Vor einigen Jahren hatte ich die Nase gründlich voll von der aktuellen deutschen Literatur. In jedem Buch schien es um einen Mann mittleren Alters zu gehen, der sein mittelmäßiges Leben satt aber keine Ahnung hat, was er denn eigentlich will…
Vielleicht fühlen sich mittelalte Männer dabei tief in ihrem Innersten verstanden, ich fand es irgendwann einfach nur ermüdend.
Also begann ich, deutsche Schriftsteller mehr und mehr zu meiden.
Jeder noch so unbedeutende Nebencharakter in einem amerikanischen Roman schien mehr Persönlichkeit zu besitzen, als die Hauptfiguren der deutschen Autoren.
Doch eines Tages begann mein damaliger Chef von Daniela Kriens Debütroman „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ zu schwärmen.
Als ich meinte, daß ich gerade keine Lust auf deutsche Schriftsteller hätte, redete er so lange auf mich ein, bis ich begann Kriens Roman zu lesen. Zu Recht!
Die Geschichte einer jungen Frau, die in den Wendejahren nach einem Ziel im Leben sucht und sich dabei auf eine ungleiche Affäre einlässt hatte mich sofort gepackt und mir im gleichen Zug den Glauben an die deutsche Literatur zurückgegeben.
Auch Daniela Kriens Erzählband „Muldental“ habe ich seinerzeit gern gelesen, nun war ich natürlich unheimlich gespannt auf ihren neuen Roman „Die Liebe im Ernstfall“.
Darin begleiten wir fünf Frauen ein Stück ihres Lebens. Alle sind auf die eine oder andere Art miteinander verbunden, alle suchen die Liebe und verlieren sie wieder…
Da ist Paula, deren Mann sich nach dem Tod der gemeinsamen Tochter von ihr trennt.
Ihr beste Freundin Judith ist Karrierefrau und selbstbestimmt, trotzdem sucht sie ständig auf Datingportalen im Netz nach dem Richtigen, der ihr etwas geben soll, von dem sie selbst nicht weiß, was es ist.
Ihre Freundin Brida hat lange um ihren Mann gekämpft und eine Familie gegründet, nur um dann zu merken, wie schwer es ihr fällt, ihr eigenes Leben und ihre Romane für die Kinder hintenan zu stellen.
Den Kampf um ihren Mann hatte Brida seinerzeit gegen Malika gewonnen, die nach der Trennung in ein tiefes Loch gefallen ist, aus dem sie nie wieder herausgefunden hat. Die Kinder, die Brida oft verzweifeln lassen, hätte sich Malika gern gewünscht, doch sie ist immer einsam geblieben. Bis sich plötzlich ihre Schwester Jorinde bei ihr meldet. Sie ist schwanger und das Kind nicht von ihrem Ehemann, ihre Schauspielkarriere ist gefährdet. Ob Malika denn nicht dieses Kind haben möchte?
„Die Liebe im Ernstfall“ ist kein Happily Ever After-Buch. Hier geht es um Beziehungen, wenn die Liebe endet; das Geflecht einer gescheiterten Ehe, bei denen sich die Partner dank der gemeinsamen Kinder ein Leben lang verbunden sind, auch wenn es oft schmerzhaft ist.
Es geht um die Liebe und was davon nach Jahren des Zusammenlebens oder der Trennung noch davon übrig ist.
Mir hat Daniela Kriens neues Buch unheimlich aus der Seele gesprochen.
Dabei möchte ich aber an dieser Stelle gar nicht zu persönlich werden. Wer langjährige Beziehungen hatte, wer durch Höhen und Tiefen gegangen ist weiß, wovon ich spreche.
Manchmal brauchen wir Geschichten, bei denen am Ende alle zusammenkommen und glücklich sind. Und manchmal brauchen wir auch Geschichten, die so ehrlich sind uns zu zeigen, wie es danach weitergeht, so wie „Die Liebe im Ernstfall“.
Ein Glück, daß mich mein Chef vor all den Jahren davon überzeugt hat, Daniela Kriens Debütroman zu lesen und ein Glück, daß mich ihr zweiter Roman gerade jetzt erreicht hat.
Im besten Fall lernen sich zwei nach einer Trennung besser kennen und erst wieder schätzen. Sie werden keine Partnerschaft mehr miteinander eingehen, weil sie wissen, dass das gescheitert ist, sondern etwas weit Wertvolleres begründen: Eine tiefe und unvoreingenommene Freundschaft.
Danke jedenfalls für die Empfehlung.
LikeGefällt 2 Personen
Dank dir.
LikeLike