Wahnsinn!
Ich hätte nicht gedacht, daß mich dieses Jahr noch ein Buch so schockieren könnte wie Der Report der Magd, doch Juli Zeh kommt mit „Leere Herzen“ verdammt nah dran.
Deutschland in wenigen Jahren… Mittlerweile regiert das „Bündnis Besorgter Bürger“ (AfD und PEGIDA lassen grüßen), die nach und nach die Grundpfeiler der Demokratie im Sinne der Effizienz abschaffen…
Britta interessiert sich nicht für Politik. Sie ist eine liebevolle Ehefrau und Mutter, die eine kleine, aber sehr erfolgreiche Heilpraxis leitet.
Mithilfe eines Algorithmus durchsucht sie Internet und Darkweb um potenzielle Selbstmörder zu finden. Diesen bietet sie eine kostenlose Therapie an.
Den überwältigenden Anteil ihrer Patienten kann Britta heilen und einige spenden auch etwas Geld für ihre Organisation mit dem Namen Die Brücke, doch es sind die hoffnungslosen Fälle, die das Geschäft lukrativ machen.
Absolut entschlossene Selbstmörder vermittelt die Brücke an terroristische Vereinigungen. Egal, ob Islamisten, Ökoaktivisten oder Separatisten… Der Terror hat sich zu einem Geschäft entwickelt.
Gewissensbisse hat Britta keine. Schließlich werden die maximalen Opferzahlen vertraglich geregelt, Kollateralschäden vermieden und sie gibt verzweifelten Menschen einen letzten Sinn im Leben…
Doch dann kommt es zu einem Anschlag, der nicht von der Brücke abgewickelt wurde.
Offenbar hat Britta Konkurrenz auf dem Terrormarkt bekommen und plötzlich wird ihr durchorganisiertes Leben komplett auf den Kopf gestellt…
Ich bin immer noch ziemlich geplättet von „Leere Herzen“.
Das Buch ist gerade deshalb so verstörend, weil alles absolut nachvollziehbar klingt.
Über den Schluss werde ich noch ein wenig nachdenken müssen, aber ich kann dieses Buch nur jedem ans Herz legen!
Mehr von Juli Zeh findet ihr hier:
Ich habe das Buch auch schon ins Auge gefasst. Aber manchmal schreibt Frau Zeh so spröde…
Den Gedankengang, zum Selbstmord entschlossenen Menschen einen letzten Sinn zu vermitteln, finde ich in sich auch nicht ganz schlüssig..
Dennoch: Nach diesem Beitrag werde ich um „Leere Herzen“ wohl nicht umhinkommen. 🙂
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Natürlich ist das Buch ein Gedankenspiel… Anfangs kommt es einem etwas weit hergeholt vor aber je mehr die Vorgehensweise erklärt wird, desto schlüssiger scheint alles zu werden.
Was ich absolut spannend fand ist, daß solche Bücher meistens 50 oder 100 Jahre in der Zukunft spielen, während das hier in acht oder zehn Jahren spielt.
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Schon klar, auch „Corpus Delicti“ z.B. war ein Gedankenspiel und trotzdem bei genauerem Hinsehen bereits erschreckend nah an der Realität.
Na, wie gesagt, ich schaue es mir mal an und tue meinen Eindruck kund. 🙂
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In einer Zeit, in der die absurdesten Dinge real werden, halte ich auch dieses Gedankenexperiment nicht für unwahrscheinlich 😉 .
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Ich hab schon länger mit dem Gedanken gespielt das Buch zu lesen. Du hast mich jetzt wirklich darin bestärkt! 🙂
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Ui, „Leere Herzen“ liegt bei mir auch schon im Regal und wartet darauf, gelesen zu werden. Und nach Deiner Rezension freue ich mich jetzt noch mehr darauf, es auch zu lesen 🙂
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Danke, ich werde es mir auch beschaffen.
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Das Buch ist auf meiner Weihnachtswunschliste gelandet. Und ich freue mich immer mehr es zu lesen!
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Habe mir das Buch jetzt schon mal vorgemerkt. Die letzten Worten Deiner Rezension erinnern mich an Doris Lessing. Hat mich ähnlich verstört zurückgelassen.
Ein schönes Wochenende, Eberhard
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Wow, das hört sich ja mal unheimlich interessant an! Ich habe schon eine Menge von Juli Zeh gehört – „Nullzeit“ habe ich damit auch noch im Kopf – und jetzt habe ich umso mehr Grund endlich einmal nach ihren Büchern zu greifen.
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„Nullzeit“ war der Wahnsinn!
Mein Chef und ich sind uns um Lager fast an die Gurgel gegangen, weil wir uns so gestritten haben, welche Sichtweise der Geschichte die Wahrheit war. 😂
So haben wir uns nicht mehr in die Wolle gekriegt, seit er die Neuübersetzungen von Bulgakow besser fand als die alten! 😂
#Buchhändlerstreitereien
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Hallo, hast du das Ende inzwischen verstanden? Ich nicht… ich frage mich die ganze Zeit, ob ich irgendwas verpasst habe, dass ich es nicht verstehe…
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Hmmm… Ist schon fast wieder ein Jahr her… Ich schau mal, ob ichs noch zusammenbringe…
Das Geschäftsmodell der Brücke ist ja mehr als nur fragwürdig, trotzdem kann man die Argumentation irgendwie ein Stück weit nachvollziehen…
Am Ende schicken sie aber dann ihre drei Anwärter auf diese Selbstmordmission, bei der es eigentlich mehr oder weniger nur darum geht, ihr Monopol zu halten und die Konkurrenz auszuschalten. Dabei hätten sie zwar die Möglichkeit, die Regierung, die sie nicht wollen, gleich mit loszuwerden, entscheiden sich aber dagegen, um den Bürgern die Chance zu geben, es bei der nächsten Wahl besser zu machen.
Allerdings kann man da auch viele andere Möglichkeiten hineininterpretieren, da raucht einem schnell der Kopf. So offene Enden kommen ja aber meistens nicht besonders gut an… 😉 Ich finde es immer ganz spannend noch ein bißchen zu grübeln.
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Ach… ich wollte noch antworten 🙂 Dass sie mit diesem Attentat ihre Konkurrenz ausschalten wollen, so hab ich das noch gar nicht gesehen. Erscheint mir jetzt auch sehr logisch! Danke 😉
Aber speziell… der letzte Satz nahm Bezug auf die Katze, die Julietta totgeschlagen hat… und das hatte ich nicht verstanden. Britta dachte an die Katze und lächelte. Irgendwie so war der letzte Satz…
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So… Das musste ich jetzt auch nochmal nachlesen. War ja echt schon eine Weile her, aber Gottseidank kann ich mir immer relativ gut merken, wo was steht. 😅
Als Julietta die Katze tötet tut sie sie das um Britta zu beweisen, daß sie (also Britta) noch richtig von falsch unterscheiden kann.
Vermutlich wird die Katze am Schluß nochmal erwähnt um anzudeuten, daß Britta – zumindest für sich – das richtige getan hat.
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Achsooooo…. so einfach… ja das ergibt jetzt auch alles Sinn! 😀 danke 😉
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Bitte, gerne! 😉
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Das Ende ist eines der unverständlichsten ever… ich rätsle und rätsle. Zwar schon ne Weile her, aber ich bezweifle stark, dass Britta die Konkurrenz aus wirtschaftlicher Sicht ausstechen wollte. Da steckt mehr dahinter.
Es wird schon als Hoffnungsschimmer dargestellt, dass Britta doch nicht so ein leeres Herz hat und nun doch für ihre Prinzipien einsteht. Ein Hoffnungsschimmer für uns alle nachdem am Anfang steht: „Da! So seid ihr!“.
Britta dürfte zwar keinen Bock auf die BBB haben, aber ich vermute, dass sie nicht glaubt, dass der Anschlagsplan von Hatz wirklich etwas verändert. Die Veränderung der Gesellschaft… die ja in relativ freien Wahlen die BBB wählte wird wohl nicht erreicht, wenn wieder das alte System und die alten Leute draufgesetzt werden. Wirklich freie Wahlen, wurde angedeutet, gibt es eh nicht wegen des Internets. Vielleicht denkt Britta muss sich die Gesellschaft nicht durch Putsch und Anschlag rehabilitieren sondern von innen heraus.
Denn nach den drei „Alibi-Anschlägen“ dürfte die Fraktion der BBB.Anhänger erstmal steigen, aber dies lässt vermutlich einen nachhaltigeren Widerstand und wieder mehr gesellschaftliches Interesse an der Politik keimen, als dass es Hatz‘ Retro-Anschlag geschafft hätte.
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