In meinem Sommerurlaub hatte ich ja nun endlich „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ gelesen. Nun kam mit „Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin“ eine Fortsetzung der Geschichte auf den Markt und nachdem mir Motti Wolkenbruch im ersten Teil sehr ans Herz gewachsen war, wollte ich nun unbedingt wissen, wie es weitergeht.
Viel Vorwissen ist nicht nötig, um in „Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein…“ einzusteigen.
In der „Wunderlichen Reise“ haben wir Motti und seine jüdisch-orthodoxe Familie kennengelernt, von denen er sich abzunabeln versucht, nachdem er sich in eine Nichtjüdin verliebt, ihn die Mutter aber partout mit einer jüdischen Frau verkuppeln will. Am Ende des ersten Bandes lassen wir Motti einsam in einem Hotel zurück, nachdem er von seinen Eltern vor die Tür gesetzt wurde…
Hier finden wir ihn dann auch zu Beginn de zweiten Teils wieder, wo er nach einigen Wochen immer noch orientierungslos und verlassen ist.
Doch da bekommt er unerwarteten Besuch von einem jungen Mann, der Motti einlädt, mit ihm nach Israel zu kommen und sich den „Verlorenen Söhnen“ anzuschließen. Diese Gruppe besteht aus den Söhnen (und Töchtern) streng orthodoxer jüdischer Eltern, die mit ihren Kindern gebrochen haben, nachdem sie eine etwas freiere Glaubensausrichtung an den Tag gelegt haben. Zusammen leben und arbeiten sie in einem Kibbuz, in dem Orangen angebaut und exportiert werden.
Nach außen hin läuft das Leben hier recht ruhig und beschaulich ab, doch dann wird Motti in das Geheimnis der „Verlorenen Söhne“ eingeweiht: Hierbei handelt es sich nämlich um die Jüdische Weltverschwörung, die ja eigentlich eine Lüge der Nazis war, von den Kibbuzbewohnern aber irgendwann begeistert aufgegriffen wurde und an der sie nun seit Jahren mit recht mäßigem Erfolg arbeiten.
Prompt wird Motti dann auch zum Vorsitzenden des Weltjudentums; eine Aufgabe, an die er mit Ehrgeiz herangeht. Durch geschickte Werbekampagnen und die Beeinflussung von Googles Alexa werden plötzlich Schäferlocken, Schakschuka und Klezmer hip, doch es gibt auch eine Gruppe von Menschen, die die Entwicklung mit unverhohlenem Abscheu beobachten. Denn in einer Bergfeste in den bayerischen Alpen hält sich eine Gruppe Nazis seit dem zweiten Weltkrieg versteckt und arbeitet mit Hochdruck an neusten Technologien, um den Hass der Bevölkerung auf Juden, Muslime und Ausländer im Allgemeinen durch Fake News, antisemitische Memes und Trollkommentare zu schüren.
Und während die neuste Erfindung der Nazis – die Hassmaschine – auf das Internet losgelassen wird, entsendet man zeitgleich die hübscheste Spionin der Bergfeste, um Motti Wolkenbruch ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen…
Während „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ eine recht humorvolle Geschichte über den etwas überforderten Sohn einer jüdisch-orthodoxen Familie war, ist „Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin“ völlig anders gestrickt.
Der erzählerische Ton des zweiten Teils unterscheidet sich stark vom ersten, in dem Motti seine Geschichte noch in der ersten Person geschildert hat. Im neuen Roman wird nun die dritte Person benutzt und auch der Fokus der Geschichte wechselt in jedem Kapitel zwischen dem Kibbuz der Jüdischen Weltverschwörer und der Bergfeste der Nazis.
Auch inhaltlich verabschieden wir uns von der beschaulichen Welt der Familie Wolkenbruch hin zu künstlicher Intelligenz, die die Weltherrschaft erlangen will, einem möglichen dritten Weltkrieg und sogar UFOs.
Einen so krassen Unterschied zwischen zwei Romanen mit demselben Protagonisten habe ich noch nie erlebt und trotzdem, oder vielleicht sogar besonders deswegen, hat mich „Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin“ absolut begeistert.
Viele Fortsetzungsromane kranken ja ein wenig daran, daß oftmals die gleiche Geschichte wieder neu aufgewärmt wird… Das ist hier definitiv nicht der Fall!
Als ich die „Wunderliche Reise“ diesen Sommer las, war ich fast ein wenig traurig, daß ich kein Hörbuch zu diesem Roman hatte. Der ist nämlich in weiten Teilen auf Jiddisch geschrieben und auch, wenn wohl alles in der Regel so ausgesprochen wird, wie es geschrieben ist, hatte ich bei vielen Worten keine Vorstellung davon, wie betont wird.
Deshalb wollte ich das „Waghalsige Stelldichein“ unbedingt auch parallel hören. Gelesen wird das Hörbuch als ungekürzte Fassung von Autor Thomas Meyer persönlich.
Das macht unheimlichen Spaß, nicht nur, weil er jiddisch spricht, sondern das Ganze auch noch mit einem Schweizer Akzent.
Könnten Ohren lächeln, sie würden es tun!
Einzige Warnung: Wer sich für das Hörbuch entscheidet, was ich wirklich sehr empfehlen kann, der sollte es sich möglichst nicht im Auto anhören, während man mit den Kindern unterwegs ist. Es fallen einige deftige Ausdrücke und ich muss wohl noch im Kindergarten des Jüngsten erklären, warum er „Alarm! Alarm! Ein Jud! Ein Jud!“ ruft. X)
Meine Rezension zu „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ findet ihr hier:
Review: Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse
Ich schleiche ja noch immer lauernd um „Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse“ (natürlich in der Edition der Büchergilde) rum und fürchte, dass ich liebe Freunde mit der Beschaffung beauftragen muss…! 😀
LikeGefällt 1 Person
Bald ist ja Weihnachten. 😉
LikeGefällt 1 Person
So was von abgedreht. Da muss ich mal reinschauen ☺️
Liebe Grüße
Nina
LikeGefällt 1 Person
Auf jeden Fall! Ich hab mich jedenfalls großartig amüsiert.
LikeLike