Mit „Dunkelgrün fast schwarz“ machte Mareike Fallwickl letztes Jahr von sich reden, nun legt sie mit „Das Licht ist hier viel heller“ ihren zweiten Roman vor.
„Beim zweiten gilt’s.“, schrieb sie dazu auf Instagram. „Da zeigt sich, ob du nur zufällig kurz ein bisserl gehyped warst oder ob du doch was kannst.“
Und nachdem mir ihr Erstling seinerzeit wirklich Lust auf mehr gemacht hat, war ich nun sehr gespannt, ob Mareike eben „doch was kann“…
Maximilian Wenger ist ein Autor, der seinen Zenit bereits überschritten hat. Die letzten Romane sind gefloppt, die junge Ehefrau hat ihn für einen noch jüngeren verlassen, er sitzt zwischen Umzugskartons in seiner neuen Junggesellenwohnung und tut sich selbst leid. Das Einzige, das seine Aufmerksamkeit halbwegs zu fesseln vermag, sind die Briefe einer Frau, die regelmäßig in Wengers Briefkasten landen und eigentlich an seinen Vormieter adressiert sind. Eindringlich schildert sie darin von der gemeinsamen Beziehung und dem Verrat, der an ihr begangen wurde.
Wenger versucht unterdessen, seinem Ego ein wenig zu schmeicheln, indem er sich über Dating-Apps mit jungen Frauen verabredet. Nach einem etwas seltsamen Treffen kommt ihm die Idee zu einem neuen Roman, der ihn wieder zurück ins Rampenlicht bringen soll. Doch an den Ergüssen eines mittelalten Mannes, der seine beste Zeit hinter sich hat, ist sein Verleger nicht interessiert. Etwas fehlt noch, um seiner Geschichte die nötige Zündkraft zu geben…
An dieser Stelle könnte man meinen, daß Mareike Fallwickl einen dieser „Herrenromane“ geschrieben hat, die mich ja nun schon seit Jahren maßlos anöden: mittelalter, mittel erfolgreicher Mann in der Midlifecrisis… Bitte nicht schon wieder!
Doch so unkreativ ist Mareike Fallwickl nicht. Im Gegenteil.
Denn die Wenger-Kapitel wechseln sich mit der Geschichte seiner Tochter Zoey ab. Diese ist siebzehn, fast achtzehn, und von der Lebenskrise ihrer Eltern heillos gefrustet. Das Verhältnis zum Vater war nie besonders eng, nun müssen sie und ihr Bruder Spin die Wochenenden in seiner kleinen Wohnung verbringen und ihm dabei zusehen, wie er verwahrlost, um Mitleid zu heischen.
Ihre Mutter dagegen ist ein Instagram-Star, die Lifestyle-Trends hinterherläuft und ihr Geld damit verdient, sich selbst zu vermarkten.
Von Zoeys Problemen haben die Eltern keine Ahnung, und das nicht, weil wir es hier mit einem typischen, in sich gekehrten Teenager zu tun hätten, sondern weil die beiden zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind, um ihren Kindern zuzuhören.
Und so entwickelt sich ein ungemein interessanter Spannungsbogen, zwischen den beiden Handlungssträngen: der Vater, der weiß, wie es in der Welt zugeht und die Tochter, die dies schmerzhaft erfahren muss. Wenger, der die Frauen ausnutzt und Zoey, die ausgenutzt wird. Der Romanautor, der liefert, was sich verkauft und die angehende Fotografin, die versucht, einen sehr persönlichen Stil zu finden…
Mareike Fallwickl hat mit „Das Licht ist hier viel heller“ einen Roman abgeliefert, der die Sinnkrisen-Geschichten mittelalter Männer imitiert, kritisiert und ganz nebenbei noch zeigt, wie es richtig geht; wie man aus dem Selbstmitleid dieser Herren, eben doch einen verdammt guten Roman machen kann.
Wir haben es hier definitiv mit einer Autorin zu tun, die nicht „nur zufällig kurz ein bisserl gehyped“ wurde, sondern die mit ihrem zweiten Buch bewiesen hat, daß sie eben doch wirklich „was kann“.
Mein liebster Satz: „Es gibt keine stärkeren Menschen als jene, die zerbrochen waren und wieder zusammengewachsen sind.“

Dein liebster Satz ist schlich und ergreifend…
…GEIL! 😉
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Ich habs irgendwie gebraucht, den da zu lesen. 🤗
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Da haben wir gestern fast zeitgleich zu diesem Buch die Besprechung veröffentlicht 😉
Wie konntest du unter diesen ganzen guten und wahren Sätzen noch ein Lieblingszitat finden? Das, was du ausgewählt hast, triggerte mich beim Lesen ebenfalls an. Dich auch viele andere Passagen waren sehr wahrhaftig geschrieben. Ich glaube, dass es den Zauber von Mareikes Schreiben ausmacht. Es klingt wie mitten aus dem Leben.
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Ja, ich hab deine Rezension gestern auch sehr begeistert gelesen, weil ich deine Meinung als Mann und was es in dir ausgelöst hat unheimlich spannend fand.
Das Zitat ging mir beim Lesen einfach direkt ins Herz. Das hat mir so aus der Seele gesprochen, daß ich danach erstmal nicht weiterlesen konnte.
Und du hast recht: man liest wirklich so gut wie gar nichts in den Feuilletons über dieses Buch. Das ist anderen auch schon aufgefallen.
Vermutlich müsste man da als männlicher Rezensent zu sehr vor der eigenen Haustür kehren? Du hast das jedenfalls souverän gemacht!
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