Zuletzt hatte ich Euch Ali Smiths Roman „Herbst“ vorgestellt, in dem der Brexit immer wieder angesprochen wurde…
Offenbar ein Thema, das nicht nur Smith umtreibt, denn mit „Die Kakerlake“ hat nun auch Ian McEwan einen Roman zum Brexit beigesteuert.
Eines Morgens erwacht eine bis dahin völlig unbescholtene Kakerlake im Körper von Jim Sams, dem britischen Premierminister. Zunächst ist es ein großer Schock, das Skelett plötzlich im Inneren des Körpers zu wissen und nur noch vier Gliedmaßen zu besitzen, doch etwas treibt Jim Sams von der ersten Minute ab an: der Wille, das Chaos, das sich im Land ausbreitet, endlich zu stoppen.
Denn Großbritannien ist zerrissen; der Vorschlag, den Geldfluss umzukehren, hat bei einem Referendum die Mehrheit der Bevölkerung bekommen, doch nun scheint niemand diesen Plan auch in die Tat umsetzen zu wollen.
Kritiker schlagen Alarm, Ökonomen bezeichnen die Idee als Wahnsinn und kein anderes Land lässt sich davon überzeugen, mitzumachen.
Dabei ist die Idee denkbar einfach: Statt in Geschäften zu bezahlen, bekommt man für den Kauf der Waren auch noch Geld. Dieses braucht man schließlich auch dringend, um für seinen Beruf aufzukommen.
Seit aber entschieden wurde, den Geldfluss umzukehren, ist die Politik völlig gelähmt. Ein Glück also, daß Jim Sams und fast das komplette Kabinett nun von Kakerlaken ersetzt wurden, denn diese sind es gewohnt, als Schwarm zu denken und so herrscht plötzlich vollkommene Einigkeit in der Regierung.
Natürlich meldet noch der ein oder andere Mensch bedenken an, doch Sams versteht es, Allianzen zu schmieden und seine Gegner mundtot zu machen.
Und endlich können die Kakerlaken die Pläne umsetzen, an denen all die Politiker vor ihnen kläglich gescheitert sind…
In „Die Kakerlake“ interpretiert Ian McEwan Kafkas „Verwandlung“ neu und das mit sehr viel Witz und Zynismus.
Statt des Austritts aus der EU wird eine noch viel verrücktere Idee umgesetzt, nämlich die, den kompletten Geldfluss umzukehren. Das dieser Plan von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, dürfte wohl jedem klar sein, trotzdem wird der Wille des Volkes mit aller Macht durchgesetzt. Den Kakerlaken ist die Unsinnigkeit dieser Idee egal. Sie erledigen nur den Auftrag, zu dem sie offenbar eine höhere Macht berufen hat und verschwinden danach wieder.
„Die Kakerlake“ hat mich sehr amüsiert und unterhalten.
Ein wirklich herrlich bissiger Kommentar zur aktuellen politischen Lage in Großbritannien!
Mehr von Ian McEwan findet Ihr übrigens hier:
2 Kommentare zu „Review: Die Kakerlake“