Review: Der Fall von Gondolin

Immer, wenn es Herbst wird, zieht es mich nach Mittelerde.
Keine Ahnung, warum ich diese Jahreszeit so mit den Geschichten von J.R.R. Tolkien verbinde, aber der Herbst ist ja im allgemeinen eine schöne Zeit, um in Sagen und Mythen abzutauchen.

Ein Glück, daß Tolkiens ältester Sohn Christopher mir wieder neues Lesefutter aus der Welt von Mittelerde geliefert hat!
Mit „Der Fall von Gondolin“ schließt er nun also die großen Sagen des ersten Zeitalters ab, zu denen auch schon „Die Kinder Húrins“ und „Beren und Lúthien“ gehören.

Die Geschichte von Tuor und der Stadt Gondolin kennt man bereits, wenn man das „Silmarillion“ gelesen hat:

Tuor, ein Mensch, wird von Ulmo, dem Gott des Meeres ausgesandt, um die verborgene Elbenstadt Gondolin zu suchen. Nach einer langen Reise entdeckt Tuor die Stadt, die tief in den Bergen liegt.
Er wird dort vom König aufgenommen und heiratet nach einiger Zeit dessen Tochter Idril. Das verstimmt jedoch Meglin, den Neffen des Königs, der selbst darauf gehofft hat Idril zur Frau zu nehmen und so kommt es zu Spannungen im Königshaus.
Meglin verrät Gondolin an Morgoth, den dunklen Herren, der sich mit einer Armee von Orks, Balrogs und Drachen auf den Weg macht, um die geheime Stadt zu vernichten…

Allen, die nur den „Herr der Ringe“ oder den „Hobbit“ gelesen haben, dürften diese Namen wenig sagen, doch hat man es hier mit den Vorfahren bekannter Charaktere zu tun. Morgoth war beispielsweise der Meister von Sauron und Tour und Idril sind niemand geringeres als die Großeltern von Elrond.

Wenn man die Sagen von Mittelerde liest, wird einem bewusst, wie riesig die Welt ist, die Tolkien da geschaffen hat. Denn dazu gehören nicht nur die spannenden Abenteuergeschichten, die jeder spätestens seit den Filmen kennt, und die Sprachen, die er eigens für die von ihm erdachten Völker erfunden hat…
Sie umfasst auch eine mehrere tausend Jahre zurückreichende Mythologie, auf die im „Herr der Ringe“ immer wieder Bezug genommen wird.

Christopher Tolkien beschränkt sich in seinen Ausgaben allerdings nicht nur auf die reine Geschichte, sondern vereint in diesem Buch, wie auch schon in den anderen Bänden der Reihe, die verschiedenen Fassungen und erklärt, wie die Handlung im Laufe der Jahre von seinem Vater verändert und angepasst wurde.

Deshalb kann man auch nicht erwarten, den „Fall von Gondolin“ an einem Nachmittag durchzulesen.
Ich selbst habe mir sehr viel Zeit damit gelassen und immer wieder im „Silmarillion“ oder „Nachrichten aus Mittelerde“ weitergelesen, denn so viele von Tolkiens Geschichten sind miteinander verbunden.
Für Fans ist die Lektüre definitiv lohnend und man wird sich immer wieder bewusst, wie groß und ausgefeilt der Kosmos ist, den Tolkien da praktisch im Alleingang geschaffen hat.

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Wie auch schon in den vorigen Bänden, hat Alan Lee den „Fall von Gondolin“ mit sehr stimmungsvollen Aquarellen und Bleistiftzeichnungen illustriert.
Alan Lee hatte bereits Anfang der 90er Jahre den „Herr der Ringe“ illustriert und wurde im Zuge der Verfilmung von Peter Jackson als conceptual artist rekrutiert. Das sieht man auch, denn manche Szenen im Film orientieren fast eins zu eins an den Bildern, die Lee zehn Jahre zuvor gemalt hat.

Für Tolkien-Fans ist „Der Fall von Gondolin“ definitiv ein bibliophiles Highlight, das in der Sammlung nicht fehlen darf!

Autor: Lesen... in vollen Zügen

Seit 20 Jahren arbeite ich als Buchhändlerin in München und seit 2017 gibt es nun "Lesen... in vollen Zügen". Hier möchte ich euch vorstellen, welche Bücher mich gerade bewegen. Meine Beträge verfasse ich im Plauderton, eben so, wie ich auch mit meinen Kunden im Laden ins Gespäch komme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktueller deutsch- und englischsprachiger Literatur. Aber ich bin auch ein großer Fan von schönen Illustrationen und stelle deshalb regelmäßig Graphic Novels und spannende illustrierte Sachbücher vor. Zu meinen Lieblingsautoren gehören Haruki Murakami, Banana Yoshimoto und Amélie Nothomb. Außerdem mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema Leseverhalten in der Rubrik Mein Leben als Leser und plaudere aus dem Nähkästchen in Bekenntnisse einer Buchhändlerin. Wem jetzt aber die Züge bei "Lesen... in vollen Zügen" zu kurz kommen, der kann gerne bei In vollen Zügen nach… vorbei schauen. Hier berichte ich von meinen Zugreisen, den Büchern, die mich dabei begleiten, den Städten die ich besuche und natürlich auch von schönen Buchhandlungen, die es dort zu entdecken gibt.

9 Kommentare zu „Review: Der Fall von Gondolin“

    1. Also, für den Einstieg in die Mythologie Mittelerdes würde ich immer noch das Silmarillion empfehlen. Alle drei Bände, die Christopher Tolkien herausgebracht hat, also „Die Kinder Hurins“, „Beren und Luthien“ und „Der Fall von Gondolin“ sind darin enthalten, plus man begreift ein bißchen besser wer wie mit wem zusammenhängt.

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  1. Oooh, ja, der Herbst ist wirklich eine gute Zeit, um sich mit Sagen und Mythen zu beschäftigen.
    Ich habe nur „Der Herr der Ringe“ gelesen, aber dein neuestes Lesefutter „Der Fall von Gondolin“ werde ich nun mal meinem Sohn melden, denn er ist auch ein bekennender Fan der gesamten Literatur von J.R.R Tolkien.
    Die Illustrationen sind wunderbar, danke fürs vorstellen und liebe Grüße
    Monika.

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  2. Kann deinen Tolkienlesewahn sehr gut nachvollziehen. Ich habe das Buch auch noch auf meiner Liste, aber momentan hatte ich erst mal andere Werke zu lesen, aber jetzt geht es ran an den Tolkien. 🙂

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