Review: Die Angehörigen

Ihr ganzes Leben haben Maida und Gene miteinander verbracht, eine gemeinsame Tochter und Enkeltochter, ein bescheidenes, aber erfülltes Leben gelebt. Doch als Maida plötzlich stirbt, beginnt sich Gene zu fragen, ob das auch schon wirklich alles war.

Das Verhältnis zu seiner Tochter ist zwar gut, aber nicht eng, er wünscht sich eine Frau an seiner Seite; Liebe, eine Aufgabe…
Doch die Lücke, die Maida in seinem Leben hinterlassen hat, lässt sich nicht einfach schließen. Stattdessen beginnt Gene nach und nach ihr gesamtes gemeinsames Leben zu hinterfragen, kehrt in seinem Kopf zu bestimmten Momenten ihrer Ehe zurück, spielt sie immer wieder durch und versinkt in einer Abwärtsspirale negativer Gedanken.
Doch sind Genes Vermutungen und Verdächtigungen wirklich begründet oder spielt ihm seine Fantasie Streiche?

„Die Angehörigen“ hörte sich zunächst einmal ganz spannend an.
Die Geschichte einer Ehe, in der vielleicht nichts so war, wie es schien?
Darauf war ich sehr neugierig, doch leider kommt Katherine Dions Debütroman ein bißchen schwachbrüstig daher.

Denn es passiert nicht wirklich viel, außer eben dem, was in Genes destruktiver Gedankenwelt vor sich geht. Diese Spirale des Zweifels ist zwar wirklich unheimlich intensiv beschrieben, aber es fehlte mir an wirklich substantiellen Gründen, die Genes Gefühl irgendwie von seiner Frau verraten worden zu sein, für mich auch nur ansatzweise rechtfertigen konnten.
Ein Nachmittag im Sommer, an dem Maida so erschöpft und kränklich war, daß sie sich weigerte, ihre Tochter zu Stillen, lässt in Genes Kopf eine Gedankenkette ablaufen, an deren Ende er vielleicht gar nicht der Vater seines Kindes ist?
Das war mir alles ein bißchen zu weit hergeholt und auch wenn ich verstehe, daß solche destruktiven Gedanken ein Eigenleben entwickeln und denjenigen fast in den Wahnsinn treiben können, hat mir für einen Roman zu diesem Thema einfach eine Zuspitzung oder überraschende Auflösung der Geschichte gefehlt.

Schade, denn Katherine Dions Schreibstil und genaue Betrachtung der zwischenmenschlichen Beziehungen hat mir gut gefallen.
Nur leider fehlte das gewisse Etwas, was die Geschichte für mich zu einer gemacht hätte, die auch in Erinnerung bleibt…

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Autor: Lesen... in vollen Zügen

Seit 20 Jahren arbeite ich als Buchhändlerin in München und seit 2017 gibt es nun "Lesen... in vollen Zügen". Hier möchte ich euch vorstellen, welche Bücher mich gerade bewegen. Meine Beträge verfasse ich im Plauderton, eben so, wie ich auch mit meinen Kunden im Laden ins Gespäch komme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktueller deutsch- und englischsprachiger Literatur. Aber ich bin auch ein großer Fan von schönen Illustrationen und stelle deshalb regelmäßig Graphic Novels und spannende illustrierte Sachbücher vor. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Haruki Murakami, Banana Yoshimoto und Amélie Nothomb. Außerdem mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema Leseverhalten in der Rubrik Mein Leben als Leser und plaudere aus dem Nähkästchen in Bekenntnisse einer Buchhändlerin. Wem jetzt aber die Züge bei "Lesen... in vollen Zügen" zu kurz kommen, der kann gerne bei In vollen Zügen nach… vorbei schauen. Hier berichte ich von meinen Zugreisen, den Büchern, die mich dabei begleiten, den Städten die ich besuche und natürlich auch von schönen Buchhandlungen, die es dort zu entdecken gibt.

6 Kommentare zu „Review: Die Angehörigen“

  1. Off topic – nach gefühlt 300 gelesenen Posts merke ich heute beim Wort „bißchen“ dass du in der „alten“ Rechtschreibung schreibst 😅. Dafür bin ich dankbar – denn jetzt weiß ich, dass mein Hirn noch immer die „alte“ sowie die „neue“ als völlig normal sieht…. (beim Abitur vulgo der Matura durften wir damals entscheiden welche wir verwenden wollten…ich nahm die neue, da kannte sich der Prof nicht wirklich aus 🤣)

    Gefällt 2 Personen

    1. Ja… Das „bißchen“ und das „daß“ werde ich so schreiben, bis ich in die Grube falle.
      Ein bißchen Sturheit muss sein.
      😂
      Noch ein kleiner Schreibtick von mir.
      Ich versuche, in jedem Beitrag irgendwo, wo es zumindest halbwegs vertretbar scheint, ein Semikolon zu verstecken.
      Ich mag das. Das sollte nicht nur zum Zwickersmiley verkommen. 😉

      Gefällt 2 Personen

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