklich gelungenes Debüt, das mich weitere Romane von Miku Sophie Kühmel mit Spannung erwarten lässt. Dem Hype bin ich allerdings nicht verfallen.
Ein Gedanke zu „Review: Kintsugi“