Review: Der Bücherdrache

Lange Jahre war es ja still geworden um Walter Moers, nachdem „Das Schloss der Träumenden Bücher“ von Jahr zu Jahr und dann irgendwann auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Nun scheint es allerdings so, als wäre er wohl endgültig aus seinem Dornröschenschlaf erwacht, offenbar unter der Bedingung, daß man ihn mit dem „Schloß“ in Ruhe lässt.

Gemeinsam mit der Illustratorin Lydia Rode hat er innerhalb der letzten anderthalb Jahre sowohl Prinzessin Insomnia & der alptaumfarbene Nachtmahr als auch Weihnachten auf der Lindwurmfeste herausgebracht und zusammen mit dem Künstler Florian Biege wurde Die Stadt der Träumenden Bücher als Graphic Novel umgesetzt.
Offenbar hat der Input anderer Illustratoren Walter Moers gut getan, denn nun kam tatsächlich auch wieder ein neues – eigenes – Buch auf den Markt: „Der Bücherdrache“.

Wieder einmal steigen wir mit Hildegunst von Mythenmetz hinab in die Katakomben der legendären Bücherstadt Buchhaim, doch noch führt uns der Weg nicht zum Schloß der Träumenden Bücher und es ist auch nicht der Lindwurm Hildegunst den wir begleiten, sondern den kleinen Buchling, der ihm zu Ehren seinen Namen trägt und verpflichtet ist, all seine Werke auswendig zu lernen.

Eigentlich führen die Buchlinge ja ein recht ruhiges Leben, das sich hauptsächlich dem Lesen widmet, doch eines Tages stolpert der kleine Hildegunst völlig unvermittelt in ein eigenes Abenteuer.
In der Schule wird nämlich von Nathaviel, dem Bücherdrachen erzählt, der in den Tiefen des Ormsumpfes hausen soll; eine Legende wie viele, die in der Schule erzählt werden, denkt Hildegunst Zwei.
Doch seine älteren Klassenkameraden berichten von ihren eigenen heimlichen Besuchen bei Nathaviel und drängen den kleinen Buchling dazu, es ihnen nachzutun.
So gerät Klein-Hildegunst in ein unvergessliches Abenteuer, über das er selbst eigentlich ein Buch schreiben könnte…

Gerade mal 160 Seiten kurz ist „Der Bücherdrache“, die Geschichte verläuft recht geradlinig und zielgerichtet, nicht zu vergleichen mit Zamonien-Epen wie „Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär“ oder „Rumo & die Wunder im Dunkeln“. Eine Fingerübung vielleicht, um wieder den nötigen Schwung für Umfangreicheres zu bekommen.
Trotzdem hat mich „Der Bücherdrache“ glänzend unterhalten und mich wieder einmal für die Welt der Buchlinge begeistert.

Bleibt zu hoffen, daß Walter Moers wieder Kraft und vor allen Dingen Lust hat, seine größeren Projekte in Angriff zu nehmen. Ein Buch, das nämlich neben „Das Schloß der Träumenden Bücher“ schon seit Jahren angekündigt aber nie erschienen ist, ist „Die Insel der 1000 Leuchttürme“ und just von diesem Buch finden wir eine Leseprobe am Ende des „Bücherdrachen“.
Ich war jedenfalls sofort gefangen von der stürmischen Reisebeschreibung des großen Hildegunst von Mythenmetz, die ich in einer langen Nacht mit vielen Infusionen im Krankenhaus gelesen habe. (Keine Sorge, es geht mir wieder gut!)
Schade, daß es nur das erste Kapitel des Buches war.

Autor: Lesen... in vollen Zügen

Seit 20 Jahren arbeite ich als Buchhändlerin in München und seit 2017 gibt es nun "Lesen... in vollen Zügen". Hier möchte ich euch vorstellen, welche Bücher mich gerade bewegen. Meine Beträge verfasse ich im Plauderton, eben so, wie ich auch mit meinen Kunden im Laden ins Gespäch komme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktueller deutsch- und englischsprachiger Literatur. Aber ich bin auch ein großer Fan von schönen Illustrationen und stelle deshalb regelmäßig Graphic Novels und spannende illustrierte Sachbücher vor. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Haruki Murakami, Banana Yoshimoto und Amélie Nothomb. Außerdem mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema Leseverhalten in der Rubrik Mein Leben als Leser und plaudere aus dem Nähkästchen in Bekenntnisse einer Buchhändlerin. Wem jetzt aber die Züge bei "Lesen... in vollen Zügen" zu kurz kommen, der kann gerne bei In vollen Zügen nach… vorbei schauen. Hier berichte ich von meinen Zugreisen, den Büchern, die mich dabei begleiten, den Städten die ich besuche und natürlich auch von schönen Buchhandlungen, die es dort zu entdecken gibt.

11 Kommentare zu „Review: Der Bücherdrache“

  1. Da passt es ja, dass ich erst gestern das hier als aktuelle Statusmeldung auf zamonien.de gelesen habe:

    „Im Jahr 2020 könnte es dann zum nächsten Zamonienroman Die Insel der 1000 Leuchttürme kommen, einem Briefroman aus der Feder von Hildegunst von Mythenmetz, den er erstmals auch selbst illustriert hat. […] im Falle des Briefromans kann ich nur hoffen, dass Mythenmetz den Termin für die Abgabe seiner Illustrationen einhält. […]
    Ausblick: Weitere Zamonienbände sind geplant, einige davon in Arbeit, teilweise schon seit Jahren. Dazu gehört auch Das Schloss der Träumenden Bücher, der dritte Teil der Buchhaim-Trilogie.“
    http://www.zamonien.de/aktuelles.php

    Das klingt ganz ausgezeichnet, finde ich. (Wobei ich natürlich angesichts der ziemlich fertig aussehenden Leseprobe gehofft habe, dass es schon im Herbst 2019 so weit sein würde)

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    1. Ah super! Ich hatte gestern sogar noch geschaut, ob ich einen Veröffentlichungstermin für die „Insel“ finde, wurde aber nicht fündig.
      Danke für deinen Nachtrag! 🤗
      Ja, ich hätte auch gleich weiter lesen wollen, allerdings liebe ich es ja sehr wenn noch schön illustriert wird, da will ich nicht zu sehr drängen, wenns am Ende gut werden soll. 😉

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  2. Oh das klingt ja vielversprechend! Ich war von der Prinzessin Insomnia leider sehr enttäuscht, was du über den Bücherdrachen geschrieben hast klingt aber klasse! Schade nur, dass es keine Zamonien-Hörbücher mit Dirk Bach mehr geben kann, die habe ich geliebt. Der Bücherdrache wird dann wohl ganz klassisch als Buch gekauft!

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    1. Ja. Mit Prinzessin Insomnia bin ich auch nie wirklich warm geworden…
      Den Bach-Hörbüchern trauere ich auch hinterher. Das war wohl eine richtige Herzensangelegenheit von Dirk Bach, jedenfalls geht die Legende so, daß der ursprüngliche Käpt’n Blaubär Sprecher (die Stimme von Käpt’n Blaubär) mittendrin keine Lust mehr hatte und Dirk Bach wohl sofort zur Stelle war, sich wie bolle gefreut hat und gleich das ganze in die Hand genommen hat.
      Und wenn man ihm zuhört, mit welcher Begeisterung er jedes einzelne „Brummli“ in Ensel und Krete vorträgt, dann glaubt man das sofort. 🙂

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