Review: Ich bin, ich bin, ich bin

In der letzten Woche fiel es mir schwer „Ich bin, ich bin, ich bin“ aus der Hand zu legen, so sehr hat mich Maggie O’Farrells Autobiografie gepackt.

Nun muss ich zugeben, daß ich die Autorin bisher nicht kannte und ich hätte wohl zu keinem ihrer Romane gegriffen, weil die Cover der deutschen Ausgaben wahnsinnig kitschig wirken.
Über ihre Autobiografie habe ich aber nur Gutes gehört und auch bei Jen Campbell, deren YouTube-Kanal ich nur empfehlen kann, stand „I am, I am, I am“ auf der Liste ihrer Favoriten 2018.

Die Grundidee, die diesem Buch zugrunde liegt ist aber auch wirklich verdammt spannend! „Siebzehn Berührungen mit dem Tod“ lautet der Untertitel und so erfahren wir von Maggie O’Farrells Leben, indem sie von Ereignissen erzählt, bei denen sie es fast verloren hätte.

Bereits die erste Geschichte hat bei mir für Gänsehaut gesorgt:
Maggie ist gerade achtzehn Jahre alt und hat ihr Elternhaus verlassen, um in einem kleinen Hotel irgendwo in den Wäldern zu arbeiten.
In ihrer Mittagspause unternimmt sie gerne kleine Wanderungen zu einem nahegelegenen Berg, doch eines Tages stellt sich ihr ein Fremder in den Weg.
Sofort fühlt sich Maggie in dessen Gegenwart ausgesprochen unwohl.
Hatte sie ihn nicht schon im Tal getroffen, wo er ihr entgegen gekommen war?
Hat ihr dieser Mann den Weg abgeschnitten um ihr aufzulauern?

Maggie versucht ihn abzuwimmeln und nimmt die Beine in die Hand, doch das Gefühl einer Katastrophe entgangen zu sein lässt sie nicht los.
Zwei Tage später geht sie zur Polizei, um den Vorfall zu melden, doch hier amüsiert man sich nur über sie. Schließlich hat ihr der Mann ja nichts getan.
Doch kurz darauf wird in der Nähe eine andere junge Wanderin ermordet aufgefunden und Maggie begreift, wie nahe sie dem Tod wirklich war…

Nicht alle Geschichten in diesem Buch sind so haarsträubend wie diese erste.
In manchen ist die Bedrohung nicht wirklich greifbar, oder betrifft nicht Maggie direkt, in anderen wiederum kommt sie nur knapp mit dem Leben davon.

Ich selbst hatte nur ein Erlebnis, bei dem ich wirklich auf der Kippe stand: einen Notkaiserschnitt, als das Herz meines Sohnes aufgehört hatte zu schlagen und ich dabei war, innerlich zu verbluten.
Diese eine Begegnung mit dem Sensenmann hat mir gereicht. Mir vorzustellen, daß man in seinem Leben siebzehn solcher Ereignisse verarbeiten muss lässt mich schaudern.
Doch eine Sache ist unbestreitbar: wer einmal an dieser Schwelle stand, dem wird bewusst, wie zerbrechlich unser Leben ist und der geht mit einer neuen Wertschätzung dafür weiter.

Und so ist „Ich bin, ich bin, ich bin“ keine Aneinanderreihung schrecklicher Momente, sondern die Geschichte einer starken Frau, die immer wieder aufsteht und versucht, das beste aus der Situation zu machen.

Mich haben Maggie O’Farrells Geschichten jedenfalls schwer beeindruckt und ich kann „Ich bin, ich bin, ich bin“ nur empfehlen!

PS: Auch wenn mein Sohn sein Leben mit einem Herzstillstand begonnen hat kann ich sagen, daß er trotz diesem dramatischen Auftritt sehr lieb und pflegeleicht ist.
Nächste Woche wird er vier Jahre alt.

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Autor: Lesen... in vollen Zügen

Seit 20 Jahren arbeite ich als Buchhändlerin in München und seit 2017 gibt es nun "Lesen... in vollen Zügen". Hier möchte ich euch vorstellen, welche Bücher mich gerade bewegen. Meine Beträge verfasse ich im Plauderton, eben so, wie ich auch mit meinen Kunden im Laden ins Gespäch komme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktueller deutsch- und englischsprachiger Literatur. Aber ich bin auch ein großer Fan von schönen Illustrationen und stelle deshalb regelmäßig Graphic Novels und spannende illustrierte Sachbücher vor. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Haruki Murakami, Banana Yoshimoto und Amélie Nothomb. Außerdem mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema Leseverhalten in der Rubrik Mein Leben als Leser und plaudere aus dem Nähkästchen in Bekenntnisse einer Buchhändlerin. Wem jetzt aber die Züge bei "Lesen... in vollen Zügen" zu kurz kommen, der kann gerne bei In vollen Zügen nach… vorbei schauen. Hier berichte ich von meinen Zugreisen, den Büchern, die mich dabei begleiten, den Städten die ich besuche und natürlich auch von schönen Buchhandlungen, die es dort zu entdecken gibt.

6 Kommentare zu „Review: Ich bin, ich bin, ich bin“

  1. Gruselig! Ich hatte nur ein Erlebnis dass mich dem Sensenmann Nahe brachte – da hat es mich beim (gezwungenen) Raften aus dem Boot in eine Wasserwalze geschmissen die mich unter einem nachfolgendem Boot wieder ausspuckte. Mit Schwimmweste nicht so toll. Damit taucht es sich schwerer wieder runter. Gut, dass Wasser mein Element ist und ich eine gute Schwimmerin bin. Ich bin froh, dass bei euch auch alles gut ausging, wer weiß wer sonst wo jetzt woanders kommentieren würde 😉

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  2. Oh, erst einmal vorweg eine schöne Geburtstagsfeier.
    Und wenn wir so nachdenken, werden wir sehr viel Momente im Leben finden, die vielleicht anders ausgegangen wären…
    Unsere Eltern und Grosseltern hatten sicher durch die Weltkriege und die gefährlichen Zeiten darum noch mehr solcher „Begegnungen“.
    Wenn man vorher immer wüsste, was man hinterher weiss. Spannend als Erzählung hinterher! sicher lesenswert.
    Liebe Grüße
    Nina

    Gefällt 1 Person

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